Mit der richtigen Methode zum Lernziel


Zusammenfassung

Im Corporate Learning stehen eine Vielzahl unterschiedlicher Lern- und Lehrmethoden zur Verfügung. Aber welche Methode ist für welchen Zweck am besten geeignet? Wo liegen die Grenzen und wo vor allem die Chancen? Letztlich sind es verschiedene Kriterien, die eine Methodenentscheidung beeinflussen. Zu Beginn einer Überlegung steht immer das zu erreichende Ziel. Einen wichtigen Teil nehmen objektivierbare Kriterien ein, das sind verschiedene Betrachtungen der Inhalte und Zielgruppen und die Rahmenbedingungen einer Methode bzw. die innerbetrieblichen Voraussetzungen. Der andere (fast noch wichtigere) Aspekt ist jedoch die einfließende Erfahrung und die Mischung aus Idee, Intuition und Bauchgefühl, die passende Konzepte entstehen lässt.

Im nachfolgenden Artikel werden die verschiedenen Einflussfaktoren dargestellt und bewertet sowie Erfahrungen weitergegeben, von denen der geneigte Leser in seiner konkreten Konzepterstellung profitieren kann.


Von der Herausforderung

Als ich die Anfrage vom eLearning Journal erhielt, ob ich mit meinen Erfahrungen zu einem Artikel beisteuern könnte, der sich mit der Fragestellung der „besten Corporate Learning-Methode bei welchem Bedarf“ auseinandersetzt, war ich sofort Feuer und Flamme. Denn in verschiedenen Kreisen haben wir bereits diskutiert, wie man vom Bedarf zur passenden Methode kommt und wie man dieses Wissen standardisieren, dokumentieren und weitergeben kann. Es wurde in diesen Kreisen auch wiederholt davon gesprochen, dass sich immer wieder eine Unsicherheit einschleichen würde, ob man die richtige Entscheidung für eine Methode getroffen hätte. Die Vorstellung einer „Methodenmatrix“ machte sich schon breit. Ich habe dabei immer an die früheren Kilometertabellen gedacht: in der ersten Spalte den Startort aussuchen, diesen mit dem Finger in der oberen Zeile mit dem Zielort verbinden, und schon hat man die Entfernung. Im übertragenen Sinn wäre das die Methodenempfehlung!

Die Methodenmatrix als Idee?!

Im Vorgespräch zum Artikel habe ich außerdem spontan vorgeschlagen, den Ablauf des Methodenauswahlprozesses zu visualisieren und in einem Entscheidungsbaum darzustellen. Die vielfältigen Einflussmöglichkeiten und Abhängigkeiten in Prosa zu beschreiben, hielt ich für schier unmöglich und das Bild hatte ich bereits vor Augen …

 

Aber das war dann eine echte Herausforderung: Wie mache ich einen Prozess transparent, der auf Analyse, Einschätzung, Erfahrung, Ideen, Austausch und einer Mischung aus Intuition und Bauchgefühl basiert? Was läuft da eigentlich „von Kopf bis Fuß“ ab, wenn es um die passende Methodenwahl geht? Auf welchen Grundlagen bauen die verschiedenen Entscheidungen auf und wie werden sie reproduzierbar? Wie stark muss ich vereinfachen? Wie ist die Reihenfolge? Und dann ist da noch ein letzter Punkt: Auf welche eigentlich nicht (!) gestellten Fragen werden in einem solchen Prozess dennoch Antworten gefunden, die sich im späteren Produkt wiederfinden?

Und so nähere ich mich dieser Fragestellung zunächst doch in Prosa und biete anschließend einen visuellen Prototyp an.

