Virtuelle Montage am Flurförderfahrzeug

Fast wie echt – Die virtuelle Physik im VR-Training verhält sich wie im echten Leben. Damit wird Realitätsnähe vermittelt und die Mitarbeitenden können sich auf das verlassen, was sie in der virtuellen Welt gelernt haben.

Jungheinrich beschreitet neue Wege in der Grundausbildung der Mitarbeitenden, denn ab jetzt findet die Ausbildung auch in der virtuellen Realität statt. Dabei wird die Möglichkeit genutzt, insbesondere solche Themen näher zu bringen, welche zuvor in Präsenz nicht ohne weiteres umsetzbar waren.

Virtual Reality (VR) ist eines der Hot Topics und wird sich in den kommenden Jahren vermutlich immer weiter ausbreiten. Ähnlich wie zuvor das Thema „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ zu einem Selbstläufer wurden und sich heutzutage eigentlich niemand mehr davor verstecken kann, um am Ball und im Markt zu bleiben, kann vorsichtig spekuliert werden, dass dies auch für VR gelten wird. Mit dem VR-Training „Mastmontage“ inklusive der Anbindung ans interne LMS-System, werden die ersten Schritte in Richtung von VR-Training in der Ausbildung bei Jungheinrich gesetzt.

Lernbedarfe

VR-Training in bestehende bzw. neue Lernprogramme zu integrieren, war das Hauptziel, welches Jungheinrich mit dem Projekt verfolgte. Hierfür sollte ein vollständiges und in sich geschlossenes VR-Training erstellt werden. Dabei hatte man sich dazu entschlossen, die „Mastmontage“ als Training des VR-Projektes zu entwickeln. Das Hubgerüst ist einer der wichtigsten Bestandteile des Gabelstaplers. Im Hubgerüst ist der sogenannte Gabelträger montiert. An diesem werden die Gabeln montiert, mit denen die Last aufgenommen wird. Mit der neuen Hubgerüst-Generation des Schubmaststaplers ist eine Hubhöhe von 14 Metern bei einer Last von 750kg möglich. Aus diesem Grund ist eine fachgerechte Montage des Hubgerüstes besonders wichtig – insbesondere um Unfälle zu vermeiden. Für das Projekt wurde insofern bestimmt, dass es den Lernenden möglich sein sollte, innerhalb einer virtuellen Lagerumgebung mithilfe eines Krans und anderen Werkzeugen eben solch einen Hubmast am Stapler auf- oder abzubauen. Die Zielgruppe dieser Trainingseinheit sind Kundendiensttechniker:innen.

Aufgrund des hohen organisatorischen Aufwands fand solch eine Übung bisher in Präsenz nicht statt, sodass eine Ausbildung in dem Bereich ebenfalls nicht stattfand. Die Mastmontage musste daher „on the Job“ bei der Zulieferung erlernt werden. Mit dem VR-Training wird ein Training auf die Beine gestellt, welches somit eine Lücke in der Grundausbildung schließt. Wichtig war zudem die Möglichkeit der Implementierung im Lernsystem von Jungheinrich und somit die Realisierung der Schnittstelle zwischen dem internen LMS-System „Jungheinrich CAMPUS“ und den VR-Trainings, um sicherzustellen, dass die Durchführung der Trainingseinheit auch in der Lernhistorie hinterlegt ist. Besonders wurde auch Wert daraufgelegt, eine mobile VR-Lösung zu bieten, im Kontrast zu einer stationären. Schlussendlich war die Kombination aus all diesen technischen Faktoren ein wichtiger Bestandteil für den Rollout des VR-Trainings in anderen Ländern.

Projektverlauf

Ein weiterer Grund, dass die Mastmontage bisher in Präsenz noch nicht durchgeführt wurde, findet sich, neben dem hohen Aufwand, auch darin, dass die Gefahr einer Verletzung von Trainingsteilnehmenden zu groß war. Nach ersten Rücksprachen zeigte sich daher, dass insbesondere das Training in diesem Bereich sich besonders anbot, um eine Schulung zu ermöglichen.

Im nächsten Schritt wurden die verschiedenen Lernziele definiert. Damit einhergehend wurden alle Montageschritte über Videoaufnahmen dokumentiert. Diese Videoaufnahmen wurden dem VR-Dienstleister übermittelt. Gemeinsam wurde das VR-Training schließlich in mehreren iterativen Produktionsschritten fertiggestellt. Währenddessen wurde schließlich auch die Programmierung des Virtual Reality-Launchers begonnen, der die einheitliche Distribution unterschiedlicher VR-Trainingseinheiten ermöglichen sollte. Dies schloss auch die Implementierung der LMS-Schnittstelle mit ein. Für dieses Unterfangen war eine Kooperation zwischen VR-Dienstleister und dem Hersteller des LMS-Systems von Nöten.

Insgesamt war es schließlich möglich mit September 2021 die ersten Pilot-Trainings durchzuführen. Diese Pilot-Trainings fanden mit Teilnehmenden statt, welche tatsächlich in der Mastmontage geschult werden sollten. Anhand dieser Live-Tests wurden wiederum Daten und Erkenntnisse erhoben, um das VR-Training auch nachhaltig zu optimieren. Dies schloss sowohl die Verbesserung der Software ein als auch die methodisch-didaktische Vorgehensweise sowie diverse Optimierungen innerhalb der Montageschritte.

