Digitalisierung auf Schienen
Blended Learning bei den Wiener Linien: Eine Erfolgsgeschichte für die U6-Ausbildung
Mit 2,2 Millionen Fahrgästen täglich, sind die Wiener Linien unverzichtbar für die Mobilität in Wien und damit eines der größten deutschsprachigen Unternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr. Die Anforderungen an die Ausbildung des Fahrpersonals sind entsprechend hoch und umfassen ein breites Spektrum an Fähigkeiten. Auch im öffentlichen Nahverkehr ist die Digitalisierung auf dem Vormarsch und bietet neue Möglichkeiten, Ausbildungskonzepte flexibler, kosteneffizienter und gleichzeitig zielgerichteter zu gestalten. Gemeinsam mit Knowledge Markets haben die Wiener Linien mit ihrer innovativen U6-Grundausbildung für das Fahrpersonal den Weg von analoger zu digitaler Ausbildung erfolgreich eingeschlagen. Das Projekt zeigt nicht nur, wie Blended Learning die Ausbildungsqualität hebt, sondern legt ein solides Fundament für die digitale Transformation in der Verkehrsbranche.
Die betriebliche Ausbildung bei den Wiener Linien stellt sicher, dass alle Fahrer:innen, die täglich 2,2 Millionen Fahrgästen in und durch Wien transportieren, bestens geschult und vorbereitet sind. In einem komplexen und eng getakteten Mobilitätssystem, das die Sicherheit und Effizienz des öffentlichen Verkehrs gewährleistet, ist die fundierte Ausbildung des Fahrpersonals ein wesentlicher Baustein. Die Anforderungen sind hoch: Betriebsvorschriften, spezielle Signalvorschriften, technische Besonderheiten der U6 (eine Sonderform der U-Bahn in Wien) bis hin zu klarer Kommunikation und situativem Problemlösen in Stresssituationen.
Die Digitalisierung erfasst auch die betrieblichen Ausbildungsbereiche und moderne Lernmethoden wie Blended Learning und ist inzwischen die Norm. Für die Wiener Linien und Knowledge Markets bedeutete dies, neue Ausbildungsansätze für spezifische Herausforderungen zu entwickeln – insbesondere für das Fahrpersonal der U-Bahn-Linie U6. Diese Linie U6 verbindet Elemente einer U-Bahn mit Besonderheiten von Straßenbahnen und erfordert dadurch eine spezielle Qualifizierung. Es galt eine Lösung zu finden, die sich optimal in die bestehenden Strukturen und Ausbildungsprogramm integrieren lässt. Das Ziel war den Wissenserwerb zu sichern und dabei den Lernenden ein modernes Lernumfeld mit viel Praxisbezug zu bieten.

Lernbedarfe
Die Ausbildung des Fahrdienstes bei den Wiener Linien ist durch hohe Sicherheits- und Qualitätsstandards geprägt. Gerade für die U6, deren Betrieb besondere technische Anforderungen und Abläufe umfasst, besteht ein großer Bedarf an fachspezifischem Wissen und Kenntnisse von Abläufen. Daher müssen angehende Fahrer:innen nicht nur die technische Handhabung der Fahrzeuge beherrschen, sondern auch schnell und sicher in unvorhersehbare Situationen reagieren können – ein Lernziel, das neben technischem Know-how ein intensives Training in realitätsnahen Szenarien erfordert.
Zusätzlich nimmt der Bedarf an digitalen Lernmethoden zu, die den Ausbildungsprozess flexibler und effizienter gestalten. Viele der Auszubildenden haben unterschiedliche berufliche Hintergründe und benötigen eine klare und gleichzeitig anpassbare Struktur, die individuelle Lerngeschwindigkeiten und Vorkenntnisse berücksichtigt. Die Ausbilder:innen stehen außerdem der Herausforderung gegenüber, die immer komplexeren und umfassenderen Lerninhalte zu standardisieren. Der Einsatz digitaler Medien bot hier die Chance, Inhalte strukturiert und zugleich praxisnah zu vermitteln, um die Lernenden optimal auf den späteren Fahrdienst vorzubereiten.
