Gamification trifft Category Management: Lernen mit KPIs, Wettbewerb und VR-Brille

Wie motiviert man Studierende, sich mit komplexen Handelskonzepten zu befassen? Die Hochschule Ruhr West hat eine überraschende Antwort: Mit einem VR-Supermarkt, Echtzeit-Kennzahlen und einem gesunden Maß an Gamification. In ihrer Session auf der LEARNTEC 2025 berichten Prof. Dr. Julia Thalmann und Tessa Thomas-Dingemann, wie sie durch immersive Simulationen wirtschaftliches Denken, Teamarbeit und kritisches Reflektieren gleichermaßen fördern – und warum Virtual Reality für das Retail-Marketing der Zukunft nicht mehr wegzudenken ist.

eLearning Journal: Guten Tag Frau Prof. Dr. Thalmann und Frau Thomas-Dingemann. Bevor wir inhaltlich einsteigen – stellen Sie sich und Ihre Tätigkeit an der Hochschule Ruhr West doch bitte kurz vor.

Julia Thalmann: Guten Tag und vielen Dank für die Einladung zum Interview. Wir arbeiten beide an der Hochschule Ruhr West im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. In der Lehre liegt unser Schwerpunkt auf den Themen Handel, E-Commerce & Marketing.

Tessa Thomas-Dingemann: In all unseren Lehr-Modulen liegt der Fokus auf innovativen Lehrformaten. Das heißt, wir wollen Studierende auf die Herausforderungen des Handels von morgen vorbereiten. Das geht nur mit einem starken Blickwinkel auf die Praxis.

Julia Thalmann: Gleichzeitig setzen wir auf modernste Technologien wie Virtual Reality und Eye-Tracking. Dafür haben wir Labore wie das „VR-Labor Handel“ und das „Usability & Interaction Lab“ aufgebaut. Die Studierenden müssen sich an der Hochschule mit Zukunftstechnologien befassen, denn hier können sie das theoretische Wissen durch realitätsnahe Erfahrungen erlernen und erleben. Nur so können wir nachhaltiges Lernen fördern.

eLearning Journal: In Ihrem Vortrag sprechen Sie über ein innovatives Lehrkonzept, das Virtual Reality und Gamification im Retail-Marketing kombiniert. Was genau erwartet die Besucher:innen Ihres Vortrags – und was macht den Ansatz so besonders?

Tessa Thomas-Dingemann: Unser Vortrag trägt den Titel „Die Zukunft des Retail-Marketings: Lernen neu gedacht mit Virtual Reality und Gamification“. Wir geben Einblicke in ein äußerst zukunfts-orientiertes Lehrkonzept, das theoretische Inhalte in greifbare, immersive Lernerfahrungen übersetzt.

Julia Thalmann: Besucher: innen können erwarten in eine realitätsnahe, virtuelle Supermarktumgebung einzutauchen. Eine Besonderheit ist der Einsatz von Gamification: Studierende übernehmen spielerisch die Rolle eines Category Managers und lösen äußerst praxisrelevante Aufgaben. Eine weitere Besonderheit ist der kollaborative Austausch. Wir regen die Teilnehmenden dazu an, ihre Erfahrungen zu reflektieren und diese gemeinsam zu diskutieren.

Tessa Thomas-Dingemann: Konkret heißt das: In der Supermarktumgebung optimieren die Studierenden die Regalbelegung mit Produkten. Das sind sogenannte Planogramme. Wichtig dabei: sie messen ihren Erfolg an Echtzeit-KPIs wie Absatz oder Umsatz. Die Integration von Gamification fördert Motivation und Wettbewerb. Zugleich bildet das sehr gut die Realität des datengetriebenen Handels ab.

eLearning Journal: Der Kurs vermittelt Shopper-Marketing-Konzepte durch immersive VR-Erfahrungen. Wie gelingt es dabei, theoretische Inhalte greifbar zu machen und das Verständnis für komplexe Zusammenhänge im Merchandising zu vertiefen?

Julia Thalmann: Zunächst werden im Kurs die Grundlagen des Shopper-Marketings und natürlich auch insbesondere die Prinzipien der Regaloptimierung theoretisch vermittelt. Hier sind bereits Praxisbeispiele aus der Handelslandschaft integriert. In der anschließenden VR-Session arbeiten die Studierenden dann in ihrer Rolle als Category Manager.

Tessa Thomas-Dingemann: Das heißt sie haben die Aufgabe ein Regal zu bestücken. Bei der Durchführung müssen sie Schwachstellen identifizieren und die Kategorie anhand definierter Kriterien wie Sichtbarkeit, Profitabilität, Markenlogik und Shopper-Verhalten optimieren.

