Integration neu gedacht
Wie eine digitale Lernplattform Geflüchtete auf den Arbeitsmarkt vorbereitet
Die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in Zeiten wachsender Digitalisierung und Mobilitätsanforderungen. Mit der Einführung einer digitalen Lernplattform hat socialbee innovative Bildungsansätze etabliert, die sowohl geografische Barrieren überwinden als auch durch interaktive Formate den Lernerfolg signifikant steigern. Das Projekt hebt sich durch die Skalierbarkeit der Schulungen und die Förderung von selbstgesteuertem und kollaborativem Lernen hervor – ein Modell, das neue Maßstäbe in der Qualifizierung für den Arbeitsmarkt setzt.
socialbee ist ein Sozialunternehmen, das seit 2016 innovative Lösungen für die Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt bietet. Neben praxisorientierten Fachschulungen und Soft-Skill-Trainings begleitet socialbee die Teilnehmenden über den gesamten Integrationsprozess hinweg, einschließlich Jobvermittlung und anschließender Betreuung. Mit über 300 erfolgreich qualifizierten Teilnehmenden pro Jahr ist das Unternehmen zu einem zentralen Akteur in diesem Bereich geworden.
Die Integration von Geflüchteten steht jedoch vor einer Reihe struktureller und gesellschaftlicher Herausforderungen: Präsenztrainings erforderten bislang große organisatorische und logistische Aufwände, da sie an wenigen festen Standorten wie München und Stuttgart durchgeführt wurden. Hinzu kommt, dass viele Teilnehmende über geringe IT-Kenntnisse verfügen und nur eingeschränkt auf traditionelle Bildungsressourcen zugreifen können. Diese Rahmenbedingungen erschwerten nicht nur eine flächendeckende Skalierung des Bildungsangebots, sondern auch die notwendige Flexibilität, um auf die individuellen Bedürfnisse der Zielgruppe einzugehen. Durch die COVID-19-Pandemie wurde die Situation zusätzlich verschärft: Präsenztrainings konnten nur noch eingeschränkt durchgeführt werden, und der Bedarf an digitalen, ortsunabhängigen Weiterbildungsformaten stieg stark an. Aus diesen Gründen setzte socialbee in Kooperation mit 360Learning ein umfassendes Projekt zur Etablierung einer digitalen kollaborativen Plattform um, mit der kontinuierliche berufliche Weiterbildung möglichst ortsunabhängig und skalierbar ermöglicht werden sollte.
Lernbedarfe
Das eLearning-Projekt von socialbee hatte klare Ziele, die auf die besonderen Anforderungen der Zielgruppe und die strukturellen Herausforderungen der Arbeitsmarktintegration abgestimmt waren. Im Mittelpunkt stand die Skalierung des Bildungsangebots, um Geflüchteten unabhängig von ihrem Wohnort Zugang zu hochwertigen Weiterbildungsprogrammen zu ermöglichen. Als sekundäres Ziel sollte im Rahmen des Projekts außerdem die Abschlussquote erhöht werden, um den Lernerfolg messbar zu verbessern.

Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der Entwicklung einer benutzerfreundlichen digitalen Lernplattform, die sowohl technisch wenig versierte Teilnehmende als auch solche mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen einbindet. Die Plattform sollte intuitiv bedienbar sein, mehrsprachige Inhalte bieten und auf mobilen Geräten genauso funktionieren wie auf Computern. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts war die Förderung des kollaborativen Lernens. Durch den Wissensaustausch innerhalb von Lerngruppen und die Bildung von Communities, die auch nach Abschluss der Programme bestehen bleiben, sollte den Teilnehmenden die langfristige Chance geboten werden, von- und miteinander zu lernen sowie Feedback zu geben und erhaltenes Feedback umzusetzen. Diese soziale Komponente wurde ergänzt durch personalisierte Lernpfade, die auf die individuellen Fähigkeiten und Ziele der Teilnehmenden abgestimmt sind.
Abschließend zielte das Projekt darauf ab, die Ausbildungskapazitäten zu vervielfachen, ohne zusätzliche Ressourcen in Form von Trainer:innen oder Präsenzangeboten zu benötigen. Dies machte die Digitalisierung der Schulungen zu einem entscheidenden Hebel, um innerhalb von fünf Jahren das Volumen der Teilnehmenden von derzeit 500 auf bis zu 5.000 Personen jährlich zu erhöhen.