Die Einführung von Blended Learning sollte diesen vielfältigen Lernbedarfen gerecht werden: Auf der einen Seite stand der Wunsch nach mehr Flexibilität und individualisierbarem Lernen und auf der anderen Seite die Notwendigkeit, die hohen Standards und den Praxisbezug der Ausbildung zu gewährleisten.
Projektverlauf
Im ersten Schritt führten die Projektverantwortlichen der Wiener Linien und Knowledge Markets eine Bedarfsanalyse durch, um zentrale und geeignete Lerninhalte für den digitalen Transfer zu identifizieren. Dabei wurden insbesondere die technischen Anforderungen des Fahrbetriebs sowie typische Herausforderungen im Störungsmanagement (Beispiel Türe lässt sich nicht mehr schließen) und in der Kommunikation mit der Leitstelle berücksichtigt. Die Analyse legte den Grundstein für die inhaltliche Gestaltung der eLearning-Module, welche anschließend durch ein internes eLearning-Team zusammen mit Fachexpert:innen maßgeschneidert entwickelt wurden. Die Szenarien, wie z. B. Überfahren eines roten Signals, wurden praxisnah gestaltet und setzen auf interaktive Ansätze, um den Lernenden eine realitätsnahe Übungserfahrung zu bieten. Der Lernende muss Gegenstände aus seiner Ausrüstung auswählen, die er bei einer Umsicht im Wageninnenraum mitnehmen muss. Inhouse entwickelte Videos, Grafiken und 360°-Fotos tragen zur lebendigen Gestaltung der eLearning-Inhalte bei und fördern das Verständnis komplexer Abläufe und sicherheitskritischer Handgriffe.
Zeitgleich wurden technische Voraussetzungen geschaffen, um die digitalen Inhalte reibungslos bereitzustellen. Dafür beschafften die Wiener Linien Tablets, die den Lernenden während der Ausbildung zur Verfügung standen. Diese Tablets wurden optimal in die IT-Landschaft der Wiener Linien integriert, um den Zugang zu allen nötigen Lerninhalten zu gewährleisten.
Vor dem Start des Blended-Learning-Programms erhielten die Ausbilder:innen eine intensive Schulung, um die digitalen Inhalte erfolgreich in die Praxis umzusetzen und die Lernenden gezielt zu unterstützen. In einer Pilotphase wurde die Schulung dann in der U6-Ausbildung eingeführt. Die Ausbilder:innen und das Projektteam begleiteten die ersten Durchgänge und werteten das Feedback der Lernenden kontinuierlich aus, um Anpassungen vornehmen zu können. Als eines der Learnings ging heraus, dass für bessere Bedienbarkeit der Tablets Tastaturen sehr stark gewünscht wurden, was bei der weiteren Anschaffung der Tablets berücksichtigt wurde.
Die Lernplattform der Wiener Linien „eLWis“ wurde auf Basis des KM LMS von Knowledge Markets aufgesetzt. Das KM LMS ist ein für Ausbildungsakademien optimiertes LMS und bietet unter anderem die Integration externer Inhalte via SCORM und LTI an. Die Lehrgangsmodule wurden mit den eLearning-Inhalten angereichert und mit weiteren Lerninhalten wie beispielsweise dem E-Book Plus ergänzt. Durch die Erstellung von personalisierten Aufgaben wurden die Lernprozesse flexibel gesteuert. Die „Exam“-Komponente des KM LMS unterstützt wiederum die kollaborative Erstellung, Durchführung und Auswertung von Wissenschecks zur Lernfortschrittskontrolle optimal. Nachdem die Pilotphase erfolgreich verlief, wurde das Konzept auf weitere Ausbildungsbereiche der Wiener Linien übertragen.

Projektergebnis
Das Blended-Learning-Pilotprojekt für die U6-Ausbildung hat die Ausbildungsqualität bei den Wiener Linien entscheidend verbessert und neue Standards für die betriebliche Weiterbildung gesetzt. Durch den gezielten Einsatz digitaler Lernmodule, die eng mit praxisrelevanten Szenarien und interaktiven Übungen verknüpft waren, konnten die Lernenden bereits während der Ausbildung deutlich sicherer im Umgang mit den Fahrzeugen und in der Kommunikation mit der Leitstelle agieren.
