Ob strukturiert oder spielerisch, analog oder digital – gutes Lernen lebt von Vielfalt. Doch wie gestaltet man Trainings, in denen sich Babyboomer ebenso wohlfühlen wie die Gen Z? In ihrer Session auf der LEARNTEC 2025 geben Inga Geisler und Julia Hartinger konkrete Antworten. Sie zeigen, wie durch generationensensible Raumgestaltung, intuitive Tools und methodische Offenheit Lernräume entstehen, die Austausch und Entwicklung fördern. Im Gespräch teilen sie Erfahrungen aus der Praxis – und zeigen, wie eine Kultur gegenseitiger Wertschätzung entsteht, die den Lernerfolg nachhaltig stärkt.
eLearning Journal: Guten Tag Frau Hartinger und Frau Geisler. Würden Sie sich zum Start kurz vorstellen und uns einen Einblick in Ihre derzeitige Tätigkeit und Ihren Bezug zum Thema generationsübergreifendes Lernen geben?
Gerne! Wir – Inga Geisler und Julia Hartinger – beschäftigen uns seit mehreren Jahren intensiv mit den Chancen und Herausforderungen des generationsübergreifenden Lernens. Ich, Inga Geisler, bin Trainerin, Moderatorin und eine der Pionierinnen für Live-Online-Trainings in Deutschland. Seit über 20 Jahren bilde ich Trainer:innen in Präsenz-, Online- und hybriden Formaten aus und begleite Unternehmen bei der digitalen Transformation von Lernprozessen. Und ich, Julia Hartinger, arbeite seit fünf Jahren als Produkt- und Projektmanagerin im Bereich Trainer Excellence bei DB Training, Learning & Consulting. Meine pädagogische Expertise aus rund zehn Jahren praktischer Erfahrung im Personalentwicklungs-bereich bringe ich insbesondere in der Entwicklung und Durchführung aktivierender, interaktiver und kollaborativer Trainings- und Austauschformate ein. Eine systemische und offene Haltung prägt dabei meine tägliche Arbeit mit Lernenden und Kolleg:innen. Unser gemeinsamer Bezug zum Thema: In unseren jeweiligen Kontexten erleben wir tagtäglich, wie verschiedene Generationen im Lernraum aufeinandertreffen – mit unterschiedlichen Werten, Kommunikationsstilen, Lernpräferenzen und Technikerfahrungen.
eLearning Journal: In Ihrem Vortrag geht es um das gemeinsame Lernen von Boomer bis Gen Z. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede in den Lernbedürfnissen und -gewohnheiten der verschiedenen Generationen?
Aus unserer Sicht zeigen sich die größten Unterschiede vor allem in zwei Bereichen: dem Umgang mit digitalen Tools und der Erwartung an die Lernkultur. Ältere Generationen wie die Babyboomer bevorzugen oft strukturierte Lernformate mit klaren Anleitungen und nachvollziehbaren Abläufen. Sie sind das so aus ihren früheren Lernsituationen gewohnt. Diese Generation ist für alle Beteiligten ein „Schatz“. Denn sie bringen viel Erfahrungswissen mit, das sie gerne weitergeben. Auch die persönliche Beziehung zur/zum Trainer:in spielt für sie eine große Rolle. Die Generation X schätzt praxisnahe, flexible Lernformate und bringt häufig schon ein hohes Maß an Eigenverantwortung ins Lernen mit. Sie bewegt sich meist sicher in hybriden Settings, in denen digitale und analoge Elemente kombiniert werden. Die Generation Y (Millennials) ist stark an kollaborativem und sinnorientiertem Lernen interessiert. Sie legt Wert auf Austausch, Feedback und einen sichtbaren Nutzen für die eigene Entwicklung. Digitale Tools sind für sie selbstverständlicher Bestandteil des Lernens. Die Generation Z schließlich ist mit digitalen Technologien aufgewachsen. Sie bevorzugt interaktive, visuell aufbereitete Inhalte und schnelle, situative Wissenszugänge. Gleichzeitig ist bei ihr der Wunsch nach Selbstbestimmung und Individualisierung im Lernprozess besonders ausgeprägt, ebenso wie ein hoher Anspruch an Erlebnisse und emotionale Bindung im Lernsetting.
eLearning Journal: Sie sprechen in Ihrem Vortrag von Lernräumen, in denen sich alle Generationen wohlfühlen und voneinander profitieren können. Wie sehen solche Lernräume konkret aus – und worauf kommt es bei der Gestaltung besonders an?
Wenn wir die räumliche Gestaltung betrachten, achten wir darauf, dass sich alle Generationen wohl fühlen. Z. B. haben wir festgestellt, dass manchen Teilnehmenden – egal welcher Generation – ein Tisch in der Nähe des Sitzplatzes wichtig ist. Sie stellen dort ihre Getränke ab und machen sich Notizen. Reine Stuhlkreise sind für sie nicht hilfreich. So sehen wir zu, dass direkt hinter dem Stuhlkreis (wenn es dieses Bestuhlungsformat sein soll) jeweils ein Tisch angrenzt. Wenn es die Raumgröße zulässt, sind Sofaecken oder Stehtische in einem Teil des Raumes (oder anderen Bereichen der Bildungseinrichtung) eine willkommene Abwechslung, so dass verschiedene Perspektiven eingenommen werden können. So tragen wir dem Bedürfnis nach Austausch und gemeinsamen Erfahrungen Rechnung. Betrachten wir Lernräume aus methodischer Sicht, beobachten wir, dass die älteren Generationen eher schriftliche Unterlagen oder Präsenzformate schätzen, während die jüngeren Generationen eher digitale Medien und einen hohen Anteil an Gamification Anteilen bevorzugen.
eLearning Journal: Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, mit sehr heterogenen Zielgruppen zu arbeiten. Wie gelingt es Ihnen, Formate und Tools so auszuwählen, dass sowohl Digital Natives als auch Digital Immigrants abgeholt werden?
