Kompetenzentwicklung zum Berufsabschluss
Mit TOBi gegen den Fachkräftemangel

Mit TOBi zum Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement – Mithilfe des Klassenraums ist es den Lernenden möglich, an den jeweiligen Kursen teilzunehmen, egal in welchem der 170 bundesweiten TERTIA-Standorte sie sich derzeit befinden.

Der Arbeitsmarkt gerät in den letzten Jahren zunehmend unter Druck: Mittlerweile ist der Mangel an Fachkräften in vielen Branchen spürbar. Als Bildungsunternehmen hat es sich die TERTIA Berufsförderung GmbH & Co. KG zur Aufgabe gemacht, die eigenen Mitarbeiter:innen zu fördern und somit zu Fachkräften zu entwickeln. Damit sichert sich TERTIA „alte neue“ Fachkräfte auch langfristig.

„Wie können wir den zunehmenden Fachkräfteengpässen begegnen und gleichzeitig die Kompetenzen unserer eigenen Mitarbeiter:innen an die neuen Herausforderungen anpassen?“, diese Frage hat sich TERTIA, ein Familienunternehmen mit Tradition im Bereich der beruflichen Bildung, gestellt. Das ist eine sehr gute und wichtige Frage, denn trotz der aktuell günstigen Beschäftigungssituation steht der Arbeitsmarkt sowie die Weiterbildungspolitik unter Druck. Nicht nur trotz, sondern auch wegen der Krisen der letzten Jahre nehmen tiefgreifende Transformationsprozesse am Arbeitsmarkt immer mehr Gestalt an. Und die Transformationen könnten vielfältiger nicht sein: Nicht nur die Digitalisierung und teilweise bereits „Metaisierung“ verändert die Anforderungen an Mitarbeiter:innen und ihre jeweiligen Tätigkeitsfelder, auch die Dekarbonisierung der Wirtschaft stellt Unternehmen im Strukturwandel vor Herausforderungen.

Um dieser – insbesondere auch durch die Pandemie beschleunigten – Entwicklung beizukommen, hat die TERTIA im April 2021 TOBi, den TERTIA-Online Bildungscampus, ins Leben gerufen. Hierüber bietet TERTIA geförderte, aber auch nicht geförderte Qualifizierungen für Arbeitssuchende und Beschäftigte an. Besonders ist hierbei das Setting im virtuellen Klassenzimmer, welches zwar digital verortet ist, für die Teilnehmenden aber in der Regel an den 170 Standorten deutschlandweit in Präsenz stattfindet. Innerhalb von TOBi wird seit November 2021 auch MYTQ angeboten.

Hierbei handelt es sich um eine Pilotinitiative des BBB (Bundesverband der Träger beruflicher Bildung e.V.), bei der TERTIA im Verbund mit mehreren bundesweit agierenden Bildungsträgern in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung virtuelle Teilqualifizierungen umsetzt. Auch die TERTIA-Mitarbeiter:innen profitieren von dieser Möglichkeit. Sie können sich virtuell am Arbeitsplatz weiterbilden und hin zu einem nächsthöheren Berufsabschluss qualifizieren. Damit zielt das Unternehmen darauf ab, die Herausforderung des Fachkräftemangels „inhouse“ zu lösen. Denn damit können Mitarbeiter:innen auf höhere Positionen geschult werden bzw. nach dem Motto „lebenslanges Lernen“ ihre Kompetenzen offiziell zertifizieren lassen.

Lernbedarfe

Der Leitgedanke des Projekts war, dass sich jede:r Mitarbeiter:in bedarfsgerecht qualifiziert. Das bedeutet, dass die Weiterbildung auf das individuelle Kompetenzniveau angepasst wird: Die Mitarbeiter:innen erwerben die Teilqualifizierungen, die ihnen für den Berufsabschluss noch fehlen. Damit wird nicht nur der Fachkräftemangel angegangen, sondern auch ein sozialer Aufstieg ermöglicht. Der Fokus richtet sich zum ersten darauf, virtuelle Lernmöglichkeiten und -umgebungen anzubieten, die in den Arbeitskontext integriert und praxisnah sind. TERTIA möchte bei den Mitarbeiter:innen eine Lernkultur mit Blick auf den beruflichen Aufstieg schaffen, damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken und die Mitarbeiter:innen überdies ans Unternehmen binden. Via TOBi wurde somit die Möglichkeit geschaffen, sich durch Teilqualifizierungen auf einen Berufsabschluss vorzubereiten: bedarfsgerecht, individuell und kompetenzbasiert. Dadurch werden die Mitarbeiter:innen vorausschauend auf zukünftige Aufgaben vorbereitet, darin unterstützt, ihre Kompetenzen zu erweitern und sich somit gut für den Wandel und weitere Veränderungen aufzustellen. Dies bildet viele Vorteile. Zum einen ist die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von vorhandenem Personal essenziell für jedes Unternehmen. Mitarbeiter:innen, die diese Weiterbildungsmöglichkeit erhalten, fühlen sich zudem besonders gewertschätzt und schöpfen daraus neue Motivation. Beschäftigtenqualifizierung bildet außerdem eine gute Ergänzung zur aktuell herausfordenden Rekrutierung von neuem Personal.