Die Integration der eLearning-Inhalte in die Lehrgangsmodule des LMS schuf eine benutzerfreundliche Struktur und erleichterte den Zugriff. Das Feedback der Lernenden und der Ausbilder:innen wurde kontinuierlich reflektiert, um die Ausbildung weiter zu optimieren. Besonders positiv bewerteten die Lernenden die Möglichkeit, in einer realitätsnahen Umgebung komplexe Abläufe sicher zu üben und das erlernte Wissen direkt anzuwenden.
Der Projekterfolg spiegelt sich nicht zuletzt in der weiter steigenden Lernqualität und in einer hohen Zufriedenheit der Lernenden wider: Die Bereitstellung von Tablets ermöglichte den Lernenden orts- und zeitunabhängig Bearbeitung der eLearning-Inhalte. Aufgrund der kontinuierlichen Verfügbarkeit der Lerninhalte konnten die angehenden Fahrer:innen besser auf die Qualifizierungsziele hinarbeiten und bereits in der Ausbildung einen direkten Bezug zu ihren künftigen Aufgaben entwickeln.
Fazit
In einer Millionenstadt wie Wien, in der der öffentliche Nahverkehr täglich Millionen Menschen sicher und pünktlich befördern muss, ist eine fundierte Ausbildung des Fahrpersonals essenziell. Die Wiener Linien tragen hierbei eine große Verantwortung, denn jede:r Fahrer:in spielt eine Schlüsselrolle, um die Mobilität der Stadt zuverlässig aufrechtzuerhalten und Fahrgäste sicher zu transportieren. Mit ihrem Blended-Learning-Projekt für die U6 haben die Wiener Linien mit Knowledge Markets ein zukunftsweisendes Modell entwickelt, das traditionelle Schulungsmethoden mit digitalen Lerntechnologien kombiniert und die Ausbildung im Fahrdienst so modernisiert und optimiert.
Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie digitale Transformation erfolgreich in einem traditionellen und anspruchsvollen Umfeld umgesetzt werden kann. Durch den gezielten Einsatz praxisorientierter eLearning-Inhalte konnten Effizienz und Flexibilität der Ausbildung gesteigert werden, ohne Kompromisse bei den hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards einzugehen.
Das Pilotprojekt hat durch die Integration von fachspezifischen eLearning-Inhalten und maßgeschneiderter Technik nicht nur die Ausbildungsqualität entscheidend erhöht, sondern auch den Grundstein für die digitale Transformation der betrieblichen Weiterbildung bei den Wiener Linien gelegt– ein nachhaltiger Erfolg für Wien und seine Mobilitätszukunft. Für diese Leistung zeichnet die Jury das Projekt „Blended Learning in der U6-Ausbildung der Wiener Linien“ mit dem eLearning AWARD 2025 in der Kategorie „Blended Learning“ mit dem Schwerpunkt „Fahrdienstausbildung“ aus. Herzlichen Glückwunsch!
Keytakeaways
Ausgangssituation:
- Die Ausbildung des U6-Fahrpersonals basierte stark auf Präsenzschulungen, geringer Flexibilität und kaum individuellen Lernpfaden.
Projektziele:
- Entwicklung eines Blended-Learning-Ansatzes zur Steigerung von Effizienz und Flexibilität, Förderung der Eigenverantwortung und Etablierung digitaler Lernmethoden als Ausbildungsstandard.
Umsetzung:
- Erstellung praxisnaher, szenariobasierter eLearning-Inhalte; Bereitstellung über Tablets für orts- und zeitunabhängiges Lernen und Einbindung ins LMS „eLWis“ zur Fortschrittskontrolle.
Messung:
- Erfolgsmessung durch kontinuierliche Feedbackschleifen mit Lernenden und Ausbilder:innen sowie Auswertung von Lernerfolgen und Nutzerakzeptanz über LMS-Daten und KPIs.
Projektverantwortliche
Knowledge Markets
Dr. Bernd Simon
Geschäftsführer
bernd.simon@km.at
Siebensterngasse 31/12
A-1070 Wien
www.km.at
WIENER LINIEN GmbH & Co KG
Barbara Strassnig
Betriebliche Ausbildung
barbara.strassnig@wienerlinien.at
Erdbergstraße 202
A-1030 Wien
www.wienerlinien.at