Die Inhalts-Einflussfaktoren

Zieldefinition ist alles! Und so geht es auch bei der Methodenauswahl zunächst um das, was erreicht werden soll:

Ziele

  • Sollen Informationen an eine Zielgruppe gebracht werden?
    Wie bereits mehrfach an anderer Stelle ausgeführt, verstehe ich darunter einen überschaubaren Inhalt, der bedarfsorientiert bereitgestellt wird. Daraus ergibt sich: knackig und kurz, schnell auffindbar.
  • Steht der Wissens- bzw. Kompetenzaufbau im Fokus?
    Darunter verstehe ich den klassischen Wissens-transfer, bei dem es darum geht, ein Wissen oder eine Kompetenz aufzubauen und den Lerner zu befähigen.
  • Mit der Wissens- bzw. Kompetenzkonsolidierung wird das Ziel verfolgt, bestehendes Wissen aufzufrischen. In diesem Fall wird also nicht bei „Null“ begonnen, was andere didaktische und methodische Ansätze zulässt.
  • Soll Wissen evaluiert werden, steht im Vordergrund, den Wissens- bzw. Kompetenzstand von Teilnehmern zu überprüfen. Zunächst denkt man an die klassische Test- oder Prüfungssituation, die über ein bestanden/nicht bestanden entscheidet. Alternative Konzepte sind durchaus auch geeignet, (reproduzierbares) Wissen zu transferieren, z.B. Quizze, oder auch Potentiale aufzuzeigen und Empfehlungen zu geben, ich nenne diese immer „Wissens-Checks“.

Mit diesen vier Zielsetzungen habe ich eine stark vereinfachende pragmatische Struktur gewählt, die sich auf einen großen Teil aller Situationen anwenden lassen sollte und die als Startpunkt für eine Methodenauswahl geeignet erscheint. Natürlich gibt es (viele) Ausnahmen. Das können andere, an dieser Stelle nicht genannte Ziele sein, oder die Kombination mehrerer Ziele. Aber als Startpunkt sollte dieser Ansatz zunächst genügen.

In den nun folgenden ersten drei Schritten geht es darum, die zu vermittelnden Inhalte zu kategorisieren und die Zielgruppe zu bestimmen. Denn nicht jede Methode ist für jeden Inhalt und jede Zielgruppe geeignet!

Inhalt

  • Grundlagenwissen
  • Spezialistenwissen
  • Expertenwissen

Die gewählte Unterscheidung entspricht einer in Unternehmen verbreiteten Struktur, die oft auch als Schulungslevel bezeichnet wird: basic/intermediate/advanced, go/run/fly, …, und in diesem Fall Grundlagen/Spezialisten/Experte. Die dahinterliegenden Inhalte beschreiben dabei den Zustand, den der Lerner nach Bearbeitung der Inhalte erreicht haben soll: nämlich die basics beherrschen bzw. das Grundlagenwissen parat haben. Das Grundlagenwissen (ich verwende diesen gekürzten Begriff wg. der besseren Lesbarkeit) beinhaltet dabei das Wissen und auch zugehörige Kompetenzen!

Komplexität

Unter Komplexität verstehe ich die „Erklärungsbedürftigkeit“ eines Inhalts. Ist er einfach oder schwer zu erfassen? Bedarf es evtl. mehrerer Beispiele und Erläuterungen und evtl. eines Dialogs, um Zusammenhänge zu verstehen? Ich habe die Abstufung von einfach nach schwer gewählt.

Gültigkeit

Um den Inhalt abzurunden, versuche ich bei meinen Kunden auch zu erfassen, wie lange die Gültigkeit eines Inhalts zu erwarten ist. Ich spreche an dieser Stelle gern von der „Halbwertszeit“ des Inhalts. Es geht natürlich darum, den Änderungs- bzw. Aktualisierungsaufwand zu bestimmen, der bei einigen Methoden aufwändiger und daher in die Methodenbestimmung einzubeziehen ist. Eine bewährte und daher hier vorgestellte Einteilung ist:

  • kurz (rd. 1 Jahr) Gültigkeit
  • mittel (1 bis 3 Jahre)
  • lang (über 3 Jahren)

Fassen wir diese drei Schritte zusammen, ergeben sich erste Erkenntnisse, da aus meiner Sicht und Erfahrung einige Kombinationen Sinn machen bzw. sich andere ausschließen:

