Brandschutztraining in der virtuellen Realität

Brandschutz im Escape-Room-Stil – In dem VR-Szenario haben die Lernenden die Aufgabe, in zwei Räumen die Brandschutzeinrichtung basierend auf einer Checkliste zu prüfen sowie vorhandene Brandschutz-Sicherheitslücken zu identifizieren und zu beheben.

Virtuelle Reality bietet der betrieblichen Bildung einzigartige Vorteile, die sich mit anderen Methoden so nicht oder nur teilweise umsetzen lassen. Die Möglichkeit in eine virtuelle Welt einzutauchen bedeutet für den Lerner im besten Fall ein immersives Lernerlebnis, was sich mit Erfahrungen in der „echten“ Welt vergleichen lässt und dadurch, insbesondere in der Kompetenzentwicklung, seine Stärken ausspielen kann. Darüber hinaus können VR-Lerneinheiten besonders in der Schulung von Gefahrensituationen von Nutzen sein. Genau für dieses Einsatzgebiet haben die Projektpartner M.I.T e-Solutions GmbH, PROVENTOR e-solutions GmbH und die Fachhochschule Joanneum ein innovatives VR-Szenario zur Brandschutzschulung entwickelt.

Der Einsatz von Virtual Reality (VR) in der betrieblichen Bildung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Insbesondere in der Schulung von Gefahrensituationen kann die Technologie ihre Stärken ausspielen. Für diesen Einsatzbereich sah die PROVENTOR e-solutions GmbH, ein Anbieter von Softwarelösungen für die Themengebiete Sicherheit und Wartung, einen konkreten Mehrwert für ein VR-Trainingsszenario für die eigene App „digitales Brandschutzbuch“.

Vor diesem Hintergrund hat PROVENTOR zusammen mit den Projektpartnern M.I.T e-Solutions sowie die Fachhochschule Joanneum das Projekt „Trainingsszenario für die APP ‚Digitales Brandschutzbuch‘“ ins Leben gerufen. Die beiden Projektpartner hatten daran einen general purpose VR-Content zu Demonstrations- und Marketingzwecken zu entwickeln. Denn vor allem M.I.T hat die Erfahrung gemacht, dass in bisherigen VR-Projekten mit Kunden die Geheimhaltungsklauseln eine Verwendung zu Referenzzwecken verhindern.

Lernbedarf

Mit dem Projekt verbanden die drei Projektpartner gleich mehrere Ziele. Einerseits sollte im Rahmen des Projekts ein VR-Safety-Szenario entstehen, dass keine vertraulichen Inhalte enthalten sollte, so dass es öffentlich als Referenz gezeigt und verwendet werden kann. Dadurch sollte der neue VR-Content sowohl für PROVENTOR als auch M.I.T als Demonstrations- und Werbemittel zur Akquirierung von Kundenaufträgen eingesetzt werden können. Andererseits hatten die Projektpartner außerdem das Ziel eine prototypische UI/UX-Lernerfahrung zu entwickeln, die sowohl die Usability im Vergleich zu typischen VR-Anwendungen verbessern als auch als Modell für künftige VR-Sicherheitsunterweisungen dienen sollte. Abschließend verband PROVENTOR mit dem Projekt die Erwartung, dass die neue VR-Anwendung als Onboarding für Anwender:innen der App „Digitales Brandschutzbuch“ dienen kann.

Projektdurchführung

Durch ein vorangegangenes Kundenprojekt für ein VR-Szenario konnte M.I.T bereits auf Ideen, Erfahrungen und Erkenntnisse insbesondere hinsichtlich User Experience und Wissensvermittlung in das neue VR-Projekt einbringen. Daneben steuerte PROVENTOR sowohl ihre Expertise und fachlichen Input zum Thema Brandschutz als auch das Brandschutzbuch zur Verfügung, welches in dem VR-Projekt simuliert werden sollte. Die Fachhochschule Joanneum unterstützte als Forschungspartner mit seinem Team von VR-Spezialist:innen die Programmierung des VR-Szenarios. Das innovative Konzept konnte außerdem das Interesse der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft wecken, welche die Forschungsaspekte des Projekts mit einem Innovationsscheck unterstützte und teilweise mitfinanzierte.

