Mit DiLoKo in die digitale Arbeitswelt
So schaffen KKUs den Weg zur digitalen Transformation

Vom Auftrag bis zur Maschinenbedienung – Eine typische Abfolge der Bearbeitungsschritte eines CNC-Auftrags: Sie wird durch Detaildarstellungen von Screenshots der Auftragsskizze, der einzusetzenden Zeichenwerkzeuge, der Parametereinstellungen für den Bearbeitungsvorgang und seiner Simulation sowie mit Fotos aus dem Maschinenraum ergänzt.

Digitalisierung ist ein Begriff, welcher überaus häufig in den Mund genommen wird. Insbesondere wenn man in Richtung Politik, Presse und Wirtschaft schaut ist es eines der Buzz-Wörter, die sich häufig wiederholen. Je kleiner allerdings die Unternehmen werden, desto schwieriger wird die Implementierung einer digitalisierten Form der Fort-, Weiter- und Ausbildung.

Die Digitalisierung ist und bleibt der Motor der Modernisierung. Dabei ist es selbst kleinen und kleinsten Unternehmen nicht mehr möglich, sich diesem Trend zu entziehen. Mit der Bewegung wurde eine Dynamik geschaffen, bei der auch für sogenannte KKU (Kleinst- und Kleinunternehmen) die Transformation zu einem gewissen Imperativ geworden ist. In dem vorliegenden Projekt wird die zweite Projektphase des ESF-geförderten Projekts „Compo CNC kompakt online: Einführung digital gestützter Lernwerkzeuge in der beruflichen Aus- und Weiterbildung für Klein(st)unternehmen im Handwerk“ vorgestellt. Hierbei war es das Ziel, kleinen Handwerkbetrieben ein berufliches Qualifizierungsangebot für den betrieblichen Einsatz digitaler Technologien zu bieten, welches auf Grundlage von lern-, motivations- und arbeitspsychologischen Erkenntnissen fußt und somit eine digitale Lernumgebung für Einsteiger in die CNC-Bearbeitung ermöglicht.

Lernbedarfe

Die Digitalisierung ist der nächste Schritt in eine Moderne Arbeitswelt und wird als solche bestehen bleiben. Dadurch ist klar, dass auch sogenannte KKU diesen Step nicht umgehen können. Die Anschaffung moderner Maschinen und Technologien aufgrund von Weiter- und Neuentwicklungen, oder gar sinkenden Investitionskosten, wird immer lukrativer. Fehlen allerdings den Betrieben die Kompetenzen für den Einsatz dieser Technologien, bleibt diese Investition wirkungslos. Als weiteres Problemfeld zeigt sich, dass kleine Betriebe in der Regel auf zwei Möglichkeiten beschränkt sind, Kompetenzen von Fachkräften zu fördern bzw. auszubauen: Durch eine innerbetriebliche Qualifizierung oder durch die direkte Ausbildung in der Berufsschule. In den Schulen werden notwendige Kompetenzen allerdings in der Regel lediglich angeschnitten und als Grundlagenwissen vermittelt. Dadurch ist die Transferdistanz zu groß. Die innerbetriebliche Qualifizierung durch externe Trainer hingegen beinhaltet in der Regel sowohl einen hohen Kosten- wie auch Zeitaufwand. Dieser Kosten- und Zeitfaktor schlägt mit dem Arbeitsausfall zweifach zu Buche.

Aus diesem Grund wird ein Qualifizierungsangebot für den betrieblichen Einsatz digitaler Technologien gesucht, welcher auf Grundlage von lern-, motivations- und arbeitspsychologischen Erkenntnissen basiert. Hierbei war es wichtig, dass innerhalb einer Machbarkeitsstudie eruiert – und vor allem erprobt – wurde, ob diese Ansätze funktionieren. Diese Evaluation sollte insbesondere im Bezug zu den Lernzeiten, Lernerfolgen und der Akzeptanz gegenüber digitalen Lernumgebungen erfolgen. Dies beinhaltete insofern auch die Erfolgsfaktoren für die berufliche Qualifizierung, die auch quantitativ Vergleiche zu herkömmlichen Qualifizierungsmethoden zulässt.

Auf dieser Grundlage wurden folgende Zielgruppen herauskristallisiert, welche diese Qualifizierung insbesondere betraf: Die Auszubildenden, die Betriebsleiter sowie Lehrende und Trainer die im Dualen System tätig sind. Zu diesem Zweck wurden über den Tischlerverband Sachsen Anwärter für die beschriebenen Zielgruppen angesprochen und herausgesucht, welche dazu bereit waren, an dem Projekt teilzunehmen.