  • Grundlagenwissen sollte eine Komplexität „einfach“ bis maximal „mittel“ in einzelnen Schwerpunkten („das Salz in der Suppe“) in einem Inhalt nicht überschreiten. Zu schnell verlieren Sie sonst die Lerner. Das gilt vor allem für unidirektionale Lernmethoden.
  • In der Konsequenz umfasst Spezialisten- bzw. Expertenwissen auch immer einen höheren Komplexitätsgrad. Wäre alles „einfach“, wären diese Lerner sicherlich schnell unterfordert!
  • Grundlagenwissen, so mein Verständnis, hat auch eine längere Gültigkeit, in der Regel rechne ich mit 3 Jahren und mehr. Grundlagenwissen, welches nur ein Jahr gültig ist, kann sicherlich noch nicht zu den Grundlagen eines Themengebiets gezählt werden. Natürlich wird es hier Ausnahmen geben, aber dieser Ansatz hilft in der Methodenauswahl und kann dann ggf. projektspezifisch kritisch hinterfragt werden!
  • Spezialisten- und Expertenwissen kann in meinen Augen in der Gültigkeit von kurz bis lang variieren. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Inhalte eher „kurzfristig“ sind, d.h. an diese Personengruppen schnell bereitgestellt werden müssen und die eigentliche Gültigkeit oft zweitrangig ist. Vielmehr geht es bei diesen Zielgruppen und Inhalte oft darum, inhaltliche Komplexitäten adäquat aufzulösen.

Die Struktur der vorgenannten inhaltlichen Anforderungen Inhalt, Komplexität und Gültigkeit ist dem grundlegenden Verständnisgewinn gewidmet. Die nun folgenden Schritte werden jeweils helfen, eine Methodenauswahl einzugrenzen.

Die methodischen Rahmenbedingungen

Anzahl Lerner
Die folgende Kategorisierung ist pragmatisch gewählt und resultiert aus meinen Erfahrungen:

  • < 15 Lerner;
    Diese Anzahl Lerner entspricht der bewährten Größe, bis zu welcher Teilnehmerzahl ein Trainer eine gruppenorientierte Präsenzschulung sinnvoll führen kann. In dem einen Unternehmen sind 12 oder 13 Teilnehmer das Ziel, andere Unternehmen setzen auf max. 15 oder sogar 20 Teilnehmer. Letztlich ist es eine Frage der individuellen Schulungskultur, aber vor allem der Infrastruktur.
  • 15 – 100 Lerner;
    Die Anzahl Lerner resultiert aus typischen Großveranstaltungen, die sich erfahrungsgemäß in diesem Rahmen bewegen. Wir bewegen uns mit dieser Lernerzahl i.d.R noch im Präsenzbereich.
  • 100 – 350 Lerner;
    Diese Zahl spiegelt einen Bereich wider, in dem erfahrungsgemäß methodisch sehr gut variiert werden kann: synchron, asynchron , online, offline, …
  • > 350 Lerner;
    Ich habe in meiner industriellen Zeit eine Kalkulation durchgeführt, ab wann sich bei extern erstelltem Content (WBT) diese Investition gegenüber einer (ggf. mehrfach) durchgeführten Präsenzmaßnahme lohnt. Dabei haben wir die Erstellungskosten des WBT (Konzeption, Produktion, keine internen Aufwendungen für z.B. Experten oder LMS) und auch die F2F-Kosten (Konzeption, Trainer, Schulungsraum und Reisezeiten, aber keine Ausfallzeiten) gegenübergestellt. Der Breakeven lag bei rd. 250 – 350 Teilnehmern, je nach Anreise/Reisekosten. So ist diese Zahl entstanden und ich werde etwas später weiter auf sie eingehen!

Natürlich gibt es zwischen den einzelnen Kategorien Überschneidungen! Diese werden vor allem die mittleren beiden Größen betreffen. Ob eine Methode bereits bei 100 Teilnehmer nicht mehr geeignet ist oder noch bis 180 Lerner passt, kann individuell sehr unterschiedlich sein. Aber ein (klassisches) Präsenztraining mit mehr als 15 Teilnehmer stößt an seine Grenzen! Und das WBT mit 350 Lernern sollte, wenn keine plausiblen Gründe auch für weniger Teilnehmer sprechen, auch passen. Und dennoch kann das WBT für eine Zielgruppe von 120 Personen auch Sinn machen, wenn z.B. Präsenzveranstaltungen einfach terminlich nicht darstellbar sind.