Teilqualifizierungen nach dem MYTQ.Modell kamen deshalb zum Einsatz, weil die Kompetenzorientierung sich insbesondere für die Weiterbildung von Beschäftigten gut eignet. Die Pilotinitiative leistet einen Beitrag dazu, mehr Einheitlichkeit und Transparenz bei dieser abschlussorientierten Weiterbildungsform herzustellen. Die MYTQ-Module sind inhaltlich anschlussfähig und bauen aufeinander auf. Sie können somit auch bei anderen Weiterbildungsanbietern der Initiative absolviert werden. Monatliche Starttermine bieten den Mitarbeiter:innen Flexibilität beim Lernen. Die Zertifikate, die die Mitarbeiter:innen nach erfolgreicher Kompetenzfeststellung am Ende eines Moduls erhalten, sind bundesweit einheitlich.

Das Projekt richtete sich an Personen ohne Berufsabschluss bzw. „Wieder-Ungelernte“, die lange Zeit berufsfremd tätig waren, und Beschäftigte der TERTIA, die den Wunsch nach Weiterbildung und -entwicklung besaßen.

Projektverlauf

Bereits im April 2016 hat TERTIA damit begonnen, interne Prozesse und Arbeitsabläufe immer weiter zu digitalisieren. Seit dieser Zeit lag ein Schwerpunkt darin, die Mitarbeiter:innen zu qualifizieren und weiterzuentwickeln. Für interne und externe Schulungen wurde das Learningmanagementsystem ILIAS bei TERTIA implementiert und etabliert. Eine maßgebliche Strategie bei der Entwicklung von TOBi und MYTQ war von Anfang an das kooperative Lernen als lernende Organisation. 2018 ging TERTIA dann eine Kooperation mit einem Partner ein, der im virtuellen Lernen bereits etabliert war. Damit konnte das Know-How im Unternehmen erweitert und auf den Aufbau von TOBi übertragen werden. Die Strukturen für TOBi wurden wie folgt definiert: Aufbau eines Online-Buchungssystems sowie Einführung der digitalen Teilnehmerverwaltung. Gestaltung eines einheitlichen Unterrichtsmodells als Vollzeit- und Teilzeitvariante. Einrichtung einer eigenen Videokonferenzplattform mit allen technischen Möglichkeiten und Implementierung des LMS. Sondierung und Auswahl hochwertiger IT-Ausstattung für den Unterricht im virtuellen Klassenraum und Aufbereitung und Entwicklung von entsprechendem Schulungscontent. Zertifizierung des Lernangebots bei der fachkundigen Stelle, um eine finanzielle Förderung der Weiterbildung zu ermöglichen. Schulung der Fachdozent:innen im Kontext digitaler Lehr- und Lernmethoden sowie Schulung der TERTIA Bildungsbegleiter:innen zum Thema Lernprozessbegleitung. Definition von bundesweit standardisierten Startterminen im 21-Tages-Intervall, Berücksichtigung aller bundeseinheitlichen und regionalen Feiertage. Bei MYTQ: Gründung eigener Prüfungsausschüsse, sowohl hybrid als auch digital samt Vorbereitung der Prüfungsaufgaben sowie Durchführung der Prüfungen (Kompetenzfeststellungen). Schaffung einheitlicher MYTQ-Zertifikate und dazu perspektivisch: zusätzliche Bereitstellung digitaler Blockchain-Zertifikate, die fälschungssicher sind und einfach in sozialen Netzwerken geteilt werden können.

Entscheidend war, dass für die gesamte Entwicklung das Bewusstsein geschaffen wurde, dass das virtuelle Lernen eng mit den Unternehmenszielen verknüft ist. Außerdem mussten die Mitarbeiter:innen „abgeholt“ werden, damit diese sich fürs virtuelle Lernen öffnen konnten und die hybride Lernkultur auch gelebt werden konnte. Durch Selbsterfahrung ist es gelungen, die Begeisterung für den TOBi-Lernprozess mittelbar auf die Teilnehmenden zu übertragen.

Projektergebnis

Intern und extern wurde das Projekt via Printmaterial (Flyer, Broschüren), Social Media und Webseite bekannt gemacht, aber auch auf bundesweiten Messeauftritten vorgestellt. Außerdem wurden Erklärvideos erstellt und TOBi-Live Veranstaltungen durchgeführt, um Mitarbeiter:innen sowie externe Interessierte zu informieren.