Projektverlauf

Drei Lernorte wurden für das Projekt herausgestellt, um den qualitativ stark unterschiedlichen Lernanforderungen einen passenden Rahmen geben zu können. Diese Lernumgebungen sollen strukturiertes sowie individuelles Lernen ermöglichen und den Bedarf an Lernunterstützung bieten, aber auch Anwendung und Reflexion des Gelernten möglich machen. Diese Lernorte stellten sich wie folgt dar:

Lernort 1: An einem vernetzten „Computer-Lernplatz“ werden Instruktionsmedien zur Verfügung gestellt. Außerdem stehen betriebsnahe Aufgaben, sowie ein CNC-Programm zur Verfügung. Damit wird das Lernen nach den Prinzipien des selbstgesteuerten Lernens sowohl zeit- als auch ortsungebunden ermöglicht.

Lernort 2: Im sogenannten „Lerntreff“ wird mit den Ausbildern in kleinen Gruppen über Lernhürden gesprochen und mögliche Problematiken gelöst. Hierbei wird auch auf „Lernort 1“ eingegangen. Dieser Lerntreff dient zudem für die Pflege sozialer Kontakte, da die einzelnen Gruppenmitglieder dezentral örtlich verteilt sind. Das Hauptziel ist es, dass alle Lernenden sich ein funktionierendes CNC-Programm erarbeitet haben, bevor es zur praktischen Arbeit an die Maschine geht.

Lernort 3: Hierbei handelt es sich ganz konkret um das Ausbildungszentrum bzw. um den Betrieb, in dem sich ein CNC-Maschine befindet. Die bereits erlernten und erarbeiteten Kenntnisse von Lernort 1 und 2 werden hier in die Praxis umgesetzt. Die Lernenden werden hiermit entsprechend des Ansatzes des „cognitive apprenticeship“ geschult, sodass der Umgang mit modernen, digitalen Systemen ermöglicht wird.

Der weitere Projektverlauf lässt sich des Weiteren in insgesamt drei Verlaufsphasen einteilen.

Die erste Phase bestand darin die CNC-Kompetenzen zu analysieren, welche die Tischlereibetriebe Sachsen von ihren Auszubildenden erwarten. Zu diesem Zweck wurden sowohl Fachgespräche mit den Ausbildern geführt, als auch mit der Geschäftsführung, mit Mitgliedern des Tischlerverbands sowie den Ausbildungsmeistern der Handwerkskammer Dresden (HWK).

Aus diesen Gesprächen heraus wurden die erwarteten Kompetenzen nach den Anforderungsgraden geordnet. Damit konnten den Anforderungen schließlich ebenfalls CNC-Aufgabenstellungen zugewiesen werden. Diese wurden hinsichtlich der Machbarkeit, Praxisnähe und Verständlichkeit von den Ausbildern wiederum überprüft.

In der zweiten Phase wurden mit Hilfe eines Aufgabeneditors der Professur für die Psychologie des Lehrens und Lernens neun Aufgaben zu digitalen interaktiven Lernaufgaben ausgebaut. Diese Aufgaben schlossen eine sogenannte Präsenzphase der Arbeit an einer CNC-Maschine ein. Die gezielte Eingabe von Bearbeitungsinformationen aus der Aufgabenstellung, als auch die Auswahl von Befehlen auf der Bedienoberfläche der CNC-Software, bildeten hierbei einen Kern dieser Phase. Außerdem wurden zur weiteren Vertiefung theoretischen Wissens acht Lernaufgaben aufgestellt. Hierbei ging es vor allem um die Erarbeitung von Erfahrungswissen.

Die dritte Phase wurde zur technischen Erprobung der erstellten Lernumgebung genutzt. Hierbei wurde die Durchführung verschiedener Pilotstudien sowie die Durchführung von Kursen getestet. Insbesondere der dritte Lernort erhielt hier einen besonders zentralen Stellenwert.

