Kategorie: Stakeholdermanagement

Es ist ein bekanntes Problem: Mitarbeiter erhalten beim Besuch von Konferenzen die erhofften Einsichten und nehmen wichtige Impulse für die Arbeit mit. Doch wie lässt sich der Transfer dieses Wissens in die Praxis nachhaltig sicherstellen? Wie teilt man in einem Konzern hochspezifisches Wissen, so dass es auch für weitere Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen in ihren konkreten Jobs nutzbar ist? Die Drägerwerk AG & Co KGaA hat in einem zweijährigen Inhouse Projekt in Eigenregie dafür eine videogestützte Lösung erarbeitet und ihr Wissensmanagement damit revolutioniert.

Mit der Digitalisierung hat sich der Bereich Marketing sehr dynamisch entwickelt und um zahlreiche Optionen erweitert. Beim international agierenden Medizin- und Sicherheitstechnikanbieter Drägerwerk, der mit 15.000 Mitarbeitenden Lösungen für Krankenhaus, Feuerwehr, Rettungsdienste, Industrie u.v.m. herstellt, stehen digitale Kommunikation und digitalisierte Geschäftsbeziehungen im Zentrum der Aktivitäten. Durch die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktsperren ist die Nutzung digitaler Technologien gerade im Austausch von Wissen und dem Erwerb neuer Fertigkeiten in den Fokus bei Dräger gerückt. Deshalb drängte sich bei den Verantwortlichen bei Dräger die Frage auf, wie relevantes Wissen für Marketing und Kommunikation bei den Mitarbeitenden sichtbar und für alle im Unternehmen nutzbar gemacht werden kann?
Auf der Basis von Videos haben die Mitarbeitenden ein Programm geschaffen, das Mitarbeiter-Wissen im Unternehmen leicht zugänglich macht und dabei auch externe Quellen mit einbindet.

Lernbedarfe

Am Anfang des Projektes „Online Marketing Communications Skill & Exchange Program“ – kurz OMC.PRO genannt – standen drei konkrete Ziele. Als Basis für OMC.PRO sollte als erstes das umfangreiche unternehmensweite Wissen in den Bereichen Online Marketing und Marketingkommunikation gesammelt und auf einer zentralen Plattform für alle Mitarbeitenden bei Dräger zur Verfügung gestellt werden. Damit sollte die Voraussetzung geschaffen werden, die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden im Bereich Marketing zu stärken und entsprechende Wissenslücken zu reduzieren.

OMC.PRO bildet demzufolge eine transparente, unternehmensweite und für alle Mitarbeitende zugängliche Wissensbasis für die Themen Marketing und Kommunikation bei Dräger. Aus diesem gemeinsam genutzten Wissenspool wurden im nächsten Schritt die erforderlichen Fachkenntnisse und Kompetenzen im Bereich Marketing definiert, die für die Erfüllung der unterschiedlichen Aufgaben in Marketing und Kommunikation bei Dräger erforderlich sind.

Das Programm OMC.PRO richtet sich an alle Dräger Mitarbeitende im Bereich Global Marketing & Kommunikation sowie angrenzende zentrale Bereiche wie Produktmanagement, Innovation und HR – das betrifft rund 300 Mitarbeitende.

Projektverlauf

Vor rund zwei Jahren startete das Projekt OMC.PRO bei Dräger. Initiiert wurde es gemeinsam von den Verantwortlichen in der zentralen Unternehmenskommunikation und dem globalen Marketing der Medizin- und Sicherheitstechniksparte. Für die Umsetzung von OMC.PRO wurde ein siebenköpfiges interdisziplinäres Projektteam gegründet. Es erarbeitete zunächst ein gemeinsames Konzept für die Projektdurchführung. Anschließend wurden das Lernprogramm sowie das Branding für OMC.PRO ausgearbeitet und entsprechend abgestimmt. Die Konzeptphase erstreckte sich von Dezember 2020 bis zum Mai 2021.

Es herrschte Einigkeit im Projektteam, dass der Fokus der Entwicklung von OMC.PRO auf die Abbildung des im Unternehmen bereits vorhandenen Wissens zum Bereich Marketing abzielen sollte. Deshalb sind zur Erarbeitung der Wissensinhalte von OMC.PRO 45 Experten und Expertinnen Dräger-weit identifiziert und eingebunden worden. Die Phase des Onboardings der Expert:innen erstreckte sich auf knapp ein halbes Jahr. Das Onboarding schloss sich direkt an die Konzeptphase an und war im September 2021 abgeschlossen. Die Produktionsphase der Wissensinhalte für OMC.PRO konnte jetzt starten.

Hier war es die Aufgabe der Expert:innen ihr Wissen zu Marketing kompakt in unterschiedlichen Formaten aufzubereiten. Die Wissensinhalte sollten für den Lerner leicht zugänglich und einfach zu konsumieren sein. Man wollte eine Art „Netflix-Effekt“ erzeugen, die den Lernenden mit kurzen und informativen Videos animiert immer noch eine „Folge“ mehr zu schauen.

