Nachgefragt: 3D-Lernwelt ermöglicht praxisnahes Lernen im Arbeitsalltag

Lernprozesse in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung nehmen mit dem ständigen Fortschreiten der Technologie und der Digitalisierung immer komplexere Formen an. Stets werden neue Lernmethoden und -techniken entwickelt, mit denen das Lernen noch leichter in den Alltag integriert sowie verständlicher und praxisnäher gestaltet werden kann. Ein Produkt dieser Entwicklungen sind unter anderem „3D-Lernwelten“: Neben einem realitätsgetreuen Einblick in bestimmte Arbeitsprozesse wird hier zudem ein größerer Fokus auf eigenständiges Lernen ermöglicht. In unserem Interview berichtet das Innovationszentrum für Industrie 4.0, wie die Etablierung einer 3D-Lernwelt bei BMW im Zuge des Qualifizierungsprogramms „GET E/EXCITED“ gelang.

eLearning Journal: Die Innovationszentrum für Industrie 4.0 GmbH & Co. KG hat gemeinsam mit der BMW AG den eLearning AWARD in der Kategorie „3D-Lernwelt“ gewonnen. In dem Projekt wurde eine 3D-Lernwelt entwickelt, die die Lernenden virtuell mit dem vollelektrischen BMW iX erkunden und so die relevanten Inhalte erlernen. Warum fiel die Wahl auf die Darstellung in einer 3D-Lernwelt? Welche Herausforderungen waren damit verbunden?

i40: Dem Projektteam war es wichtig die Lernenden für das Thema E/E (Elektrik und Elektronik) zu begeistern und vermeintlich trockene, technische und wenig sichtbare Themen in einen greifbaren und emotionalen Kontext zu bringen. Eine 3D-Lernwelt eignet sich hierfür hervorragend. Sie lässt die Lernenden Entdecken und Ausprobieren und lädt sprichwörtlich zu einer spannenden Lernreise ein. Autos von BMW sind nach wie vor emotionale Produkte und diese Emotionalität wollten wir möglichst realitätsnah umsetzen, vor allem durch die Möglichkeit mit dem Technologieträger BMW iX selbst „fahren“ zu können.

Darüber hinaus war es dem Projektteam ein Anliegen, eine wirklich neue Lernerfahrung zu entwickeln, die sich von bestehenden Online-Trainings bewusst abhebt. Damit wird bereits die Botschaft transportiert, dass E/E künftig eine noch viel entscheidendere Rolle einnimmt als bisher und dies sollte bereits im Lernformat ersichtlich werden.

Um ein solch aufwändiges Lernprojekt umzusetzen, war es wichtig iterativ vorzugehen. Verschiedene Anforderungen und technische Rahmenbedingungen ergaben sich erst während des Projektes. Darüber hinaus musste tief in die Inhalte eingestiegen werden, um die richtigen Botschaften zu senden. Diesen Herausforderungen wurde durch eine extrem enge Zusammenarbeit zwischen BMW und i40.de begegnet.

eLearning Journal: Das in diesem Rahmen entstandene Qualifizierungsprogramm von BMW trägt den Titel „GET E/EXCITED“. Was hat es genau mit diesem Titel auf sich?

i40: Das Kürzel E/E steht in der Automobilbranche für Elektrik/Elektronik und kann als ein Synonym für die Transformation des Produktes „Auto“ gesehen werden. Ein Großteil der Innovationen im Automobilbereich entsteht heute durch Elektrik und Elektronik. Vor allem durch Software werden neuartige Dienste ermöglicht. Mit „GET E/EXCITED“ wurde eigens für dieses Lernprojekt eine entsprechende Marke entwickelt. Sie soll ausdrücken, dass diese neuen Technologien aufregend sind und damit auch bestens zum Markenerlebnis von BMW passen oder anders formuliert, das Markenerlebnis von BMW erweitern. Rund um die 3D-Welt „GET E/EXCITED“ wurde eine emotionale Kampagne entwickelt, die darauf abzielt, dass sich Mitarbeitende und Führungskräfte für diese neuen Themen noch mehr begeistern. Der Begriff soll auch als Aufforderung verstanden werden, sich aktiv bei dieser Transformation zu beteiligen.

eLearning Journal: Ein wesentliches Ziel der 3D-Lernwelt bestand darin, einen größtmöglichen Wissenstransfer von dem theoretischen Input in den Arbeitsalltag zu gewährleisten. Wie wird dieser bei den Mitarbeitenden sichergestellt?

i40: Ein zentrales Element ist hierbei ein besonderer Blended-Learning Ansatz im Projekt. Die 3D-Welt ist mit Edutainment-Räumen an allen Produktionsstandorten von BMW weltweit verzahnt. Dort gibt es in einer einzigarten Lernumgebung die Möglichkeit, viele Technologien physisch vor Ort zu erleben und auszuprobieren. Beispielsweise werden über Lichtprojektionen Datenströme zwischen Steuergeräten an unterschiedlichen 3D-Fahrzeugmodellen sichtbar gemacht. In einer Software-basierten Challenge müssen die Lernenden gemeinsam Aufgaben lösen. Zusammen mit den Führungskräften und Fachexperten wird in Lernshows auch diskutiert, wie bestimmte Themen direkt umgesetzt werden können. Damit ist das Lernprogramm auch eine Plattform zum Austausch, für welchen im Arbeitsalltag oft zu wenig Zeit ist.