Projektergebnis

Es ist ein Lernangebot entstanden, bei dem der Lehrstoff und die Vermittlung der Inhalte ortsungebunden vermittelt werden kann und somit eine Präsenz an einem bestimmten Ort sowohl zeitlich als auch räumlich ungebunden ist. Insbesondere der Lerntreff ist hierbei eine wichtige Komponente, da der soziale Aspekt beim Lernen (gemeinsames Lernen) im eLearning häufig zu wenig mit in Betracht gezogen wird. Damit wird ein Erfahrungs- und Wissenstausch angeregt, welcher schlussendlich auch der Verhinderung bzw. Reduktion von Gefahrensituation zugutekommt. Außerdem wurde eine gute Strukturierung der Lerninhalte dadurch erreicht, dass eine handlungsorientierte Konstruktion von Aufgabeninhalten und Arbeitsschrittfolgen berücksichtigt wurde. Für die Umsetzung wurden zudem Werkzeuge entwickelt, welche die praktische Umsetzung des Konzepts ermöglichen – insbesondere in Bezug auf Interaktionsangebote.

Insgesamt beteiligten sich an der Projektdurchführung 114 Teilnehmende, die nach dem oben beschriebenen Ansatz aus- bzw. fortgebildet wurden. Hierbei zeigte sich im Rahmen der Akzeptanz auf einer siebenstufige Skala durchgängig ein Wert zwischen 5 und 7. Für die Usablity des Lernangebots wurde ein prozentualer Wert von 87% eruiert.

Was den Lernerfolg angeht haben von den beschriebenen 114 Teilnehmenden insgesamt 52 erfolgreich teilgenommen. Das bedeutet, dass diese 52 Personen mindestens 80% die Aufgabenstellungen erfolgreich bearbeitet haben. Die durchschnittliche Lernzeit betrug etwa 30 Stunden. Allerdings brachen 62 der Teilnehmenden das Kursangebot bereits nach der ersten Sitzung ab. Begründungen dafür fanden sich u.a. in zu gering verfügbaren Lernzeiten. Die gemessenen Daten über die Kompetenzen zum selbstgesteuerten Lernen legten zudem Nahe, dass bei einigen Abbrechern die Unerfahrenheit mit den Methoden des selbstgesteuerten Lernens eine wichtige Rolle spielte.

Fazit

Mit dem Projekt DiLoKo ist ein Konzept entwickelt worden, mit dem es auch für Kleinstunternehmen möglich geworden ist, die Mitarbeitenden im betrieblichen Einsatz digitaler CNC-Maschinen qualifiziert auszubilden. Dies ist denkbar schwierig, da nötige Kompetenzen sich nicht unbedingt vor Ort, also am Arbeitsplatz finden lassen. Die TU Dresden hat eine Methode zum selbstgesteuerten Lernen erarbeitet, welche es den Auszubildenden möglich macht, dezentral die Funktionalität der digitalisierten Maschinen zu erarbeiten und zu verstehen und somit quasi Remote die nötigen Fertigkeiten zu erlernen. Hiermit macht die TU Dresden deutlich, dass auch im Handwerksbetrieb digitales Lernen möglich ist und, dass die Anschaffung digitaler Geräte auch für KKU einen Mehrwert besitzen kann. Mit der Akquirierung neuer Geräte ist es allerdings nicht getan, es muss auch die Personen geben, welche diese im Arbeitsprozess verwenden können. Mit DiLoKo wurde eine gute Möglichkeit erforscht, dass Auszubildende und Fortbildende fachlich angemessen geschult werden können. Die Fachjury des eLearning Journal AWARD 2023 ist sich bewusst, dass solche Lernformen unweigerlich auch mit Abbrecherquoten zu tun haben. Digitalisierung muss für Firmen im Klein- und Kleinstbereich kein Wunschdenken sein. Ein Schlüssel dafür ist dezentrales und selbstgesteuertes Lernen. Aus diesem Grund geht der AWARD 2023 in der Kategorie „F&E“ wegen des Engagements zur Erforschung besserer Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich der KKU an die TU Dresden. Herzlichen Glückwunsch!


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Erschaffung eines dezentralen Lernsystems für die Ausbildung an digitalen CNC-Maschinen für sogenannt KKUs innerhalb einer Machbarkeitsstudie.

Besonderheiten:
KKUs haben in der Regel kein qualifiziertes Personal, um an digitalen Systemen ausbilden zu können. Allerdings ist auch hier die Fort- und Weiterbildung der Auszubildenen und Mitarbeiter nötig, um den Weg in die digitale Arbeitsweg zu bereiten und somit nicht abgehängt zu werden.


Projektverantwortliche

Technische Universität Dresden

Prof. Dr. Hermann Körndle
Senior-Professor

Technische Universität Dresden – Fakultät Psychologie
Zellescher Weg 17
D-01062 Dresden

hermann.koerndle@tu-dresden.de
www.tu-dresden.de