Projektverlauf
Das Projekt wurde in mehreren strukturierten Phasen umgesetzt, die eng an den Anforderungen der Organisation und der Zielgruppe ausgerichtet waren. Die Verantwortung für das Projekt lag zunächst beim neu gegründeten Tech-Team, das durch seine Expertise in der Toolauswahl und die Leitung durch eine erfahrene Tech-Leiterin optimale Rahmenbedingungen für den Erfolg schuf. Ein zentraler Erfolgsfaktor war die aktive Einbindung der Trainer:innen in das Projektteam. Diese brachten wertvolle Perspektiven ein, um sicherzustellen, dass das System sowohl den Bedürfnissen der Lernenden als auch den Anforderungen der Trainer:innen gerecht wurde.
Zu Beginn wurden die Anforderungen an die digitale Plattform gemeinsam mit den Trainer:innen
erarbeitet. Nach einer ausführlichen Testphase, in der mehrere Lösungen evaluiert wurden, fiel die Wahl auf 360Learning. Die Plattform konnte innerhalb von zwei bis drei Wochen eingerichtet werden. Anschließend migrierten die Trainer:innen die bestehenden Lerninhalte und gestalteten neue Lernpfade, die gezielt auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zugeschnitten waren.

Die Umsetzung des Projekts folgte einem agilen Ansatz, der auf einem flexiblen Projektplan basierte. Dieser ermöglichte es, den Fortschritt kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf anzupassen. Regelmäßige wöchentliche Check-ins innerhalb des Projektteams stellten sicher, dass Herausforderungen frühzeitig identifiziert und notwendige Änderungen zeitnah umgesetzt wurden. Wichtige Meilensteine und Entscheidungen wurden im wöchentlichen Turnus an die Führungsebene kommuniziert, um Transparenz und Unterstützung auf allen Ebenen zu gewährleisten.
Während des Projekts traten jedoch auch Herausforderungen auf. Ein wesentlicher Stolperstein war die Doppelbelastung der Trainer:innen, die parallel zu ihrer Mitarbeit im Projekt weiterhin in den operativen Schulungsbetrieb eingebunden waren. Um Überlastungen zu vermeiden, wurde die Zeitplanung des Projekts flexibel gestaltet und regelmäßig angepasst.
Die Pilotphase des Projekts bot wertvolle Erkenntnisse, um die Plattform weiter zu optimieren. Nach jeder Programmrunde fanden Feedbackrunden statt, in denen Verbesserungsvorschläge gesammelt und direkt umgesetzt wurden, wenn dies sinnvoll erschien. Größere Änderungen wurden in enger Zusammenarbeit mit 360Learning vorgenommen, um die Lernerfahrung für die Nutzer:innen kontinuierlich zu verbessern.
Das Rollout der Plattform wurde durch interne Kommunikationsmaßnahmen unterstützt. Regelmäßige Updates in den monatlichen All-Hands-Meetings sowie Ankündigungen über interne Kanäle wie Slack sorgten für eine breite Akzeptanz im Unternehmen. Die Trainer:innen wurden durch Schulungen über die 360Learning Akademie intensiv vorbereitet, während die Teilnehmenden eine Einführung in die Plattform erhielten. Diese Maßnahmen führten zu einer nahezu vollständigen Nutzung der Plattform durch die Lernenden und trugen wesentlich zum erfolgreichen Rollout bei.
Projektergebnis
Im Rahmen des Projekts ist eine skalierbare, digitale Lernplattform entstanden, die Geflüchtete effizient und nachhaltig auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Durch die Implementierung von 360Learning wurden geografische und organisatorische Barrieren überwunden, sodass Teilnehmende aus über 20 Städten der DACH-Region Zugang zu hochwertiger beruflicher Bildung erhalten. Seit der Einführung im Mai 2023 konnten bereits 450 Teilnehmende erfolgreich geschult werden. Die Abschlussquote stieg von 60 % auf beeindruckende 85 %, was die Effektivität des digitalen kollaborativen Lernansatzes eindrucksvoll unterstreicht. Auch die Skalierung des Angebots war ein wesentlicher Erfolg: Während zuvor nur zwei Berufsbilder geschult wurden, deckt das Programm nun zehn Berufsbilder gleichzeitig ab, bei einer Teilnehmerkapazität von über 100 Personen pro Kurs – ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu den vorherigen maximal 30 Teilnehmenden.