Die eigentliche Umsetzung des Projekts mit einem Kernteam aus 8 Personen dauerte ca. 4 Monate und wurde im agilen Projektmanagement nach der SCRUM-Methodik durchgeführt. Die Applikation wurde mit UNITY explizit für die VR-Brille „OCULUS Quest 2“ entwickelt. Diese VR-Brille konnte sich aufgrund einer Mischung aus Preis, Verfügbarkeit sowie Funktionalität durchsetzen, insbesondere weil sie sich auch unter schwierigen Bedingungen, wie z.B. dem Einsatz auf einer Messeveranstaltung mit vielen Besuchern, bewährt hat. Durch den Fokus auf dieses Modell konnte die VR-Anwendung für die VR-Brille optimiert und etwaige Abstriche bei der Performance kompensiert werden.

Projektergebnis

Das neue VR-Szenario leitet die Nutzer:innen durch zwei Räume, in denen sie im Stil eines „Escape-Rooms“ bestimmte Aufgaben und Herausforderungen bewältigen müssen. Im ersten Raum finden sich die Lernenden in einer liebevoll gestalteten Laborumgebung wieder, in der sie neben typischen Einreichungsgegenständen, die zur Erhöhung des Realismus auch bewegt und benutzt werden können, auch zwei Feuerlöscher sowie eine Brandschutztür. In dem Raum können die Nutzer:innen einen virtuellen Tablet-PC aufnehmen, der anschließend sowohl als Arbeitsmittel als auch als Informationspanel dient. Damit werden die Lernenden über ihre Situation aufgeklärt und instruiert, wie sie mittels dem auf dem Tablet-PC laufenden PROVENTOR Brandschutzbuch die im Raum befindlichen Brandschutzeinrichtungen ordnungsgemäß überprüfen können. Die Brandschutzeinrichtungen werden gemäß einer Checkliste hinsichtlich Funktion und Vollständigkeit geprüft und gefundene Mängel mittels des virtuellen Tablet-PCs fotografiert und dokumentiert. Sobald die drei Brandschutzeinreichungen überprüft wurden, gelangen die Lernenden in den angrenzenden Raum. Sollten die Lernenden an einer Stelle nicht weiterkommen, erhalten Sie durch einen virtuellen Tutor am Tablet-PC konkrete Hilfestellungen.

Im zweiten Raum sehen sich die Nutzer:innen mit vier Brandschutz-Sicherheitslücken konfrontiert, die es zu entdecken gilt. Man kann sich frei in dem Raum bewegen und die verschiedenen Mängel, wie z.B. ein blockierter Fluchtweg oder eine versperrte Brandschutztür, nach und nach beheben. Weitere Mängel, die nicht sofort behoben werden können, wie z.B. eine defekte Fluchtwegbeleuchtung, werden wie zuvor im ersten Raum gelernt mittels der PROVENTOR App dokumentiert. Da der Schwierigkeitsgrad für die avisierten Zielgruppen nicht zu hoch sein darf, sind die Mängel offensichtlich und leicht zu beseitigen.

Ein großes Augenmerk des Projekts lag auf der Entwicklung eines neuartigen, intuitiven und möglichst simplen Bedienungskonzepts für das VR-Szenario. Denn bisherige Bedienkonzepte können Nutzer:innen ohne VR-Erfahrung schnell überfordern und nicht selten kann es bei der Fortbewegung in virtuellen Räumen mittels Joystick zu Übelkeit kommen. In dem VR-Szenario zur Brandschutzbuch-App wurde daher ganz bewusst auf statische Overlays verzichtet. Stattdessen kommt zur Benutzerführung, Informationsvermittlung und Interaktion ein virtueller Tablet-PC zum Einsatz, den man in gewohnter Manier aus der analogen Welt mit Touch-Bedienung steuern kann. Durch dieses Vorgehen konnte einerseits die Immersion der VR-Lerneinheit deutlich erhöht werden, da im Raum schwebende Informationen schnell störend und unrealistisch erscheinen können. Darüber hinaus können solche Elemente in bestimmten Fällen zu negativen Begleiterscheinungen, wie z.B. Motion Sickness oder Orientierungsschwierigkeiten, führen. Des weiteren wurde bei der Konzeption auch die Handhabung der Controller berücksichtigt, die für Nutzer:innen oftmals ein Problem darstellen können. In dem VR-Szenario sind deshalb nur zwei intuitive Handgesten zur Bedienung des Contents notwendig: Einen Gegenstand ergreifen (durch Schließen der Hand zu einer Faust) und einen Gegenstand berühren (durch Antippen mit dem gestreckten Zeigefinger).