Uns ist es wichtig, digitale Barrieren möglichst niedrig zu halten – sowohl für Digital Natives als auch für Digital Immigrants. Dabei setzen wir auf drei zentrale Strategien: intuitive Tools, unterstützende Begleitmaßnahmen und bewusste Methodengestaltung. Bei der Auswahl von Tools achten wir besonders darauf, dass sie leicht verständlich und barrierearm für eine interaktive Beteiligung sind. Häufig werden in den Unternehmen Lernmanagement-Systeme oder Kollaborationsplattformen eingesetzt. Hier ist eine gute Einführung in die Nutzung und eine intuitiv bedienbare Struktur wichtig, um zu verhindern, dass Lernangebote- oder Medien im „Nirvana“ der Plattform verschwinden. Begleitend bieten wir Einstiegshilfen, z. B. durch kurze Erklärvideos, Handouts oder persönliche Unterstützung im Training. Besonders hilfreich sind auch Peer-Learning-Ansätze: Teilnehmende unterstützen sich gegenseitig, z. B. in Generationen-Tandems. Didaktisch setzen wir auf Vielfalt: Neben digitalen Impulsen und Tools gibt es auch klassische Austauschformate wie World Cafés, Gruppenarbeiten oder analoge Kreativmethoden. So ermöglichen wir Zugänge für unterschiedliche Lernpräferenzen und Erfahrungsniveaus. Unser Ziel ist es, eine Lernumgebung zu schaffen, in der sich alle sicher und angesprochen fühlen – unabhängig davon, wie digital-affin sie sind.
eLearning Journal: Welche Rolle spielt die innere Haltung – also das Mindset – beim generationsübergreifenden Lernen? Und wie lässt sich eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung gezielt fördern?
Die innere Haltung ist aus unserer Sicht der Schlüssel für gelingendes generationsübergreifendes Lernen. Denn unabhängig von Methoden und Tools entscheidet vor allem die Haltung darüber, ob Menschen bereit sind, voneinander zu lernen – auch wenn die Perspektiven, Erfahrungen oder Lerngewohnheiten unterschiedlich sind. Ein förderliches Mindset zeigt sich z. B. in Offenheit, Neugier und Respekt gegenüber Mitlernenden. Wer bereit ist, eigene Vorannahmen zu hinterfragen und sich auf neue Sichtweisen einzulassen, kann von der Vielfalt im Lernraum wirklich profitieren. Besonders im Training bedeutet das, dass wir darauf achten, ob jemand bewertet oder eine reine Beobachtung wiedergibt. Vielen ist der Unterschied gar nicht bewusst. Daher sind Aspekte zum Thema „Kommunikation“ in vielen unserer Trainingsangebote enthalten. Damit eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung entsteht, braucht es gezielte Impulse – sowohl strukturell als auch auf Beziehungsebene. Wir arbeiten mit Methoden, die Perspektivwechsel ermöglichen (z. B. „Generationen-Dialog“ oder Rollenspiele) und fördern den aktiven Austausch in altersgemischten Gruppen. Auch das Sichtbarmachen von Stärken jeder Generation – z. B. Erfahrungswissen versus Innovationskraft – trägt zur gegenseitigen Anerkennung bei. Wichtig ist uns außerdem die Rolle der Trainer:innen als Vorbilder: Wer selbst eine systemische, wertschätzende Haltung lebt und verschiedene Perspektiven integriert, schafft automatisch einen Lernraum, in dem Vielfalt willkommen ist. Das stärkt nicht nur das Miteinander, sondern auch den Lernerfolg.
eLearning Journal: Ihr Vortrag verspricht spannende Praxisbeispiele und konkrete Lösungsansätze. Warum sollte man sich Ihren Vortrag auf der LEARNTEC auf keinen Fall entgehen lassen?
Wir zeigen, wie Lernen über Generationengrenzen hinweg nicht nur möglich, sondern bereichernd und zukunftsweisend ist. Unser Vortrag ist keine theoretische Abhandlung, sondern praxiserprobt, lebendig und voller konkreter Ansätze, die direkt in Trainingsalltag und Unternehmenspraxis übertragbar sind. Wir geben Einblicke in reale Trainingssituationen, zeigen Tools und Methoden, die funktionieren – und benennen ehrlich auch Stolpersteine. Wer nach Ideen sucht, wie Digital Natives und Digital Immigrants gemeinsam lernen, wie Vielfalt im Lernraum gestaltet und wie gegenseitige Wertschätzung konkret gefördert werden kann, ist bei uns genau richtig.
Vortrag: Wie Boomer bis Gen Z nachhaltig zusammen lernen
Zeit: 06.05.2025, 15:00 – 15:45 Uhr
Ort: Konferenzsaal 10/11
Kontakt der Referent:innen:
Inga Geisler
Inhaberin
Inga Geisler_human.digital.learning
Julia Hartinger
Produkt-/Projektmanagerin
DB Training, Learning & Consulting
julia.hartinger@deutschebahn.com