Weltfrauentag und Girl’s Day als Stichtag für mehr Gleichstellung und Karriereförderung in Unternehmen

Der internationale Weltfrauentag ruft seit dem 8. März 1911 dazu auf, sich für die Gleichberechtigung von Frauen einzusetzen und den Status der Gleichstellung kritisch zu beleuchten. Europa ist dabei natürlich nicht mit Ländern zu vergleichen, in denen Frauen noch immer für ihr Wahlrecht oder Bildungschancen kämpfen müssen. Trotzdem zeigen auch hierzulande Studien, beispielsweise zum Gehaltsvergleich oder dem Frauenanteil in Führungspositionen, dass man von der Gleichstellung noch weit entfernt ist. Viele Firmen nehmen daher den Weltfrauentag zum Anlass, den Status im eigenen Unternehmen zu überprüfen und Maßnahmen für die Gleichstellung zu initiieren. Ende März ruft der Girls‘ Day ebenfalls dazu auf, Mädchen bereits früh über Berufe und Karrierechancen zu informieren, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Auch für HR und Personalverantwortliche ist dieses Thema von großem Interesse. Denn gerade in Zeiten des Fachkräftemangels möchten Unternehmen weder weibliche Fachexperten wegen Unzufriedenheit verlieren, noch ihren Talent-Pool für die Zukunft dadurch halbieren, dass junge Frauen bestimmte Berufsfelder erst gar nicht als Karriere in Betracht ziehen. Unter diesen Gesichtspunkten hat Talent Management Experte SumTotal einen Blick auf den aktuellen Status Quo geworfen und fünf Handlungsempfehlungen für Unternehmen zusammengestellt.

Status Quo

Laut Studien des Statistischen Bundesamts hat sich der Gender Pay Gap (GPG), also der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied, in mehr als 10 Jahren kaum verändert: 2006 lag der Verdienst von Frauen in Deutschland rund 23 Prozent unter dem von Männern in gleichen Positionen, Ende 2017 waren es noch 21 Prozent. Zum Vergleich: in 33 OECD-Ländern verdienen Frauen im Schnitt 16 Prozent weniger als Männer, wie der aktuelle „Women-in-Work“ Index 2018 von PwC ergab. Ähnlich eingeschränkt sind die Fortschritte beim Frauenanteil in Führungspositionen: Aus Berichten der Europäischen Kommission geht hervor, dass Frauen in Europa insgesamt höher qualifiziert sind als Männer. 2016 hatten beispielsweise 44 Prozent der Frauen im Alter von 30 bis 34 Jahren einen Hochschulabschluss. Bei den Männern waren es 34 Prozent. Der Anteil weiblicher Führungskräfte war trotzdem im EU-Durchschnitt 16 Prozent geringer. Deutschland belegt dabei mit einem Anteil von 29 Prozent von Frauen in Führungspositionen im europäischen Vergleich einen der hintersten Plätze. Hinzu kommt, dass diese Frauen zudem durchschnittlich sogar 24 Prozent weniger verdienen als Männer in gleichen Positionen. Diese Differenz ist seit 2006 sogar gestiegen.

Hat das Gesetz versagt? Werden die gesetzlichen Bestimmungen von Unternehmen ignoriert? Oder sind am Ende die Frauen selbst schuld an ihrer Situation? „Gesetzliche Vorgaben und der gesellschaftliche Druck sind wichtig, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu bereinigen. Es sind aber auch die Unternehmen und die Frauen selbst gefragt“, erklärt Doris Niederwieser, Customer Sales Director DACH bei SumTotal. „Frauen müssen beispielsweise in Gehaltsfragen besser verhandeln. Sie neigen häufig dazu, Job- und Gehaltsofferten einfach anzunehmen, während Männer eher offensiv über Gehalt und andere Leistungen verhandeln.“

Neben dem gesetzlichen Verbot einer Gehalts-Differenzierung aus geschlechtsspezifischen Gründen sind Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern seit dem 1. Januar 2018 gesetzlich verpflichtet, auf die Gleichstellung von Männern und Frauen im Hinblick auf Entgelt, Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten hinzuarbeiten sowie über den Stand der Gleichstellung zu berichten. Doch was sind geeignete Maßnahmen?

  1. Gender Pay Gap – Analyse und Transparenz

Unternehmen, die sich aktiv für mehr Transparenz in den Entgeltstrukturen in ihrer Organisation einsetzen, können viel gewinnen. Durch Analyse und Quantifizierung geschlechtsspezifischer Lohndifferenzen erlangen sie ein umfassendes Verständnis der Ursachen, die zum Lohngefälle beigetragen haben. Auf dieser Grundlage können sie unbewussten Vorurteilen oder gar bewusst entwickelten Strategien, die zu Ungleichbehandlung und Lohnungerechtigkeit geführt haben, gezielt entgegentreten. Führungskräfte sollten ein Bewusstsein für Diversität in ihrem Unternehmen entwickeln. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass Lohnerhöhungen nicht nur an diejenigen vergeben werden, die forsch darüber verhandeln – üblicherweise weit mehr Männer.