Am Ende ist ein dreigeteiltes und klar strukturiertes Unterrichtsmodell entstanden, das aus Wissensvermittlung, selbstgesteuertem Lernen und tutorieller Begleitung besteht und dem die Lernenden gut folgen können. Das Lernen ist sehr angenehm und Rückfragen können im Rahmen der tutoriellen Begleitungen geklärt werden. Zudem steht den Lernenden ein:e Bildungsbegleiter:in zur Seite. Das selbstgesteuerte Lernen dient dazu, das erworbene Wissen mit praktischen Aufgaben und Übungsanteilen allein bzw. im Team zu festigen. Das LMS bietet zahlreiche Inhalte, Lernvideos und Übungen an, um diese Festigung überhaupt zu ermöglichen. Dies hat den positiven Effekt, dass die Teilnehmer:innen diese Kombination aus Lernatmosphäre und kontinuierlicher Begleitung angenehmer finden als etwa über acht Stunden angelegten Präsenzunterricht am Standort. Dadurch, dass das TOBi-Modell von den Teilnehmer:innen weiterempfohlen wird, kann eine steigende Nachfrage gemessen werden. Mit dem erfolgreichen Absolvieren einer Teilqualifizierung wird der direkte berufliche Aufstieg ermöglicht; damit werden mit TOBi weitere Anreize gegeben. Dies zeigt sich auch am Werdegang von Frau L.. Sie kam über einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) als Kundin in eine der TERTIA-Niederlassungen. Trotz fehlender Berufsausbildung konnte sie aufgrund ihrer Fremdsprachenkenntnisse im Bürobereich zunächst für Verwaltungsaufgaben und als Übersetzerin eingesetzt werden. Durch fortwährende Qualifizierungsmaßnahmen wurde sie schlussendlich im Sommer 2021 in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen. Derzeit begleitet TERTIA Frau L. beim Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses. Sie absolviert gerade eine abschlussorientierte Teilqualifizierung zur Kauffrau für Büromanagement, welche sie 2023 mit der dazugehörigen Kompetenzfeststellung abschließen wird. In der Folge ist die Vorbereitung auf die Externenprüfung bei der IHK geplant. Dies ist ein Paradebeispiel dafür, wie das TOBi-Modell funktioniert.

Fazit

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt TERTIA darauf, dass Mitarbeiter:innen Schritt für Schritt ihr Wissen hin zum Berufsabschluss erweitern. Das Beispiel von Frau L. zeigt, wie beruflicher Aufstieg funktionieren kann. TERTIA ist dabei daran gelegen, nicht nur die Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, sondern diese über die Mitarbeitenden auch an externe Teilnehmer:innen weiterzugeben. Mit der Chance auf einen Berufsabschluss und auf beruflichen Aufstieg an sich wird die Motivation der internen Lernenden gesteigert und das Modell selbst quasi live weitervermarktet, da sich diese Motivation oftmals auf die externen Teilnehmer:innen überträgt.

Besonders großes Lob findet bei der Jury des eLearning AWARD 2023 die Möglichkeit des Ausbaus beruflicher Perspektiven der Mitarbeiter:innen ohne Berufsabschluss. Kompetenzen nicht nur zu suchen, sondern am Arbeitsplatz bei vorhandenem Personal aufzubauen, auf die Stärken der Mitarbeitenden einzugehen und auf dieser Basis die Kompetenzen zu erweitern ist vorbildlich und sollte in Zukunft auch weiterhin über TERTIA hinaus Schule machen. Die Jury freut sich daher mit dem Gewinner des AWARD 2023 TERTIA in der Kategorie „Qualifizierung“ und über die Möglichkeiten des beruflichen Aufstiegs, welche durch TOBi geschaffen wurden und werden.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Schaffung von Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter:innen von TERTIA aber auch für Externe zur Eindämmung des Fachkräftemangels. Damit verbunden die Möglichkeit der Entwicklung neuer Fachkräfte direkt aus dem internen Bereich.

Besonderheiten:
TERTIA stellt Lernen für Mitarbeitende in den Mittelpunkt und schafft so auch die Möglichkeit des beruflichen Aufstiegs innerhalb des Unternehmens. Damit bindet das Unternehmen das eigene Personal auch langfristig an sich.


Projektverantwortliche

TERTIA Berufsförderung GmbH & Co. KG

Dr. Kristine Mörchen
Geschäftsführerin | Inhaberin

TERTIA Berufsförderung GmbH & Co. KG
Schöntalweg 7
D-53347 Alfter b. Bonn

kristine.moerchen@tertia.de
www.tertia.de