Erreichbarkeit
Unter der Erreichbarkeit verstehe ich zunächst, wie der Lerner erreicht werden soll oder erreicht werden kann. Diese Reihenfolge habe ich bewusst gewählt, denn zunächst steht die Überlegung im Vordergrund, wie die Lernziele bei den klassifizierten Zielgruppen erreicht werden sollen.

Erfahrungsgemäß gibt es manchmal auch konkrete Vorstellungen und Ansätze, wie man die Lerner erreichen will. Das kann z.B. der Wunsch der Chefin oder des Chefs sein, ein E-Learning zu nutzen.

Für beide Perspektiven gilt:

  • persönlich
  • offline (z.B. Papier-Trainingsunterlagen oder CBT, physische Bereitstellung )
  • online (Intra- oder Extranet)
  • LMS

Interaktion
Unidirektional oder bidirektional?

Soll ausschließlich gesendet werden (unidirektional), oder mit dem Teilnehmer interagiert werden (bidirektional)?

Wobei Unidirektionalität nicht ausschließen soll, dass ein Lerner auch Fragen stellen darf und diese auch beantwortet bekommt!

Ich habe anfangs noch weitere Kriterien identifiziert, die ich der besseren Übersichtlichkeit und geringeren Komplexität halber dann ausgelassen habe. Um das Bild zu vervollständigen, möchte ich sie an dieser Stelle zumindest benennen:

  • einsprachig/mehrsprachig
  • Pflege in Bildungshistorie ja/nein
  • Umgang mit neuen Medien

An dieser Stelle ergeben sich einige (empirische) zwingende Erkenntnisse, welche Methoden sinnvoll sind, oder aber auch nicht:

  • Für Zielgruppen < 15 Teilnehmer eignen sich i.d.R. synchrone Maßnahmen, wie z.B. Präsenzveranstaltung, Virtuelles Klassenzimmer, Webinar. Die Erstellung asynchroner Inhalte ist meist zu aufwändig (z.B. WBT). Es kann aber die Aufzeichnung und anschließende Bereitstellung eines (dann asynchronen) Webinars sein, die das Mittel der Wahl auch für kleinere Zielgruppen ist.
  • Für die Lerneranzahl < 15 ist die Präsenzschulung ideal, die allein durch die Methode zusätzlich persönlich und bidirektional ist, was weitere Optionen eröffnet.
  • Das Virtuelle Klassenzimmer erfüllt gleiche Voraussetzungen, wird aber „online persönlich“ und reduziert damit Abwesenheitszeiten vom Lerner im Betrieb. In der Konsequenz ist diese Methode auch für kompakte Inhalte geeignet, wenn man die Dauer einer Einheit mit 45 – 60 Minuten, besser 30 Minuten (!), nicht überschreitet.
  • Eine bidirektionale Interaktion ist mit einem WBT oder einem Video-Tutorial allein zunächst nicht möglich. Erst in Kombination mit z.B. einem Forum oder einem Virtuellen Klassenzimmer haben wir den gewünschten Austausch. Das ist dann bereits ein klassischer Blended Learning-Ansatz.
  • Soll eine Bildungshistorie eines Lerners gepflegt werden, ist ein LMS notwendig. Das wiederum setzt (idealerweise) SCORM-kompatible Lerninhalte voraus.
    Natürlich können auch bei einer Offline-Bearbeitung von Inhalten mittels CBT (durchaus noch eine sinnvolle Lösung!) oder Online-Lernen im Intra- oder Extranet die Historien angepasst werden. Aber wir bewegen uns in individuellen, manuellen und aufwendigen Lösungen, in denen z.B. Datenbanken anzupassen sind oder ausgedruckte Zertifikate hin- und hergeschickt werden.
  • Anders verhält es sich mit den aktualisierten Bildungshistorien bei (persönlichen) Präsenzveranstaltungen: Der Prozess der unterschriebenen Teilnehmerliste ist zumeist etabliert und bedeutet daher i.d.R. keinen Mehraufwand.
  • Eine Mehrsprachigkeit bei größeren Lernerzahlen ist eine Anforderung, die besonders von asynchronen Methoden mit entstehenden einmaligen Initialaufwendungen erfüllt wird, wenn diese entsprechend lokalisiert werden.
  • Synchrone Methoden dagegen setzen das entsprechend fremdsprachliche Personal voraus, das ggf. mehrfach eingespannt wird, aber nicht immer vorhanden ist.