Doch auch konzeptionell setzte das Projekt neue Maßstäbe, indem es einen einzigartigen Ansatz für hybride Trainings entwickelte. Neben der Vermittlung von Fachwissen standen Soft-Skills und individuelle Lernbedürfnisse im Fokus – eine Kombination, die in diesem digital-professionalisierten Format bislang selten umgesetzt wurde. Anders als viele rein digitale Programme, die oft nur technische Fähigkeiten abdecken, passte sich das Projekt gezielt an die Bedürfnisse von Teilnehmenden mit Migrationshintergrund an. Dabei ermöglichte die hybride Struktur nicht nur geografische und zeitliche Unabhängigkeit, sondern förderte auch den direkten Einsatz des Gelernten im Job durch realitätsnahe Beispiele. Die Bereitstellung kostenfreier Hardware – darunter Tablets mit Internetzugang – sowie die aktive Einbindung der Alumni über Foren- und Feedbackfunktionen und ihre Organisation in lebendigen Lerner-Communities schufen zusätzliche Erfolgsgaranten.
Die erzielten Erfolge bilden die Basis für eine zukunftsorientierte Skalierung, denn socialbee plant, die Zahl der Teilnehmenden in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 5000 jährlich zu steigern. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Plattform und regelmäßige Aktualisierung der Inhalte sorgen dafür, dass das Programm flexibel bleibt und sich den wechselnden Anforderungen des Arbeitsmarktes anpasst.
Fazit
Das eLearning-Projekt von socialbee zeigt eindrucksvoll, wie digitale Bildungsplattformen und interaktive und kollaborative Lernformate genutzt werden können, um komplexe gesellschaftliche Herausforderungen wie die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt nachhaltig zu adressieren. Durch die Kombination aus praxisnahen interaktiven Inhalten, kollaborativen Lernmethoden und einer benutzerfreundlichen digitalen Infrastruktur wurde eine skalierbare Lösung geschaffen, die geografische und organisatorische Hürden überwindet und den Lernerfolg signifikant steigert.
Darüber hinaus unterstreicht das Projekt, wie durch gezielte Investitionen in digitale Infrastruktur, etwa die Bereitstellung von Endgeräten und die Integration moderner Lernformate, eine nachhaltige und zukunftssichere Weiterbildung geschaffen werden kann. Vor diesem Hintergrund verleiht die Jury des eLearning Journals den beiden Projektpartnern der socialbee gGmbH und 360Learning den eLearning AWARD 2025 in der Kategorie „Lernplattform“ mit dem Schwerpunkt „Usability“. Herzlichen Glückwunsch!
Key Take-aways
Ausgangssituation:
- Schulungen waren auf Präsenzstandorte beschränkt, wodurch geografische Barrieren und geringe Skalierbarkeit entstanden.
- Geringe digitale Kompetenzen der Zielgruppe und begrenzte Trainerkapazitäten schränkten Reichweite und Lernerfolg ein.
Projektziel:
- Aufbau einer skalierbaren digitalen Lernplattform zur Erhöhung der Flexibilität und geografischen Reichweite.
- Steigerung der Abschlussquote durch hybride kollaborative Lernformate und interaktive Inhalte.
Umsetzung:
- Implementierung der Plattform 360Learning und Entwicklung interaktiver Lernpfade innerhalb von drei Wochen.
- Pilotphase zur Optimierung von Inhalten und Usability, gefolgt von der Bereitstellung von Endgeräten und einem vollständigen Rollout.
Messung:
- Abschlussquote stieg auf 85 %, und die Teilnehmerzahl pro Kurs wurde von 30 auf über 100 erhöht.
- Qualitatives Feedback und geringe Support-Anfragen bestätigten die hohe Usability und Wirksamkeit des Programms
Projektverantwortliche
Social-Bee gGmbH
St-Martin-Str. 106
81669 München
www.socialbee.org
Lucia Schuler
Project Lead
platform@social-bee.de
Sabrina Kleiner
Team Lead L&D
platform@social-bee.de
Dr. Sajida Afzal
Senior L&D Expert
platform@social-bee.de
Alex Zwerger
IT Systems Specialist
platform@social-bee.de
Elissa Fontaine-Nemoto
Head of Digital & Tech
platform@social-bee.de
360Learning
Christina Wilhelm
Customer Success Partner
marketing@360learning.com
Stephanienstraße 94
76133 Karlsruhe
360learning.com/de