Julia Thalmann: Durch die aktive Anwendung in einem virtuellen Umfeld – mit Bewegung, Echtzeit-KPIs und direkter Entscheidungsfreiheit – werden komplexe Zusammenhänge greifbar. Die Theorie wird erlebbar gemacht. Dadurch erreichen wir ein tieferes Verständnis wie das Zusammenspiel von Sortiment, Platzierung, Datenanalyse und Konsumentenverhalten funktioniert.

eLearning Journal: Besonders spannend ist der Einsatz von Echtzeit-KPI-Tracking im sogenannten „Merchandising-Spiel“. Welche Kompetenzen werden damit gezielt geschult – und inwiefern spiegelt die Realität im Einzelhandel breiter wider?

Tessa Thomas-Dingemann: Das Echtzeit-KPI-Tracking bildet das Herzstück der Gamification. Die Studierenden erhalten sofort Rückmeldung zu ihren Maßnahmen und sehen direkt, wie sich ihre Regalgestaltung auf Umsatz, Marge und Absatz auswirkt.

Julia Thalmann: Dieses unmittelbare Feedback stärkt wirtschaftliches Verständnis und fördert die Analysefähigkeiten sowie das strategische Denken. Zugleich simuliert es reale Entscheidungsprozesse im Category Management, einem Bereich, in dem datenbasierte Entscheidungen und schnelle Anpassungen essenziell sind.

Tessa Thomas-Dingemann: Die Teilnehmenden erleben die Wirkung ihrer Maßnahmen im Kontext echter Retail-Kennzahlen – ein intensives, praxisnahes Training, das optimal auf spätere Tätigkeiten im Handel vorbereitet.

eLearning Journal: Inwiefern fördert das Format auch überfachliche Fähigkeiten wie Teamarbeit und kritisches Denken? Und wie werden Reflexion und Feedback in das Gesamtkonzept integriert?

Julia Thalmann: Gesamthaft ist das VR-Modul ist in fünf Phasen gegliedert, die aufeinander aufbauen. In der ersten Phase wird das Wissen vermittelt. Das heißt, was ist meine Rolle als Category Manager, was bedeuten die KPIs und welches Wissen brauche ich zur Kategorie und zum Handel. Im zweiten Schritt müssen wir in die Technik einführen: technologische Anpassung wird von jedem zukünftigen Absolvierenden erwartet.

Tessa Thomas-Dingemann: Dann kommt das immersive Spiel, die dritte Phase. Zwei Studierende haben immer parallel die Aufgabe in ihrer VR-Welt das Regal zu optimieren, also als Category Manager ihr Bestes zu geben. In Phase vier geht es über in die Teamarbeit. Es werden gemeinsam die erzielten Ergebnisse eines jeden Spielers anhand von KPIs erläutert und das Vorgehen wird festgehalten. In der letzten Phase folgt die kritische Reflexion, das heißt jeder muss seine Erkenntnisse vorstellen und gemeinsam werden die Ergebnisse schlussendlich diskutiert.

Julia Thalmann: Diese strukturierte Abfolge fördert die Problemlösungs- und Feedbackkompetenz der Studierenden. Wer etwas selbst durchgeführt hat, kann es auch besser reflektieren und schließlich argumentieren. Die KPIs erlauben uns zusätzlich einen spielerischen Wettbewerb zwischen den Teams einzubauen. Das Format kombiniert also inhaltliche Tiefe mit interaktivem, aber auch kooperativem Lernen und ist somit ein zukunftsweisender Ansatz für die Lehre.

eLearning Journal: Für welche Zielgruppen ist Ihr Vortrag besonders interessant – und warum sollte man sich Ihre LEARNTEC-Session auf keinen Fall entgehen lassen?

Tessa Thomas-Dingemann: Unsere Session richtet sich an Lehrkräfte, die in Aus- und Weiterbildung aktiv sind. Ebenso sprechen wir Studierende, Technikbegeisterte, Bildungsinnovator: innen an. Auch für Fachleute aus dem Handel wird der Vortrag sehr interessant sein.

Julia Thalmann: Kurzum, unser Vortrag bietet Inspiration für die Lehre von morgen: Wir zeigen wie man Studierende auf ein datengetriebenes, dynamisches Handelsumfeld vorbereitet. Wer also erfahren möchte, wie moderne Technologien das Lernen praxisnah, interaktiv und effektiv gestalten können, ist hier genau richtig.


Vortrag: Die Zukunft des Retail-Marketings: Lernen neu gedacht mit Virtual Reality und Gamification
Zeit: 07.05.2025, 16:45 – 17:30 Uhr
Ort: Konferenzsaal 10/11

Kontakt der Referent:innen:

Julia Thalmann
Professorin für Allgemeine BWL, Handel & E-Commerce
Hochschule Ruhr West

julia.thalmann@hs-ruhrwest.de

 

 

 

Tessa Thomas-Dingemann
Lehrkraft & Beraterin
Hochschule Ruhr West

tessa.dingemann@hs-ruhrwest.de