Im nächsten Abschnitt werde ich auf die (unternehmens-) internen Rahmenbedingungen eingehen, die Beschränkungen setzen und damit die Auswahl beeinflussen. Diese prägen das spätere Ergebnis, obwohl sie mit den inhaltlichen Zielen nichts zu tun haben.

Die internen Rahmenbedingungen

Zu oft stehen die „Finanziellen Mittel“ und die „Projekt-/Realisierungszeit“ gleich zu Beginn einer Konzeption als Entscheidungskriterium fest und beeinflussen -fast schon ausschließlich- eine Methodenauswahl. Einerseits habe ich für diese unternehmerische Rahmenbedingungen volles „Verständnis“, sie sind schlichtweg wichtig! Andererseits überlagern sie häufig, so meine Erfahrung, die inhaltlichen Ziele.

Ich mache mich hiervon frei und platziere diese (zwingend) notwendigen Überlegungen an das Ende des Prozesses. Damit möchte ich auch das Statement setzen, dass die Ziele immer an den Anfang gehören. Wenn die limitierenden Faktoren erst zum Schluss Bestandteil der Überlegungen werden, wird, so meine Erfahrung, später um den für den Lerner am besten passenden Kompromiss gerungen, anstatt gleich zu Beginn die naheliegende Lösung zu verfolgen.

Finanzielle Mittel
Unter finanziellen Mitteln verstehe ich zunächst das zur Verfügung stehende Budget und qualifiziere es als:

  • geringes Budget
  • umfangreicheres Budget

Eine Quantifizierung der dahinter liegenden Beträge ist naturgemäß schwierig und vor allem eine Sache der Perspektive, der Möglichkeiten und der Relationen: kleines/großes Unternehmen, Größe Gesamtbudget/Schulungs- bzw. Projektbudget, …, Priorisierung von Schulungsaktivitäten, …

Ich versuche es dennoch einmal:

  • geringes Budget < € 20.000,-
  • umfangreicheres Budget > € 20.000,-

Aber wie komme ich auf diese (fast schon willkürlich anmutende) Größe? Ab rd. 20.000,- Euro ist ein professionell konzipiertes und extern produziertes kompaktes WBT am Markt möglich:

  • max. 15 Minuten Bearbeitungsdauer; in dieser Zeit kann ein überschaubares Thema durchaus kompakt behandelt werden (im weiteren Sinn „Micro“)
  • audio-visuell mit professionellem Sprecher
  • didaktisch und methodisch sauber konzipiert
  • grafisch ansprechend, interaktiv, SCORM-kompatibel
  • (zunächst) einsprachig, ohne weitere Fremdsprachen, aber lokalisierbar

Und damit ist eine Orientierungsmarke für einen asynchronen Lerninhalt gesetzt!

Eine weitere, in die Auswahl einzubeziehende Größe, ist die der intern zur Verfügung stehenden personellen und auch infrastrukturellen Ressourcen. Wieviel Personal und welche der benötigten Kompetenzen stehen überhaupt zur Verfügung? Haben alle benötigten Personen die notwendige Zeit? Können diese Personen Konzeption, Methodik und Didaktik?

Mit den infrastrukturellen Ressourcen meine ich nicht das LMS, das ist bereits in der „Erreichbarkeit“ abgebildet. Vielmehr geht es um die notwendigen Tools (und Expertise), um Content zu erstellen (Autorentool) und auch die zugehörigen Medien bereitzustellen (Bildbearbeitung, Video-Equipment, …). Sind diese Ressourcen, die sinnvoll nur projektspezifisch betrachtet werden können, nicht vorhanden, werden sie unter Umständen hinzugekauft und haben einen Einfluss auf das notwendige Budget, deren Höhe in den oben genannten Zahlen nicht berücksichtigt wurde.

