Communitybasierte Open-Source-Lernplattformen veröffentlichen gemeinsame Erklärung: „Freie Software für Freie Lehre“

HardwareBerlin – Köln – Göttingen | Die drei großen, communitygestützten Open-Source-Bildungsplattformen ILIAS, Moodle und Stud.IP veröffentlichen zusammen mit dem Bildungsportal Sachsen die Erklärung „Freie Software für freie Lehre!“ unter opensourcelms.de. Unterstützt wird die Initiative durch das Hochschulforum Digitalisierung in Berlin.

Hintergrund: Die deutsche Bildungslandschaft wird, insbesondere im Bereich der Hochschulen, durch die Entwicklung und den Einsatz von Open-Source-Software geprägt. Neunzig Prozent aller deutschen Hochschulen setzen auf quelloffene und lizenzkostenfreie Lernplattformen, mit denen Abläufe um Lehre, Lernen und Verwaltung digital unterstützt werden. Im internationalen Vergleich ist das eine Besonderheit der deutschen Bildungslandschaft.

„ILIAS, Moodle und Stud.IP stellen das Rückgrat der Digitalisierung an deutschen Hochschulen dar“, sagt Cornelis Kater, Vorsitzender des Stud.IP e.V und Leiter der Arbeitsgruppe Lernmanagementsysteme des Hochschulforums  Digitalisierung.

Wie belastbar diese digitale Infrastruktur ist, zeigt die aktuelle Situation: Pandemiebedingt findet Lehre im „digitalen Semester“ nur noch online statt und funktioniert dort besonders gut, wo Open-Source-Lösungen zum Einsatz kommen, an deren Entwicklung sich die Hochschulen beteiligt haben. Die Lernmanagementsysteme ILIAS, Moodle und Stud.IP sind an Schulen und Hochschulen entstanden und verfügen über Communities, die seit mehr als 20 Jahren die Weiterentwicklung stemmen.

„Aber diese Vielfalt ist in Gefahr, weil immer mehr große Hersteller mit erheblichem Budget den Bildungsmarkt mit lizenzpflichtiger Software oder „Corporate Open Source“ fluten, auf deren Entwicklung die Bildungseinrichtungen keinen Einfluss haben“, so Cornelis Kater. Und weiter: „Die communitybasierten Open-Source-Lösungen erfahren momentan durch der Politik kaum Beachtung und werden bei Ausschreibungen regelmäßig benachteiligt.“

Das Fehlen einer nachhaltigen Basisfinanzierung der communitybasierten Entwicklungen führe langfristig zu einem Verlust von Bildungslösungen und in die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern.

ILIAS e.V., Moodle  Hochschulcommunity, Stud.IP e.V. das Bildungsportal Sachsen haben zusammen mit der Erklärung  „Freie Software für freie Bildung“ daher einen zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog aufgestellt, in dem u.a. die Berücksichtigung echter Open-Source-Lösungen als entscheidendes Kriterium bei Ausschreibungen, Unterstützung der Software Communities und Investitionen in Entwicklungsstrukturen statt in Lizenzen gefordert wird.

Die Erklärung, die Forderung sowie die Möglichkeit die Erklärung mit zu unterzeichnen finden sich unter opensourcelms.de

Über die Initiatioren der Erklärung:

ILIAS e.V.

Der gemeinnützige ILIAS e.V. vertritt die Entwicklungscommunity und die Software „ILIAS“, eine Abkürzung für Integriertes Lern-, Informations- und Arbeitskooperations-System. ILIAS ist ein Lernmanagementsystem und wird seit 2000 von einer großen Community entwickelt und von einer Vielzahl von Schulen, Hochschulen und Unternehmen zur Erstellung und Darstellung von Lernmaterial und zur Durchführung von Onlineprüfungen eingesetzt.

Stud.IP e.V.

Der gemeinnützige Stud.IP e.V. vertritt die Entwicklungscommunity und die Software „Stud.IP“, eine Abkürzung für Studienbegleitender Internetsupport von Präsenzlehre. Stud.IP ist ein Lernmanagementsystem und wird seit 2000 von einer großen Community entwickelt und von einer Vielzahl von Schulen, Hochschulen und Unternehmen zur Organisation von Verwaltung und zur Unterstützung der Präsenzlehre (blended Learning) eingesetzt.

Moodle Hochschulcommunity

Die Moodle Hochschulcommunity ist ein Verbund der Hochschulen, die das Kursmanagementsystem Moodle einsetzen. Moodle steht für Modular Object-Oriented Dynamic Learning Environment und wurde 2000 von dem australischen Lehrer Martin Dougiamas erfunden. Seitdem hat sich eine weltweite Moodle-Community gebildet, die gemeinsam die Software weiterentwickelt. In Deutschland ist Moodle insbesondere an Schulen und Hochschulen im Einsatz.

Bildungsportal Sachsen GmbH

Die Bildungsportal Sachsen GmbH ist ein Unternehmen der sächsischen Hochschulen, dass eine digitale Infrastuktur bereitstellt. Das Bildungsportal selbst nutzt eine Software namens OPAL, die auf einem Derivat der Open-Source-Software OLAT basiert. OLAT steht für Online Learning And Training, ist ein Lernmanagemensystem und wird seit 1999 von einer Community um die Universität Zürich entwickelt. In Deutschland wird OLAT neben Sachsen auch flächendeckend als Virtueller Campus in Rheinland-Pfalz eingesetzt.

Hochschulforum Digitalisierung

Das Hochschulforum Digitalisierung ist ein öffentlich finanzierter Think Tank, der seit 2014 in enger Zusammenarbeit mit Politik und Hochschulen die Digitalisierung an deutschen Hochschulen voranbringen soll. Ein Arbeitsmittel sind sog. „Community Working Groups“, die zu bestimmten Themen arbeiten. Aus der Arbeitsgruppe „Lernmanagementsysteme“ ging die gemeinsame Erklärung hervor. 

Lernmanagementsysteme

Lernmanagementsysteme (LMS) oder auch Bildungsplattformen diesen der Unterstützung von Prozessen von Lehre, Lernen und Verwaltung im Bildungsbereich. Sie sind das Rückgrat der Digitalisierung der Bildungslandschaft, die in Deutschland besonders anspruchsvoll ist.

Open-Source-Lernmanagementsysteme werden in Deutschland an 90 Prozent aller Hochschulen eingesetzt.

Open-Source-Software

Freie und offene Software (Free Open Source Software, FOSS) ist frei von Lizenzkosten. Der Quellcode ist jederzeit einsehbar, die Software darf verändert und angepasst werden. Communitybasierte Open-Source-Software wird von vielen Expertinnen und Experten und Einrichtungen gemeinschaftlich und gemeinsam entwickelt.

Das Gegenstück dazu ist proprietäre Software, deren Quellcode nicht einsehbar ist und/oder für deren Nutzung Lizenzen erworben werden müssen. Dazwischen angesiedelt ist corporative Open-Source-Software, die nur von einem Unternehmen entwickelt wird und deren Quellcode oft erst nach Kauf einer Lizenz einsehbar ist.