Auf die Erarbeitung einer eigenen Videoplattform als zentralen Platz für die Lerninhalte konnte verzichtet werden. Stattdessen ist LinkedIn Learning als Anwendung genutzt worden. Damit war gleichzeitig eine Orientierung für die Aufbereitung der Lerninhalte als Videos vorgegeben und brauchte nicht mehr eigenständig erarbeitet werden. Die einzelnen Videos sollten max. fünf Minuten lang sein. Je nach Thema und Expertenwunsch wurden Tutorials, Interviews oder Expertendiskussionen umgesetzt. Die Produktion dieser Formate begann im Juni 2021 und war im März des Folgejahres abgeschlossen. Produziert wurde in einem mit dem internen Videoteam definierten Standard, in einem dafür eingerichteten OMC.PRO Studio. Ziel war es, am Set eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die 45 Expertinnen und Experten als Präsentatoren wohl fühlten. Beim Lerner sollte durch das stets gleiche Setting ein Wiedererkennungseffekt als Dräger-eigenes Produkt erzeugt werden.

Eine Herausforderung war die Produktion dennoch. Zwar waren die 45 eingebundenen Wissensträger bei Dräger fachliche Experten, vor der Kamera jedoch waren die meisten von ihnen Laien. Um diese Hürde zu nehmen und den Dräger-Experten ein professionelles Kameracoaching zu ermöglichen, ist eine Fernsehmoderatorin engagiert worden.

Mit Fertigstellung der ersten Inhalte für OMC.PRO wurde im September 2021 in einem virtuellen Kick-Off zusammen mit den an OMC.PRO teilnehmenden Lernern der Roll-out gestartet. Neben Stefan Dräger, dem CEO, waren an dem Event rund 300 Personen beteiligt. Der Projektabschluss findet in einem gemeinsamen Event im Januar 2023 statt.

Projektergebnis

Die Eigeninitiative zahlt sich für Dräger aus. Das selbst entwickelte OMC.PRO Lernprogramm stößt auf breite Akzeptanz bei der Zielgruppe im Unternehmen. Das Analysetool bei LinkedIn Learning, über deren Plattform die Videos für OMC.PRO ausgespielt werden, hat eine Teilnahmequote von 95% der 300 für das Programm ausgewählten Mitarbeitenden aus den Bereichen Marketing und Kommunikation ermittelt. Es wundert daher kaum, dass das Programm über die zweijährige Projektphase hinaus – sie endete im Januar 2023 – in den Regelbetrieb für Weiterbildungsangebote im Unternehmen überführt wird. Durch OMC.PRO werden derzeit viele individuelle Trainings bei Dräger abgelöst. Dadurch, dass OMC.PRO als einfach zugängliche Ressource für Wissen rund um Marketing und Co. jedem Mitarbeitenden bei Dräger zur Verfügung steht, entfällt die häufig zeitintensive individuelle Beantwortung von fachlich Fragen durch die internen Experten. Damit ist ein erster Schritt auf dem Weg gelungen, Fachexpertise von der konkreten Person des Wissensträgers abzulösen und als Unternehmenswissen abzuspeichern und für jeden am Point of Need abrufbar zu machen.

Eine Internationalisierung des Lernprogramms ist daher nicht ausgeschlossen, um das innerhalb von OMC.PRO aufbereitete, spezifische Wissen auch den Mitarbeitenden international zur Verfügung stellen zu können.

Während der Projektphase sind fünf Lernpfade mit jeweils sechs Lernmodulen umgesetzt worden. Das heißt, von den 45 Dräger-Experten vor der Kamera sind rund 200 themenspezifische Videos im Umfang von 13 Stunden Marketingwissen erstellt worden. So konnten in der Zeit der Corona-Pandemie Lücken durch den Wegfall von Präsenzveranstaltungen erfolgreich überbrückt werden.

Darüber hinaus sind für OMC.PRO bessere Bewertungen als für Lernangebote von gegenüber externen Fortbildungen erzielt worden. Denn durch die Eigenentwicklung von OMC.PRO und die aktive Einbindung von Dräger-Expert:innen als Wissensvermittler, ist spezifisches Marketingwissen für das B2B-Geschäft, wie es Dräger betreibt, praxisnah vermittelt worden.

Nicht zuletzt hat die Eigenentwicklung auch das Budget geschont.

Fazit

Wichtige Unternehmensgrundsätze bei Dräger lauten: unabhängig, selbstbestimmt, richtungsweisend, attraktiv und wertschaffend. Mit diesen Eigenschaften lässt sich auch die Neuentwicklung des „Online Marketing Communications Skill & Exchange Program“ – OMC.PRO charakterisieren, urteilte die Jury des eLearning Journals. Mit OMC.PRO ist mit kleinem Budget ohne externe Dienstleister in Eigenregie ein Lernprogramm geschaffen worden, das Wissensvermittlung durch unternehmensinternen Austausch auf ein neues Level hebt, Dräger-Exzellenz für Mitarbeitende und Kunden sichtbar macht und damit auch den Unternehmenserfolg garantiert.

Für das Wissensmanagement setzt OMC.PRO aus Sicht der Jury nicht nur Dräger-intern, sondern auch im Vergleich mit anderen Unternehmen neue Maßstäbe. „Wir sind noch nicht am Ende der Lernreise. Unser Ziel haben wir dennoch schon jetzt erreicht: Die Kolleginnen und Kollegen vernetzen sich miteinander, das Wissen im Unternehmen wird geteilt und bleibt langfristig erhalten.“, stellt Sandra Eggers, Projektleiterin OMC.PRO begeistert fest. Die Jury des eLearning Journals verleiht deshalb den eLearning AWARD 2023. Herzlichen Glückwunsch!