Wie bei jeder neuen Technologie, hat es auch beim Einsatz von generativer KI etwas gedauert, bis erste sinnvolle Use Cases sichtbar wurden und erste Praxiserfahrungen gesammelt werden konnten. Zwar befindet sich die betriebliche Bildung mehrheitlich noch mitten in dieser Experimentierphase, jedoch zeichnen sich erste Tendenzen ab, denn vor allem im Bereich der Content-Erstellung, Übersetzung sowie Vertonung von Lerninhalten machen viele Unternehmen positive Erfahrungen mit generativer KI.
Darüber hinaus sind ChatGPT & Co. allerdings auch als Lernmethode einsetzbar, schließlich können Large Language Models (LLM) eins besonders gut: überzeugende Texte generieren und als realistischer Gesprächspartner fungieren. Damit sind sie gerade prädestiniert für das sogenannte „Conversational Learning“, in dem der Dialog sowie Ideen- bzw. Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt stehen. Während es dabei ursprünglich um den Dialog zwischen Personen ging, lässt sich die Methodik mit generativer KI mittlerweile zielführend digitalisieren. Wenn man bedenkt, welch großen Anteil Gespräche an unserem Arbeitsalltag haben, von Verhandlungen im Sales über Supportanfragen bis hin zu Mitarbeitergesprächen, wird deutlich, welches Potential in diesem Ansatz steckt.
Vor diesem Hintergrund hat die imc AG das KI-Tool „DialogueGPT“ entwickelt, mit welchem Führungskräfte verschiedene Gesprächsszenarien üben und zielgerichtet ihre Kommunikationskompetenzen weiterentwickeln können. Im Rahmen unserer Testreihe hatten wir die Möglichkeit, das neue DialogueGPT auszuprobieren und auf den Prüfstand zu stellen. Wie realistisch können die Mitarbeitergespräche wirklich simuliert werden?
Vielfältige Charaktere für realistische Szenarien
Grundsätzlich gestaltet sich die Nutzung von DialogueGPT denkbar einfach. Das KI-Tool ist browserbasiert und überzeugt durch eine simple intuitive Benutzeroberfläche. Dem Lernenden werden verschiedene Mitarbeiter vorgeschlagen, mit denen man ein Gespräch führen kann. Jeder Mitarbeitende hat dabei eine kurze Beschreibung und eine eigene „Persönlichkeit“ mit vordefinierten Charaktereigenschaften. Hugo ist beispielsweise kreativ und nimmt kein Blatt vor den Mund, während Kiana als verantwortungsbewusst beschrieben wird. Ist bei den vorgefertigten Charakteren kein passender Gesprächspartner dabei, kann man bei Bedarf auch eine neue Figur kreieren. Neben Namen, Alter oder Job sind vor allem die Charaktereigenschaften relevant. Dabei kann aus verschiedenen Kategorien, wie Gewissenhaftigkeit, Umgänglichkeit oder Extraversion verschiedene Optionen gewählt werden, um den passenden Charakter zu erstellen.
Hat man sich für einen Gesprächspartner entschieden, kann im nächsten Schritt die Gesprächsgrundlage bzw. das Szenario ausgewählt werden. Hier werden einem eine Vielzahl typischer Handlungsfelder von Führungskräften angeboten, die von Gehaltsverhandlungen über kritisches Feedback bis hin zur persönlichen Weiterentwicklung reichen. Sind die Figur und das Szenario ausgewählt, kann das Gespräch schließlich losgehen.
Im Führungsgespräch mit dem KI-Kollegen
Das simulierte Gespräch erfolgt im Look&Feel eines typisches Messaging-Dienst wie WhatsApp, mit dem man als Lernender sofort vertraut ist. Ein kurzer Infotext fasst nochmal den Gesprächspartner sowie den Grund für den Austausch zusammen und gibt einige Hinweise zu den Gesprächszielen. Anschließend kann man mit einer kurzen Begrüßung den Dialog beginnen.

Die Simulationen funktionieren sehr gut und erfüllen im Kern ihren primären Zweck, d.h. es kann ganz gezielt ein bestimmtes Szenario geübt werden. Als Lernender kann man sich im geschützten Raum ausprobieren und verschiedene Gesprächsstrategien verfolgen. Was passiert, wenn ich forscher auftrete und auf den Regeln bestehe? Führt ein empathischerer Ansatz möglicherweise zu einem besseren Ergebnis? Der große Vorteil von DialogueGPT ist natürlich, dass der zugrundeliegende Chatbot nicht auf einem vordefinierten Skript, sondern einem LLM basiert, wodurch die Antworten und Reaktionen des „Gegenübers“ dynamisch sind und man während des Gesprächs nicht in eine Sackgasse läuft. Dennoch ist jederzeit klar, dass es sich beim Gesprächspartner um eine KI und keine reale Person handelt. Die Figuren bleiben während dem Dialog „im Charakter“, was sehr hilfreich für den Lernerfolg ist, aber in vielerlei Hinsicht auch etwas unnatürlich wirken kann. Der Charakter Amir ist beispielsweise frustriert von der Arbeit und denkt öfter darüber nach, seinen Job zu kündigen. Im Feedbackgespräch mit Amir bleibt diese Grundhaltung durchweg erhalten, ziemlich unabhängig davon, ob man auf seine Bedenken eingeht oder nicht.
Sehr hilfreich ist außerdem das Feedback, welches man in kürzerer Form bereits während des Gesprächsverlaufs anfragen kann. Darüber hinaus kann man sich ein ausführliches Feedback zum Ende des Gesprächs geben lassen. Während des Gesprächs erhält man konkrete Tipps, was man bisher schon richtig gemacht hat und wie man den weiteren Verlauf des Dialogs noch verbessern könnte. Oftmals werden dazu konkrete Modelle aus der Wissenschaft vorgeschlagen, was den Lernerfolg unterstützt. Das ausführliche Feedback zeigt auf, in welchen Aspekten man punkten konnte und das Gespräch korrekt geführt hat. Allerdings werden auch Kritikpunkte inkl. Verbesserungsvorschlägen aufgelistet, z.B. wenn man sich falsch verhalten oder im Ton vergriffen hat. Zusammen mit den Reaktionen des Gesprächspartners hat man zum Ende des Dialogs daher einen guten Eindruck davon, ob der Austausch das erwünschte Ergebnis erreicht hat oder wo man sich hätte anders verhalten sollen.
Fazit
Wie viele andere Anwendungen von generativer KI bietet auch DialogueGPT ein enormes Potenzial für den Einsatz im Bereich der betrieblichen Bildung. Insbesondere die Möglichkeit, realistische Gesprächsszenarien in einem sicheren, digitalen Raum zu üben, stellt einen großen Mehrwert für Führungskräfte dar, die ihre Kommunikationskompetenzen verbessern möchten. Das KI-Tool überzeugt durch seine einfache Benutzeroberfläche, die dynamischen Antworten der virtuellen Gesprächspartner und die detaillierte Feedbackfunktion, die sowohl während als auch nach den Gesprächen wertvolle Hinweise liefert. Zwar wirken die simulierten Figuren gelegentlich etwas unnatürlich, doch der didaktische Nutzen des Tools bleibt davon unberührt. Aus diesen Gründen zeichnet die Redaktion des eLearning Journals das KI-Tool „DialogueGPT“ der imc AG mit einem Score von 87 Punkten mit der Note „Sehr gut“ aus.