Das neue Online-Tool der Erzdiözese München und Freising
Ein wichtiger Schritt zur Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Wie gehst Du damit um, wenn sich ein Kind Dir anvertraut? Das Online-Tool des EJA gibt konkrete Hilfestellung.

Insbesondere Kinder und Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes gegen sexualisierte Gewalt. Schätzungsweise jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge ist von sexuellem Missbrauch betroffen. Das Erzbischöfliche Jugendamt (EJA) hat sich mit M.I.T e-Solutions zusammengetan, um ein Tool zu entwickeln, welches ehrenamtliche und hauptamtliche Jugendleiter:innen angemessen für das Thema Prävention sexualisierter Gewalt und Kinderrechte sensibilisiert.

Seit dem Bekanntwerden des Ausmaßes von sexuellem Missbrauch in kirchlichen und weltlichen Institutionen ist die Prävention sexualisierter Gewalt in den Fokus gerückt. Vor allem der Schutz der Jüngeren und Jüngsten und die Verhinderung von Übergriffen sind wichtig. Kinder bedürfen nicht nur besonderen Schutzes, sondern besitzen von allen Gesellschaftsgruppen die wahrscheinlich geringsten Möglichkeiten des Selbstschutzes.
Das Erzbistum München und Freising hat sich der Aufgabe verschrieben, die Präventionsarbeit zu intensivieren, um sexuellen Missbrauch vorzubeugen. Hierfür wurde zusammen mit der M.I.T e-Solutions GmbH ein Online-Tool entwickelt. Allerdings handelt es sich hierbei um keinen Ersatz für Präventionsschulungen, sondern um eine Ergänzung. Es ist wichtig, dass das Thema mit der richtigen Ernsthaftigkeit angegangen und dauerhaft fest verankert wird. Es muss in der alltäglichen Praxis der Kinder- und Jugendarbeit eingehen und somit bereits in der Ausbildung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden thematisiert werden. Das Tool bietet in zwei Programmteilen zu den Themen „Kinderrechte“ und „Prävention sexualisierter Gewalt“ kompakte Informationen und Handlungs- und Hilfestellungen in alltäglichen Situationen der Jugendarbeit:

Lernbedarf

In anschaulicher und mit möglichst einfach gehaltener Sprache werden die Inhalte zum Thema von Gewalt gegen Kinder bzw. sexualisierter Gewalt und Missbrauch von Kindern dargestellt.

Im ersten Programmteil erleben die User:innen welche Rechte Kinder überhaupt haben und inwiefern diese interpretiert werden können.

Im zweiten Programmteil „Prävention sexualisierter Gewalt“ können in der Ebene „Situationen“ von den Nutzer:innen zahlreiche Beispiel-Situationen erlebt werden. Dort werden Grenzverletzungen, sexuelle Übergriffe bzw. strafbare sexuelle Gewalt von Kindern und Jugendlichen bzw. ihren Betreuer:innen beschrieben, welche im Alltag ganz konkret erfahren werden können. Diese werden zum Beispiel durch Hotspots oder Animationen dargestellt, welche die Gefühle der Personen bzw. deren Beabsichtigungen aufzeigen. Auch sollen unterschiedliche Perspektiven zwischen Betreuenden und Betroffenen dargestellt werden: Was sieht man von außen, was denkt bzw. fühlt das Kind? Den User:innen werden Lösungen an die Hand gegeben, um in ähnlichen, echten Situationen über vorbereitete Handlungs-Ansätze zu verfügen. Zur weiteren Vertiefung in die Thematik werden unter „Praktisches Wissen“ jeweils weitere Informationen und zahlreiche Links angeboten. Hierbei werden viele Orientierungsmöglichkeiten wie Leitfäden, Methoden, Checklisten sowie Kontaktdaten zu Ansprechpartner:innen im Erzbischöflichen Jugendamt, Präventionsbeauftragte der Erzdiözese München und Freising, als auch Fachberatungsstellen an die Hand gegeben. Dieses praktische Wissen kann auch unabhängig von den Situationen aufgerufen werden, sodass es gleichzeitig als Nachschlagewerk dient, und wurde dazu in einem eigenen Modul zusammengestellt. Der Programmteil „Prävention sexualisierter Gewalt“ besteht aus folgenden acht Modulen:

  • Modul 1 „Ok oder nicht ok? – Begriffsbestimmungen“, Abgrenzung und Definitionen verschiedener Stufen sexualisierter Gewalt und Sensibilisierung für die Komplexität der Abgrenzung.
  • Modul 2 „Was könnte da los sein? – Nähe und Distanz“, unterschiedliches Empfinden von Nähe und Distanz.
  • Modul 3 „Ein Kind vertraut sich Dir an“, Vorbereitung auf Situationen, in denen ein Kind einem Betreuenden von einer Gewalterfahrung berichtet.
  • Modul 4 „TikTok, Instagram, Discord – Soziale Medien“, Sensibilisierung für den Umgang mit sozialen Medien als Betreuer:in sowie Aspekte, über die mit den Kindern gesprochen werden sollte.
  • Modul 5 „4-Augen-Gespräch“, Planung eines solchen Gesprächs, Sensibilisierung für die Situation aus Sicht des Kindes sowie Außenwirkung.
  • Modul 6 „Gruppenstunde als sicherer Raum“, Sensibilisierung für „Störfaktoren“, die verhindern, dass die Gruppenstunde als sicherer Raum wahrgenommen wird. Maßnahmenüberlegungen, welche bewirken, dass Störfaktoren verhindert werden können.
  • Modul 7 „Planung der Sommerfreizeit“, Sensibilisierung für Aspekte, die bei der Planung und Vorbereitung einer Sommerfreizeit berücksichtigt werden sollten.
  • Modul 8 „Wissen“, zusammengefasstes Hintergrundwissen aus den vorherigen Modulen.

Bei der Produktion wurde darauf geachtet, dass die Inhalte von jungen professionellen Off-Speakern lebendig und eingängig vermittelt werden. Das Thema betrifft die Lernenden selbst direkt und konkret und das sollte beim Lernen mit dem Tool herüberkommen. Daher bildet dieses Tool nicht nur die Möglichkeit zur Sensibilisierung gegenüber dem Thema „Prävention sexualisierter Gewalt“, sondern bietet Handlungssicherheit in der Aufdeckung und Intervention solcher Fälle. Auch wird ein souveräner Umgang mit Medienangeboten und -inhalten und den damit verbundenen Fähigkeiten, Kinder und Jugendliche zu diesem Thema zu sensibilisieren, gefördert.

Projektverlauf

Im Jahr 2020 wurde das Projektreferat Prävention ins Leben gerufen. Dieses wurde damit beauftragt, ein transparentes und nachhaltiges institutionelles Schutzkonzept in den Strukturen des Erzbischöflichen Jugendamts und begleitend für die kirchlichen Jugendverbände auszuarbeiten und einzusetzen. Unter dem Motto „Kirchliche Jugendarbeit – ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche“ soll das Kindeswohl sowie die Rechte und der Schutz der Kinder im Mittelpunkt stehen und Gewalt an Kindern vorgebeugt werden. In diesem Zusammenhang ist es eine der Hauptaufgaben des Referats, die Konzeption und Durchführung zielgruppenorientierter Informations- und Fortbildungsformate für hauptamtliche sowie ehrenamtliche Mitarbeiter:innen der kirchlichen Jugendarbeit zu erarbeiten. Auf dieser Grundlage sollte ein interaktives und dezentral im Internet aufrufbares Angebot geschaffen werden. Für die Durchführung wurde und wird das Projektreferat Prävention von der Abteilung „Berufliche Bildung/Bildungstechnologie“ des Erzbischöflichen Ordinariats fachlich unterstützt und auch Vertreter:innen des Bundes der Deutschen Katholischen Jugendverbände in der Erzdiözese München und Freising sind als Dachverband der Katholischen Jugendverbände eng in die Projektplanung und -durchführung eingebunden. Die M.I.T e-Solutions GmbH wurde als externer Partner für die Umsetzung eingesetzt.

In der Konzeptionsphase war sehr früh klar, dass ein interaktives Medium für das Angebot benötigt wurde, welches im Internet frei zur Verfügung steht und leicht zugänglich ist. Dies ist insbesondere wichtig, da die Hauptzielgruppe zwischen 15 und 22 Jahren alt ist. Die mobile Verwendung des Tools über ihre Smartphones bzw. Tablets ermöglicht der Zielgruppe einen einfachen Zugang, wobei auch die Anwendung mit dem PC möglich ist.