Projektergebnis

Am Ende des Projekts ist ein VR-Training entstanden, bei dem es den Teilnehmenden ermöglicht wird, die einzelnen Montageschritte genaustens nachzuvollziehen. Mehr noch wird mit der VR-Umgebung auch die physikalische Bewegung des Mastes in Zusammenhang mit der Kranbewegung simuliert. Damit wird ein Szenario geschaffen, das der Realität besonders nahekommt und somit einen guten Lerntransfer ermöglicht.

Auch die Teilnehmer konnten während und nach einer VR-Trainingseinheit begeistert über ihre Erfahrungen sprechen. So wird die Handhabung der einzelnen Handgriffe gelobt. Bei der Durchführung des VR-Trainings wurden die unterschiedlichen Bewegungsabläufe gut simuliert und somit konnte ein realistisches Gefühl beim Training erlangt werden. Bei den Teilnehmenden kam die Steuerung sehr gut an, sodass die Eingewöhnungszeit lediglich wenige Minuten dauerte. Die Steuerung wurde über dies hinaus von den Lernenden als besonders intuitiv bezeichnet. Das VR-Erlebnis selbst wurde ebenfalls gelobt, sodass keine Fälle von Cyber Sickness – also Übelkeit – bei der Ausführung im virtuellen Raum hervorgerufen wurde.

Einschlägigen Erfolg hatte das VR-Training – in einem Beispiel – bei einem Techniker, welcher zuvor bei einem Kunden noch keinen Mast aufgestellt hatte. Dieser hatte trotz fehlender „Realwelterfahrung“ es geschafft, die Montage unterhalb der Durchschnittszeit durchzuführen. Dieser Erfolg konnte schlussendlich auf das VR-Training zurückgeführt werden, da er sich mit Hilfe der vorherigen VR-Erfahrung am Ablauf orientieren konnte.

Wichtig beim gesamten Projekt ist, dass neben der eigentlichen Durchführung des Trainings es allen Teilnehmenden ermöglicht ist, alle einzelnen Montageschritte der Mastmontage über das LMS-System als Screenrecording nochmals nachzuvollziehen. Damit wird gewährleistet, die eigenen Schritte nochmal nachvollziehen zu können und Handlungssicherheit aufzubauen. Durch die Verknüpfung des VR-Launchers mit dem LMS-System wird zudem ein reibungsloser Zugriff ermöglicht. Dadurch können die Trainingseinheiten auch im internationalen Kontext mit so wenig Hürden wie möglich ausgeführt werden. Das VR-Training wird aktuell für die Trainingsstandorte Australien, Singapur, Frankreich und Spanien ausgerollt.

Durch dieses Lern- und Trainingskonzept ist es nun möglich auch Bestandteile zu trainieren, welche zuvor aus verschiedenen Gründen nicht trainiert werden konnten. Es ist das Anliegen von Jungheinrich, alle Mitarbeitenden bestmöglich im Blended Learning-Ansatz auszubilden – mit dem VR-Training wird das Angebot von verschiedenen Lernmethoden um eine weitere Säule erweitert.

Fazit

Virtual Reality in der beruflichen Bildung befindet sich noch immer in den Kinderschuhen – zumindest was die Verbreitung dieser Technologie für Schulungszwecke angeht. Mit dem VR-Training von Jungheinrich wurde nicht einfach nur ein „Lückenfüller“ erschaffen. Es handelt sich um eine Schulung in einem Bereich, welcher zuvor nicht geschult werden konnte. Damit erhöht sich zum einen die Möglichkeit, die Mitarbeitenden noch besser auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Zum nächsten aber wird in diesem ganz konkreten Beispiel auch dafür Sorge getragen, dass eine Verletzungsgefahr der Techniker:innen bei der Durchführung dieser Lerneinheit ausgeschlossen ist, aber auch bei der echten Montage beim Kunden reduziert wird.

Jungheinrich zeigt damit, dass VR gar nicht mehr so weit entfernt vom Arbeitsleben ist und, dass mit der richtigen Anwendung konkrete Problemlösungen geschaffen werden. Aus diesem Grund freut sich die Jury des eLearning AWARD 2023, dass die Auszeichnung in der Kategorie „Virtual Reality“ dieses Jahr an die Jungheinrich AG geht.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Erstellung eines VR-Trainings, das in einer Grundausbildung fest integriert wird, mit der Implementation einer Schnittstelle zu dem bereits im Haus befindenden LMS.

Besonderheiten:
Die Mastmontage gehörte aus organisatorischen und sicherheitstechnischen Gründen bisher nicht zur Grundausbildung bei Jungheinrich. Durch die Schaffung des VR-Trainings hat sich dies verändert. Somit können Mitarbeitende noch umfänglicher ausgebildet werden.


Projektverantwortliche

Jungheinrich AG

Viktor Anufrijenko
Projektleiter

Jungheinrich AG
ACADEMY
Lawaetzstraße 9-13
D-22844 Norderstedt

viktor.anufrijenko@jungheinrich.de
www.jungheinrich.de