Kategorie: Ökonomische Bildung

„Fürs Lernen ist man nie zu alt“, sagt ein altes Sprichwort. Und früh übt sich dennoch. Denn auch die Behandlung von „Erwachsenenthemen“, mit denen ein Heranwachsender in der Regel erst im Laufe der Adoleszenz konfrontiert wird, kann im Kindesalter durchaus sinnvoll (aufbereitet) sein. Wer als Jugendlicher ein solides Grundwissen in Bereichen hat, die manch ein Berufsanfänger noch nicht verinnerlicht hat, dürfte sich so manch späteres, böses Erwachen prophylaktisch ersparen.

Diesen Ansatz verfolgt die Union Investment Gruppe aus Frankfurt am Main nun gemeinsam mit ihrem Softwarepartner, der Darmstädter liquidmoon GmbH und deren Hamburger Tochterfirma liquidmoon Kommunikation und Design GmbH. Die Bildungsagentur Eduversum unterstützt bei der Contenterstellung und den didaktischen Konzepten für den MoneyCoaster – eine 90-minütige Unterrichtseinheit, abgerundet durch eine Gamification-Anwendung, mit der Schüler der Klassenstufe 8 bis 11 spielerisch den richtigen, sicheren Umgang mit Finanzen erlernen. Den Kindern und Jugendlichen werden die Themenfelder digitales Bezahlen, Geld ausgeben und Geld sparen näher gebracht. Denn was heute noch Taschengeld heißt, nennt sich für die Schüler in einigen Jahren wohl Monatslohn, Verdienst, Sold. Oder auch Erbe.

Lernbedarfe

Laut statistischem Bundesamt ist jeder Siebte unter 30 Jahren verschuldet, hat also nicht richtig mit seinen Finanzen gehaushaltet. Sprich: Hier liegt eine Bildungslücke demographischen Ausmaßes vor. Soviel zum Bedarf…

Projektverlauf

Zu Beginn des Projektes fand ein reger Austausch mit den Volksbanken statt, deren Bedarf und Ideen in das Projekt einflossen. Bereits vor der Pilotphase wurde das Projekt auf diversen Veranstaltungen der FinanzGruppe beworben und ein erstes Feedback der Kundenberater eingeholt. Anschließend wurden 66 Banken in Baden-Württemberg und weiteren Regionen gebrieft und deren ausgewählte Ansprechpartner mit entsprechendem Schulungs- und Vermarktungsmaterial versorgt. Für MoneyCoaster wurde eine Webseite aufgesetzt und Beiträge in banken- und genossenschaftseigenen Medien geschaltet. Zudem wurden Außendienstmitarbeiter einer Kurzschulung für etwaige Fragen seitens der von ihnen betreuten Banken unterzogen. Zur Vermarktung an den Schulen stellte Union Investment den teilnehmenden Banken Mailvorlagen zur Akquise, Flyer, Poster, Social Media- und Pressebausteine, eine Landingpage in der Online-Plattform VR-NetWorld webBank+ sowie eine Checkliste, Tagesablauf und Budget-Vorlage zur Verfügung. Eine Elterninformation mit datenschutzrechtlichen Informationen stellte die Einwilligung der Eltern in die Teilnahme der Schüler beim MoneyCoaster sicher. Sowohl über WBT als auch über Email-Postfächer und eine telefonische Hotline können die Berater der Pilot-Banken fortlaufend Fragen und Feedback mit Union Investment teilen. Entsprechende Workshops sind in Planung. Im Herbst dieses Jahres ist eine Siegerehrung für die besten Klassen Baden-Württembergs vorgesehen, zudem soll die Gamification-Anwendung und ebenso das Konzept der Siegerehrung nach der Pilotphase bundesweit ausgerollt werden. Inzwischen steht die MoneyCoaster App sowohl im Google Playstore als auch im Apple App Store für jeden Interessierten zum Download. Neben der App wurde auf der FinanzGruppe-eigenen eLearning-Plattform VR-Bildung ein Web Based Training gelaucht. Dieses dient der Vorbereitung der Bankberater im Vorfeld zum Einsatz in den jeweiligen Schulen. Ein Leitfaden und ein Lernprogramm unterstützen die Berater zusätzlich in Form von didaktischen Tipps und einer Präsentation für das Unterrichtsmodul mit eigens produzierten Expertenvideos und runden das Konzept der Ökonomischen Bildung ab. Zudem können hier entsprechende Arbeitsblätter für den Schuleinsatz bezogen werden.

Projektergebnis

Die ca. 90-minütige Unterrichtseinheit gliedert sich in die Themen „Wie manage ich mein Geld?“, „Richtig sparen ohne Zinsen“ und „Sicheres digitales Bezahlen“. Hierbei orientiert sich der Content an den Lehr- und Bildungsplänen. Aufgabenblätter begleiten die Lerninhalte, erteilen Arbeitsaufträge und geben den Jugendlichen konkrete Tipps für den Lebensalltag mit eigenen Finanzen. Im Anschluss an die Lerneinheit machen die Schüler in der App ihren MoneyCoaster-Führerschein, der eine erfolgreiche Teilnahme am abschließenden Quiz voraussetzt. Hierin können die Schüler ihr neues Finanzwissen spielerisch überprüfen und festigen, indem Multiple Choice-Fragen rund um die Themen Wirtschaft und Finanzen beantwortet werden. Die Jugendlichen können im Einzelspielermodus trainieren und gegeneinander oder gegen einen Bot spielen. Das integrierte Glossar, das derzeit 50 wichtige Begriffe auf dem Finanz- und Wirtschaftsbereich umfasst, besteht auf interaktiven Karteikarten. Auf freiwilliger Basis können die Schüler anschließend im Kollektiv in den Kategorien „Beste Schule“ und „Beste Klasse“ an einem regionalen Wettbewerb teilnehmen. Bei der überregionalen Siegerehrung geht es in beiden Kategorien um den Sieger in Baden-Württemberg, ein bundesweiter Wettbewerb ist in Planung. Die Initiative ist langfristig angesetzt, sodass das Glossar und die Lerninhalte mithilfe des Lehrer-, Schüler- und Beraterfeedbacks stetig mitwächst.

Fazit

Aufgrund des Augenmerks auf spätkindliche Weiterbildung im wichtigen Themenbereich der Finanzen und der nachhaltige, prophylaktische Ansatz, der inhaltlich und didaktisch weitgehend auf etablierter Infrastruktur klassischer Erwachsenenbildung basiert, verleiht die Jury des eLearning Journals dem MoneyCoaster innerhalb des eLearning AWARD 2021 den SonderAWARD in der Kategorie „Ökonomische Bildung“. Der gezeigte Ansatz ist beispielhaft dafür, Jugendliche auf Augenhöhe anzusprechen und sie für Erwachsenenthemen zu begeistern und stellt somit eine gewisse Nachhaltigkeit dar. Auch Dr. Juliana Schlicht, Professorin für Berufs- und Wirtschaftspädagogik der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig, sieht in der Anwendung viel Potenzial: „Mit dem Projekt wird ein Beitrag geleistet, die Lücke auf dem Gebiet der finanziellen Bildung zu schließen. Die Inhalte weisen zudem einen grundlegenden Bezug zu den Lehr- und Bildungsplänen, insbesondere zu den sozialwissenschaftlichen Fächern auf.“

Redaktion: Jacob Sablotny