Projekt-/Realisierungszeit
Eine meiner ersten Fragen bei einem neu zu entwickelnden Schulungskonzept ist: Wann soll die Maßnahme die Lerner erreichen bzw. wann soll es mit dem Lernen losgehen? Ich nenne das auch gerne den „Go-Live-Termin“. Oft gibt es Sachzwänge, die zu berücksichtigen sind: Markt-/Produkteinführung, Fristen, vertragliche Zusagen, Budgetverfügbarkeiten, …

Eine sinnvolle, an der Praxis orientierte Aufteilung ist:

  • sehr schnell (in den nächsten Tagen)
  • schnell (in den nächsten 4 Wochen)
  • mittelfristig (in den nächsten 2 – 3 Monaten)
  • langfristig (im nächsten halben Jahr)

Auch hier können wir zusammenfassend einige (zwingende) Erkenntnisse ableiten:

  • Am schnellsten sind synchrone Konzepte (Präsenzveranstaltung bzw. Virtueller Klassenraum/Webinar) darstellbar. Vor allem auch unter dem Aspekt, dass Änderungsbedarfe direkt rückgemeldet und umgehend eingepflegt werden können.
  • Auch sind diese Konzepte für den Anbieter meist am günstigsten: Die fixen Kosten bei Präsenzveranstaltung liegen beim Anbieter oder werden mit Teilnahmegebühren umgelegt (Schulungsraum/-Infrastruktur). Die variablen Kosten (Reisekosten, Ausfallzeiten) werden vom Teilnehmer übernommen.
  • Die Teilnehmerzahlen sind sehr flexibel skalierbar: größere Räume oder Wiederholungen des Angebots.
  • Von nichts kommt nichts. Es gilt ganz einfach: größeres Budget = größere Möglichkeiten! Dabei ist es egal, ob das Geld extern oder intern eingesetzt wird. Denn auch intern sind die entsprechenden (meist kostspieligen) Werkzeuge notwendig. Ich denke da an Kameras, Ausstattung/Infrastruktur, Software, … die beschafft und gewartet werden müssen.
  • Man muss sich vor Augen führen (und akzeptieren): Bei asynchronen Lernmethoden entstehen die Aufwendungen in der Erstellung und die Kosten für Bereitstellung sind eher niedrig bzw. „eh da“. In den Präsenzmaßnahmen entstehen die Kosten vornehmlich in der Bereitstellung und die Erstellungskosten sind im Verhältnis gering.
  • Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto flexibler ist man in der Methodenauswahl! Vor allem die asynchronen Methoden benötigen, soweit sie nicht aufgezeichnete Präsenzveranstaltungen sind, i.d.R. einen längeren Zeitraum (Konzeption und Produktion) bis zum Go Live.
  • Für ein WBT mit rd. 30 Minuten Bearbeitungszeit ist ein 6-wöchiger Projektzeitraum sehr kurz und schon die absolute Ausnahme! Rechnen Sie eher mit 2-3 Monaten. Die limitierenden Faktoren sind in der Regel die Abstimmungen und die Verfügbarkeiten der notwendigen Projektmitglieder!
  • Die Modularisierung von Inhalten, sprich: Micro Learnings, kann Laufzeiten reduzieren, aber erfahrungsgemäß greifen diese Mechanismen erst nach Fertigstellung des ersten Moduls, da in diesem Rahmen die grundsätzlichen Festlegungen erarbeitet und getroffen werden. Es stellt sich anschließend ein gewisser Automatismus ein.

Die Methodenmatrix:

Unterschätzt 1
Zurück zur Methodenmatrix aus der Einführung: Ich habe es versucht! Und ich hätte gerne ein universelles Werkzeug für die Methodenauswahl bereitgestellt, nur, es ist sehr komplex und es wird schnell unübersichtlich.

Die Faktoren beeinflussen sich gegenseitig.

