Vom Präsenzseminar zur Online-Schulung

Komplexe Software braucht Schulung – nicht nur für die Bedienung, sondern auch für Konzepte und Prozesse. Dass derartig anspruchsvolle Ausbildungen tatsächlich online möglich sind, zeigt die „Umstiegsstory“ der Mensch und Maschine GmbH.

Schulungen für „Building Information Modeling“ sind bei Mensch und Maschine (www.mum.de) jetzt auch als Online-Präsenz-Semianr möglich – und heiß begehrt.

Die Mensch und Maschine Deutschland GmbH (kurz: MuM) ist einer der führenden, europäischen Anbieter von CAD-Software (Computer Aided Design). Etliche Maschinenbauunternehmen, Architekten, Ingenieur- und Planungsbüros weltweit nutzen Softwarelösungen des Unternehmens. Auch wenn Benutzeroberflächen immer „intuitiver“ werden und viele Informationen im Web verfügbar sind, hilft eine gründliche Einführung, effektiv durchzustarten. Darum hat MuM rund 200 verschiedene Schulungskurse im Angebot. Der Umstieg auf hybrides Lernen war schon lange geplant; die Corona-Verordnungen haben die Umsetzung beschleunigt. Wie hat das funktioniert, und was hat es gebracht?

Die typischen Kund*innen eines CAD-Anbieters sind technik-affin. Darum sollte man meinen, dass gerade in dieser Branche eLearning gang und gäbe sei. Doch das stimmt nur teilweise. Mensch und Maschine (MuM), ein Anbieter von Software für Architekten, Ingenieure, Maschinenbauer, Elektrotechniker u. ä. mit Hauptsitz in Wessling bei München, nutzt das Web seit vielen Jahren. In der  Reihe „akademiekompakt“ erhalten Kunden und Interessenten Tipps, Tricks und Informationen über neue Softwareversionen. Diese kostenlosen Angebote werden von Nutzern aus allen Branchen gern angenommen. Sie bestehen aus einer 15- bis 20-minütigen Präsentation und der Möglichkeit, anschließend Fragen zu stellen. Die Aufzeichnung der Mini-Seminare ist im Netz abrufbar.

Gute Argumente für Präsenzschulungen

„Das hat nicht viel mit einer echten Schulung zu tun“, erklärt Alfred Neudecker, Head of Customer & Sales Services bei MuM. Die Argumentation, eine häufig mehrtägige Schulung an einem der rund 60 Standorte des Unternehmens zu besuchen, lag auf der Hand: Abseits vom Büro können die Teilnehmenden sich ganz auf den Stoff konzentrieren und werden nicht durch Alltagsfragen abgelenkt; man hat Kontakt zu Teilnehmern aus anderen Firmen, knüpft neue Kontakte, vielleicht entstehen Chancen für neue Projekte. Außerdem verfügt MuM über mehr als 30 Jahre Erfahrung in Präsenzschulungen und hat – z. B. für Architekten, Statiker, Haustechniker und Bauherren – umfassende Schulungsangebote für die hoch komplexe Zusammenarbeit in Bauprojekten entwickelt. Konnte man so etwas auch online anbieten?

Erste Schritte Richtung eLearning

„Wir haben klein angefangen und wollten zunächst den Supportaufwand für Standardprodukte verringern“, erzählt Alfred Neudecker. Man beschaffte eine OpenSource-Lösung für Online-Workshops, um elektronische Kurz-Antworten auf häufig gestellte Fragen zu produzieren. Die Anwender waren begeistert: Ein Link zu einem Video über AutoCAD-Blöcke oder sog. externe Referenzen lässt sich immer wieder aufrufen; man vergeudet keine Zeit am Telefon. Klar war jedoch, dass die OpenSource-Software für komplexe Online-Kurse und deren Administration nicht ausreichen würde.

In acht Wochen von null auf 350

Von der Einbindung der Schulungsplattform in die übrigen IT-Systeme über die Implementierung virtueller Hochleistungsrechner bis hin zum vertieften Einstieg in die Online-Didaktik: Der CAD-Anbieter Mensch und Maschine ist in wenigen Wochen von Präsenz- auf Online-Schulungen umgestiegen.

Mit einer eLearning-Plattform, die Schnittstellen zum CRM und zum ERP bot und auch Buchungs- und Bezahlmöglichkeiten für die Kund*innen beinhaltete, legte man die technischen Grundlagen für die Lern-Innovation im eigenen Haus. Die Tatsache, dass man wegen der Corona-Pandemie alle Live-Kurse komplett absagen musste, war gleichzeitig Treiber für den Umstieg auf Online-Kurse. Zwei Monate nach dem Go-live der Plattform waren mehr als 350 Teilnehmer*innen angemeldet.

Online-Präsenz-Seminare

OPS, Online-Präsenz-Seminare, gingen im April live: Die Teilnehmer*innen arbeiteten am eigenen Rechner; die Kursleiterin konnte ihren Bildschirm teilen und bei Bedarf die Rechner einzelner Teilnehmer fernsteuern; Fragen konnten im Gespräch oder per Chat geklärt werden. Soweit die Theorie und auch die Praxis, wenn die Internetverbindung sicher und leistungsstark war. Wenn diese technischen Voraussetzungen jedoch nicht gegeben waren, war die Arbeit mehr als mühsam.