Der offizielle Roll-out wurde nach der Vorstellung des Tools auf der Klausur aller hauptamtlichen pädagogischen und pastoralen Mitarbeiter:innen des Erzbischöflichen Jugendamtes angesetzt. Diese Klausur wurde auch außerhalb der Tool-Vorstellung ganz dem Thema „Prävention sexualisierter Gewalt“ gewidmet. Als wichtigste Multiplikator:innen im Umfeld der gesamten Jugendarbeit sollen diese pädagogischen und pastoralen Mitarbeiter:innen Einfluss auf die potenziellen Nutzer:innen nehmen und zu einer intensiven Nutzung des Tools anregen. Des Weiteren wurde über den Newsletter des Erzbischöflichen Jugendamtes die Bekanntmachung des Tools intern veröffentlicht, wie auch mit dem Kommunikationstool des EJA. In der externen Kommunikation wurden zudem über die Homepage der EJA, via Newsletter und dem Magazin #jugendraum über das neue Tool informiert. Außerdem wurden die Internetseiten SEO-gerecht gestaltet, um bei Suchmaschinen im Netz möglichst weit vorne zu landen.

Projektergebnis

Mit dem Online-Tool des Erzbischöflichen Jugendamtes der Erzdiözese München und Freising ist ein ergänzendes Informationsangebot zu den Themen „Kinderrechte“ und „Prävention sexualisierter Gewalt“ entstanden, welches jugendgerecht ein besonders wichtiges Thema anspricht. In der Erzdiözese München und Freising werden durchschnittlich jedes Jahr 100.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 8 bis 27 mit Freizeitangeboten wie z.B. Gruppenstunden oder Ferienfreizeiten erreicht. Diese gilt es bestmöglich zu schützen. Mithilfe ansprechender Darstellung im Comic-Stil werden höchst relevante Inhalte dargestellt, ohne bei aller Farbigkeit der Aufmachung das Thema zu verharmlosen. Wichtig ist hierbei die Animation der Lernenden, das Tool freiwillig zu nutzen. Aus diesem Grund wurde das Lernangebot sehr niedrigschwellig angelegt. Bei Testdurchläufen konnte bereits festgestellt werden, dass dies funktioniert: Die Akzeptanz bei den Testgruppen ist groß. Dies wird auch im weiteren Verlauf noch weiter ermittelt werden.

Fazit

Sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist ein Thema, welches die kirchlichen und weltlichen Institutionen beschäftigt: Überall wo Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft involviert sind und teilhaben ist dies ein Thema, das angesprochen werden muss. Die Schulung muss so aufgebaut sein, dass sie niedrigschwellig gute Grundkenntnisse vermittelt, um die Jugendleiter:innen in die Lage zu versetzen, danach handeln zu können und bestens auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Das Thema ist heikel und bedarf Fingerspitzengefühl, ist aber gerade deswegen dermaßen wichtig. Bei dem Online-Tool handelt es sich wie erwähnt nicht um das einzige Angebot zum Thema „Prävention sexualisierter Gewalt und Kinderrechte“ des Erzbischöflichen Jugendamtes der Erzdiözese München und Freising; eine Präventionsschulung kann das Tool nicht ersetzen, soll es allerdings auch nicht. Es bietet stattdessen Mittel und Methoden, um das Thema für die Zielgruppe der Jugendleiter:innen noch bewusster zu machen und eine erhöhte Sensibilisierung zu gestatten. Die Jury des eLearning AWARD 2023 erkennt das und ist davon überzeugt, dass diese Form der Einstimmung auf das Thema der beste Weg ist, um Jugendliche vorzubereiten und die Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche noch breiter aufzustellen. Vor diesem Hintergrund geht der diesjährige AWARD in der Kategorie „SonderAWARD: Prävention“ an das Erzbischöfliche Jugendamt der Erzdiözese München und Freising und an die M.I.T e-Solutions GmbH.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Schaffung eines im Internet frei zugänglichen Online-Tools, mit dem ehrenamtliche sowie hauptamtliche Jugendleiter:innen in dem Thema Prävention sexualisierter Gewalt und Kinderrechte ergänzend geschult und sensibilisiert werden.

Besonderheiten:
Ansprechende Darstellung in Wort und Bild, sodass sie für alle Bildungsschichten gut verständlich ist. Das Thema darf nicht verharmlost aufgefasst werden können und sollte dennoch die Nutzer:innen zum freiwilligen Lernen animieren.


Projektverantwortliche

Erzbischöfliches Jugendamt
Monika Godfroy
Projektleiterin Prävention

Erzdiözese München und Freising KdöR
Erzbischöfliches Jugendamt
Preysingstr. 93
D-81667 München

mgodfroy@eja-muenchen.de
www.eja-muenchen.de

 

M.I.T e-Solutions GmbH
Nicole Plaum
Senior Projektmanager

M.I.T e-Solutions GmbH
Am Houiller Platz 4c
D-61381 Friedrichsdorf

n.plaum@mit.de
www.mit.de