Das habe ich erkennen und eingestehen müssen, nachdem ich einmal begonnen habe, den Ablauf für das Ziel „Wissen evaluieren“ zu strukturieren und abzubilden. Das Ergebnis finden Sie nachfolgend:

Jetzt sind Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser, gefordert! Ist dieser Ablauf für Sie eine Orientierung und Hilfe? Macht es Sinn, auch die anderen Ziele „Informieren“, „Wissen aufbauen“ und Wissen konsolidieren“ zu strukturieren und darzustellen? Geben Sie doch bitte der Redaktion des eLearning-Journals eine Rückmeldung (redaktion@elearning-journal.de) oder schreiben Sie mir auch sehr gerne direkt Ihre Meinung: mb@medic-con.de

Unterschätzt 2
Zum Schluss möchte ich eine Lanze für die fast schon „eierlegende Wollmilchsau“ und in meinen Augen unterschätzte Methode des Virtuellen Klassenzimmers bzw. Webinars brechen:

  • Es kann persönlich und ist online.
  • Es kann synchron oder asynchron.
  • Es kann unidirektional oder bidirektional.
  • Es ist Präsenz und es ist E-Learning!
  • Es kann kleine und große Teilnehmerzahlen erreichen.
  • Und damit kann es Grundlagen und Spezialisten bzw. Experten, aber auch einfach, mittel und schwer oder kurz, mittel und lang.
  • Es kann kompakt und umfangreich (mehrere einzelne Veranstaltungen). Dabei kann diese Skalierung auf Inhalte und Teilnehmeranzahlen bezogen werden!
  • Es ist günstig (die Lizenzkosten sind planbar) und schnell umsetzbar.

Warum wird es, so meine Wahrnehmung, nur mit „angezogener Handbremse“ eingesetzt? Liegt es an den Berührungsängsten der Trainer? Dagegen können wir schulen! Liegt es an den zurückhaltenden Lernern und den technischen Herausforderungen? Die können durch Information und Organisation gemeistert werden. Liegt es an den Lizenzkosten, da man sich auf eine Lerneranzahl festlegen muss? Auch dort denken die Anbieter mittlerweile um und bieten tw. monatliche Upgrade-Möglichkeiten an.

Quelle: © anyaberkut / stock.adobe.com

Sie merken schon: es spricht nichts gegen den Einsatz dieser sehr flexiblen Methode.

Bitte vermeiden Sie beim Einsatz dieser Methode lediglich die nachfolgend Don‘ts:

  • Lassen Sie Ihre Trainer nicht ohne Schulung an das Virtuelle Klassenzimmer/Webinar! Und damit meine ich die besondere Methodik und Didaktik für die Konzeption von Inhalten. Und die Moderation und Handhabung der Technik, wenn es auf Sendung geht.
  • Wärmen Sie nicht das Präsenzkonzept auf! Passen Sie vielmehr das Konzept auf die Optionen und Besonderheiten dieser Methode an.
  • Betrachten Sie diese Methode nicht allein als unidirektional (und halten eine Vorlesung ab)! Die verschiedenen Softwareangebote bieten so schöne unterschiedliche (bidirektionale) Dialog- und Kollaborationsfunktionen: Chat, Fragen und Abfragen, break-out-Räume, …
  • Lassen Sie das Virtuelle Klassenzimmer/Webinar nicht als Solitär stehen. Gerade mit dieser Methode können Sie schöne Blended Learning-Konzepte umsetzen: Das Virtuelle Klassenzimmer kann nach einer (längeren) WBT-Phase die Plattform sein, um Gelerntes gemeinsam anzuwenden, Fragen zu klären, zusätzliche Impulse setzen, … Die anonyme asynchrone E-Learning-Welt wird so persönlich synchron aufgewertet.

 


Der Autor:

Matthias Brockerhoff

hat in über 300 Lernprojekten in gut 15 Jahren als Auftraggeber, Auftragnehmer, Projektleiter und Berater Impulse gesetzt und umfangreiche Erfahrungen in unterschiedlichen Branchen und Zielgruppen gesammelt. Seit 2010 begleitet er kleinere und größere Unternehmen, erfolgreich E-, Distance und Blended Learning zu machen.

 

 


 

Kontakt:

Matthias Brockerhoff
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