Darüber hinaus ist die 3D-Welt an sich ein sehr genaues Abbild, wie sich beispielsweise Prozesse, Produkte und auch die Produktion durch E/E verändern. Auf diese Weise erhalten die Lernenden sehr praxisorientiertes Wissen, das direkt anwendbar ist.

eLearning Journal: Im Zusammenhang mit der 3D-Lernwelt können die Lernenden verschiedene multimediale Edutainment-Räume betreten. Ein Highlight besteht dabei in den „Robomaster“ Lernstationen. Welche didaktischen Ziele werden damit verfolgt?

i40: Automatisiertes Fahren und die Robotertechnologien haben gewissen Gemeinsamkeiten. Mit der Robomaster-Lernstation simulieren wir wichtige Technologien und Prozesse, die die Lernenden dann auch direkt ausprobieren können. Konkret geht es darum, das Prinzip der Sensorik und der Bilderkennung zu vermitteln und ebenso die Möglichkeit aber auch Komplexität moderner Programmierung zu zeigen. Technik soll erlebbar werden, insbesondere das Zusammenspiel aus Software und Hardware. Die Lernenden müssen hierzu einen fahrbaren Roboter für einen bestimmten Parcours selbst programmieren. Hierzu schlüpfen sie in unterschiedliche Rollen eines Entwicklungsprojektes und treten dann in zwei Gruppen gegeneinander an, um die Qualität der Entwicklung zu testen. Dieser Vorgang wird mehrmals mit zunehmendem Komplexitätsgrad wiederholt, bis das spielerische Entwicklungsziel erreicht wurde. Auf diese Weise wird einerseits das Prinzip von agilen Entwicklungsprozessen subtil vermittelt, aber auch aufgezeigt, wie anspruchsvoll Technologien wie das autonome Fahren sind.

eLearning Journal: Mit dem neuen Qualifizierungsprogramm sollen sowohl Fach- als auch Führungskräfte bei BMW angesprochen werden. Wie gelang es, die individuellen Bedarfe dieser heterogenen Zielgruppe in dem Lernangebot zu vereinen?

i40: Grundsätzlich funktioniert Lernen immer dann für jede Zielgruppe, wenn Begeisterung transportiert wird – das gilt für alle Zielgruppen und das ist unser zentrales Element der 3D-Welt. Gleichzeitig ist der inhaltliche Aufbau so strukturiert, sodass sowohl Fach- als auch Führungskräfte spezifische Impulse für ihre Arbeit finden. Daher wurde bei der Erstellung der Inhalte besonders Wert auf die Frage gelegt, wie relevante Technologien und Prozesse im Bereich E/E hervorgehoben werden können, welche für die breite Masse der Angestellten und Führungskräfte normalerweise nicht zugänglich oder sichtbar sind. Genau diese oft übersehenen Aspekte, die hinter E/E stecken, sollten so in den Mittelpunkt rücken und für Begeisterung sorgen.

Darüber hinaus richten sich die zuvor erwähnten Edutainment-Räume zunächst vor allem an Führungskräfte, weswegen hier ein angepasster inhaltlicher Fokus Verwendung fand. Insbesondere der für die Gruppe der Führungskräfte besonders wichtige Austausch mit Fachexperten steht bei den Edutainment Räumen im Fokus, sodass ein Mix aus Erlebnis und Aha-Momenten entstehen kann.

eLearning Journal: Neben einer hohen Akzeptanz wurde mit der 3D-Lernwelt zudem das Ziel verfolgt, das Mindset der Mitarbeitenden in den Bereichen E-Mobilität, Digital Car und Nachhaltigkeit langfristig zu verändern. Konnte dieses Ziel erreicht werden?

i40: Die Resonanz nach dem Rollout war hervorragend und das Lernprojekt hat viele wichtige Diskussionen unter den Führungskräften und Mitarbeitenden ins Rollen gebracht – etwas was wir unbedingt mit dem Projekt erreichen wollten.

Die genannten Transformationen brauchen allerdings viel Zeit und vor allem muss eine Lernkultur Schritt für Schritt wachsen. Insofern sind wir davon überzeugt, dass BMW mit dem Projekt einen großen Schritt nach vorne gemacht hat und nun mit vielen weiteren Maßnahmen den Wandel vorantreibt.

Kontakt:

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