  1. Gleichstellung beginnt bei der Einstellung

Die Gleichstellung fängt bereits beim Eintritt in Unternehmen an. Im Durchschnitt wird Frauen für dieselbe Position weniger Gehalt als Männern angeboten, auch wenn dies – zumindest bei Großunternehmen – sogar gesetzlich unzulässig ist. Das Gehalt von Mitarbeitern sollte einzig auf der Grundlage ihrer fachlichen Fähigkeiten, sozialer Kompetenz und Erfahrung berechnet werden und nicht aufgrund von Geschlecht oder sonstigen soziodemographischen Merkmalen. Auch bisherige Gehälter der Bewerber können aus Ungerechtigkeiten bei früheren Arbeitgebern resultieren.

  1. Nachfolge mit weiblichen Führungskräften planen

Laut einem aktuellen Whitepaper des Corporate Learning Spezialisten Skillsoft beklagen 92 Prozent der berufstätigen Frauen das Fehlen weiblicher Führungskräfte, 71 Prozent monieren zudem unzureichende Unternehmensstrategien zur Entwicklung weiblicher Führungskräfte. Unternehmen, die anhand ihrer GPG-Analyse feststellen, dass Führungspositionen mehrheitlich von Männern besetzt sind und das Lohngefälle groß ist, sollten unbedingt eine konsequente Strategie zur Nachfolgeplanung entwickeln, um künftig eine bessere Ausgewogenheit in der Besetzung ihrer Führungsriege zu erreichen.

  1. Best Practices adaptieren

Zahlreiche Initiativen, wie z.B. die internationale Paradigm for Parity-Bewegung, wurden von Unternehmen initiiert, die hinsichtlich der Geschlechter-Gleichstellung am Arbeitsplatz eine Vorreiterrolle einnehmen. Coca Cola, Bloomberg, Skillsoft und SumTotal sowie viele weitere Pioniere in diesem Umfeld haben die Paradigm for Parity-Richtlinien unterzeichnet. Diese Bewegungen zeigen die Produktivitätsvorteile auf, die Unternehmen mit einer diversifizierten Belegschaft und einem ausgeglichenen Frauenanteil in Führungspositionen erzielen können. Darüber hinaus bieten sie Impulse, Handlungsempfehlungen und Best Practices, wie das geschlechtsspezifische Lohngefälle eingedämmt und echte Gleichstellung in einem Unternehmen geschaffen werden können.

  1. Talente für die Zukunft aktivieren

Der Girls‘ Day, der 2019 am 28. März stattfindet, ist ein Aktionstag, der Mädchen und Frauen motivieren soll, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen, die noch immer häufig als Männerdomäne angesehen werden. Millionen junger Frauen haben seit 2001 die Gelegenheit wahrgenommen, sich in Unternehmen über solche Berufe zu informieren. 40 Prozent der Teilnehmerinnen gaben laut der Initiatoren an, dass sie über den Girls‘ Day für eine spätere Ausbildung motiviert wurden. Auch die Aktion „Komm mach MINT“ verzeichnet erste Erfolge. Nachdem Studien belegt hatten, dass sich viele Schüler einfach nicht ausreichend über Berufe und Karrierechancen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Umfeld informiert fühlen, wollte der 2008 gegründete Pakt die Attraktivität der MINT-Studiengänge steigern und die Zahl der Studierenden erhöhen. Da Frauen in diesen Berufsfeldern besonders unterrepräsentiert sind, war ihre Aktivierung ein besonderer Fokus. Ende 2018 berichtete das Bündnis, dass sich die Zahl der Studienanfängerinnen über alle MINT-Fächer hinweg seit 2008 fast verdoppelt hat, warnte aber gleichzeitig, dass sich der positive Trend ab 2017 wieder deutlich abschwächte. Dies zeigt, wie wichtig fortlaufende Aktivierung und Informierung potenzieller zukünftiger Fachkräfte ist.

„Initiativen wie der Girls‘ Day oder Partnerschaften von Unternehmen mit Bildungseinrichtungen helfen nicht nur dabei, Vorurteile über die Eignung zu bestimmten Berufen abzubauen. Sie sind auch ein wirksames Mittel, um dem Fachkräftemangel frühzeitig entgegenzuwirken, indem aufgezeigt wird wie interessant bestimmte Berufe sind und welche Karrierechancen sich hier für junge Männer und Frauen gleichermaßen bieten“ resümiert Doris Niederwieser.

Weitere Informationen zu den Themen HCM und Talent Management gibt es unter http://www.sumtotalsystems.de/

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