Fazit

VR-basierte Lernszenarien haben bereits einen weiten Weg hinter sich und unterscheiden sich deutlich von den simplen und oftmals eher zum Marketing-Zweck eingesetzten Anwendungen, die noch vor wenigen Jahren in der betrieblichen Bildung den „State-of-the-Art“ darstellten. Mehr und mehr wird in der Konzeption von VR-Szenarien die konkreten Vor- und Nachteile der Technologie berücksichtigt und anerkannt, dass sich daraus auch zwangsläufig Handlungsfelder für das didaktische Konzept ergeben. Oder anders formuliert: bei der Entwicklung einer VR-Lerneinheit unterscheidet sich von der Produktion eines WBTs oder eines Lernvideos.

Das vorliegende Projekt unterstreicht diesen Umstand deutlich, denn selbst bei grundlegenden Aspekten einer Lerneinheit, wie in diesem Fall die Benutzeroberfläche und Bedienbarkeit, gibt es noch ein enormes Verbesserungspotential, um einerseits die Akzeptanz bei den Lernenden zu verbessern und gleichzeitig das immersive Lernerlebnis zu verbessern. Mit dem Szenario zur Branschutzhandbuch-App von PROVENTOR haben die Projektpartner eine VR-Lerneinheit geschaffen, mit der die Bedienung ein Teil der virtuellen Welt wird und sich nicht von dieser störend abhebt. Dadurch können die Lerner noch besser in das Szenario eintauchen und gleichzeitig gewohnte Verhaltensweisen aus der analogen Welt auf die virtuelle Aufgabe übertragen. Vor diesem Hintergrund zeichnet die Jury des eLearning Journals den Projektpartnern M.I.T, PROVENTOR e-solutions GmbH und Fachhochschule Joanneum mit dem eLearning AWARD 2023 in der Kategorie „immersives Lernen“ aus.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Im Rahmen des Projekts sollte ein VR-Safety-Szenario zur App „Digitales Brandschutzbuch“ von PROVENTOR entstehen. Darüber hinaus hatten die Projektpartner ein Interesse daran, ein VR-Content ohne vertrauliche Inhalte zu entwickelt, der anschließend auch als Demonstrations- und Werbemittel zur Akquirierung von Kundenaufträgen verwendet werden kann.

Besonderheiten:
Das VR-Szenario setzt bewusst auf einen spielerischen Ansatz im Stil eins „Escape-Rooms“, um einerseits die Lerninhalte zum Brandschutz zu vermitteln und gleichzeitig eine Akzeptanz bei den Lernenden zu schaffen. Das Alleinstellungsmerkmal des VR-Szenarios ist dessen innovative Bedienung, die auf ein virtuellen Tablet-PC zur Steuerung und Informationsvermittlung setzt, der sich „wie im echten Leben“ mit Touch-Bedienung benutzen lässt.


Projektverantwortliche

PROVENTOR e-solutions GmbH

Harald Dunst
Geschäftsführung und technische Leitung

PROVENTOR e-solutions GmbH
Kärntner Straße 337
A-8054 Graz

harald.dunst@proventor.at
www.proventor.at

 

:MIT e-Solutions GmbH

Bernhard Panholzer
Team Lead Content Production

M.I.T e-Solutions GmbH
Kärntner Straße 337
A-8054 Graz

bernhard.panholzer@mit-esolutions.at
www.mit-esolutions.at