Virtuelle Klassenzimmer

„Wir mussten noch einmal aufrüsten“, sagt Alfred Neudecker. Heute stehen im MuM-Rechenzentrum in Frankfurt 150 virtuelle Hochleistungs-CAD-Computer bereit, auf denen die gesamte Software, die bei MuM geschult wird, installiert ist. Die Teilnehmenden erhalten für ihren Kurs einen persönlichen Zugriff zu einem der vorinstallierten CAD-Rechner in der Cloud, auf dem bereits alle für das Seminar benötigten Softwareprodukte installiert sind – die Teilnehmer müssen also keine eigenen Softwarelizenzen oder Hochleistungsrechner besitzen um an einem MuM-Seminar teilnehmen zu können, ein handelsüblicher Rechner mit stabiler Internetverbindung reicht aus. Über eine Online-Konferenzplattform ist die Video- und Tonübertragung zum Kursleiter und den anderen Teilnehmern sichergestellt. “Wir haben alle 200 Kurse, die wir anbieten, für den Online-Präsenz-Unterricht vorbereitet – vom einfachen Zeichenprogramm bis hin zu komplexen Simulationslösungen.“ Seit dem Start in der letzten Aprilwoche haben mehr als 1.300 Kund*innen die neuen Online-Präsenz-Seminare besucht.

Didaktische Herausforderungen

Pro Online-Kurs sind heute maximal sieben Teilnehmende zugelassen; ein ganzer Kurstag dauert von 9 bis 16 Uhr. „Wir müssen mehr Pausen machen als bei live Schulungen“, weiß Alfred Neudecker. „Dafür ist die Arbeit selbst deutlich intensiver.“ Gleichzeitig zeigte sich, dass viele Teilnehmende online Schulungen durch die Corona-bedingte Mehrfachbelastung aus Home-Office und Kinderbetreuung absagen mussten. Andere  bedauerten, dass der direkte Kontakt zu anderen Teilnehmenden wegfällt: Im Live-Seminar beginnt der Austausch spätestens in der ersten Kaffeepause.

3×7 = 6×4 ist keine Milchmädchenrechnung

Könnte man das Kurskonzept so verändern, dass die Schulungstage zum einen weniger anstrengend für Dozent*innen und Teilnehmende werden und gleichzeitig mehr Kommunikation untereinander möglich ist? „Wir haben uns gefragt, ob man nicht aus drei ganzen Tagen sechs halbe machen könnte“, sagt Alfred Neudecker, „und dann haben wir mal das Kurrikulum für eine Grundlagenschulung der Architektursoftware zerpflückt. Der neue Lehrgang aus sechs Halbtagsmodulen kam bei der Kundschaft großartig an. MuM erreicht auf diese Weise sogar neue Kunden: Teilzeitkräfte, die die Büros bislang ´irgendwie´ selbst ausgebildet haben, kommen jetzt auch in den Genuss der Profischulungen. Außerdem entsteht dadurch, dass die Teilnehmenden sich häufiger virtuell sehen, tatsächlich so etwas wie eine Gemeinschaft.

Nächster Schritt: Hybrid

Nach den ersten Erfahrungen steht nun der nächste Entwicklungsschritt an: Ein Teil der Kursinhalte lässt sich auch ohne Trainer, mit Videos, Tutorials, Infomaterial und Übungen vermitteln. Die Dozent*innen bei MuM vertiefen sich gerade in Online-Didaktik, um diese Themen für ein Modul „digitaler Lernbegleiter“ aufzubereiten. Aus sechs Halbtagen Online-Präsenz werden dann nur noch fünf; zusätzlich erhalten die Teilnehmenden das eLearning-Modul, das noch einmal Lehrstoff von ca. zehn Stunden enthält. Alfred Neudecker freut sich über die Vielfalt: „Unsere Kunden haben jetzt freie Auswahl: Präsenzkurs, 3tägige Online-Präsenz-Kurse oder den Online-Präsenz-Kurs in fünf Halbtagen plus Lernbegleiter.“


Die Autorin:

Roswitha Menke

Roswitha Menke schreibt als PR- und Werbetexterin seit einem Vierteljahrhundert Geschichten – meist darüber, wie Firmen aus Industrie und Bauwesen komplexe Softwarelösungen erfolgreich nutzen. Als Kontrastprogramm erzählt sie Märchen und Geschichten für Erwachsene und leitet freie Trauzeremonien. Dass irgendeine dieser Aufgaben ohne Storytelling auskommen könnte, ist für sie unvorstellbar. Ihr Storytelling-Wissen gibt sie in unterhaltsamen Workshops an Redner*innen, Vertriebsleute und alle, die es brauchen können, weiter. Roswitha Menke hat fast 23 Jahre in der Schweiz gelebt und ist vor drei Jahren  „bestimmungsgemäß“ nach Norddeutschland zurückgekehrt.

 


Kontakt:

Roswitha Menke
Texterin . Erzählerin . Trau-Frau

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