Wie trainiert man erfolgreich soziale Kompetenzen?

Soziale Kompetenzen werden immer wichtiger, so der Tenor der letzten Jahre. Denn Teamfähigkeit, Kommunikationskompetenzen oder kreatives Denken sind in vielen Berufen mittlerweile von elementarer Bedeutung. Gleichzeitig stellt die Schulung von sozialen Kompetenzen für die betriebliche Bildung traditionell eine große Herausforderung dar, insbesondere wenn es um digitales Lernen geht. In ihrem Vortrag auf der LEARNTEC 2022 berichtet Simone Rack von ihren Erfahrungen, wie man mithilfe von interaktiven Tools dennoch erfolgreich soziale Kompetenzen trainieren kann.

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eLearning Journal: Guten Tag Frau Rack. Können Sie zunächst sich und Ihre Tätigkeiten am institute for cultural excellence kurz vorstellen?

Simone Rack: Ich bin Soziologin und habe viele Jahre im Bereich Personalentwicklung gearbeitet, bevor ich mit einigen Kolleg:innen das institute for cultural excellence gründete. Seit über 10 Jahren begleiten wir Organisationen dabei, die Qualität der Zusammenarbeit zu erhöhen und eine förderliche Unternehmenskultur zu entwickeln. Wir arbeiten mit Einzelpersonen, Teams, Abteilungen und Gesamtorganisationen in unterschiedlichen Settings, vom Einzelcoaching über Workshops bis hin zur Konzeption und Durchführung von Ausbildungsgängen. Dabei setzen wir an einem Vermögenswert an, der meist zu wenig beachtet wird: dem Sozialkapital. Viele Unternehmen erkennen nicht, dass die Gestaltung der Beziehungen innerhalb von Teams und darüber hinaus ein entscheidender Faktor für die langfristige Produktivität ist. Meine intensive Arbeit mit Menschen auf allen Ebenen in der Organisation dient dazu, diesen Vermögenswert sichtbar zu machen und ihn zu stärken.

Über unseren Verein ice research sind wir auch im Bereich der Organisationsforschung aktiv. Neben einer Reihe von Studien haben wir in den letzten Jahren unter dem Titel Virtual Skills Lab ein großes Projekt durchgeführt, bei dem es um die Entwicklung eines Prototyps zum Training sozialer Kompetenzen mittels Virtual Reality ging. Vor dem Hintergrund dieses Projektes haben wir mit unserem Entwicklungspartner Ovos Play noch weitere Lerntechnologien zum Training sozialer Kompetenzen erprobt und entwickelt.

eLearning Journal: Ihr Vortrag auf der LEARNTEC 2022 trägt den Titel „Einsatz von interaktiven Tools für das Training sozialer Kompetenzen“. Um was für interaktive Tools geht es in Ihrem Vortrag?

Simone Rack: In unserem Vortrag geht es um Anwendungen, mittels deren Lernende typische Situationen, die sie im beruflichen Alltag erleben, durchspielen können. Diese können am Desktop oder auf mobilen Endgeräten genutzt werden. Über didaktisch aufbereitete Geschichten haben sie die Möglichkeit, in die Perspektive der Beteiligten zu schlüpfen und deren Probleme im Umgang miteinander zu lösen. Durch graphisch ansprechende und mit Sprachwitz gestaltete Storys soll die Reflexion über den eigenen Umgang mit sozial herausfordernden Situationen und der Gestaltung der Zusammenarbeit angeregt werden. Darüber hinaus können Lernende diese Tools nutzen, um Methoden zur Gestaltung von Meetings, schwierigen Gesprächen, zur Lösung von Konflikten und zur Perspektivenübernahme kennen zu lernen und auszuprobieren. Besonders interessant an diesem Typ von Anwendungen ist, dass man ihn sowohl im Live-Setting (Workshop, regelmäßigen Teammeetings, etc.) einsetzen kann als auch im Rahmen einer individuellen Beschäftigung mit dem Thema auf einem Endgerät, also orts- und zeitunabhängig.

eLearning Journal: Können soziale Kompetenzen überhaupt erfolgreich trainiert werden?

Simone Rack: Zweifel daran, ob soziale Kompetenzen trainierbar sind, hat es immer schon gegeben. Lange herrschte die Ansicht, es sei eine Frage der Persönlichkeit oder des Charakters, ob jemand sozial kompetent ist oder nicht. Wichtiger als unsere Persönlichkeit ist jedoch die Art und Weise, wie wir sozialisiert werden. Da wir soziale Wesen sind, trainieren wir diese Kompetenzen von Geburt an. Wir wollen Ziele erreichen und brauchen dazu andere Menschen. Eltern und Geschwister sind unsere ersten Trainer sozialer Kompetenzen. Je nach Elternhaus und sozialem Umfeld werden Kinder und Jugendliche mehr oder weniger gut im Umgang mit anderem Menschen geschult. Schule, Uni und Beruf bieten ebenfalls unterschiedliche Umgebungen zur Entwicklung sozialer Kompetenzen. Je nach der vorherrschenden Kultur sind diese dort mehr oder weniger im Fokus. Menschen in Organisationen haben also jeweils ihre Geschichte, ihre Prägung, was soziale Kompetenzen betrifft. Und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen, worauf Führungskräfte achten sollten.

Fragt man Personalverantwortliche heute, so antworten viele, dass Teamfähigkeit eine der wichtigsten Eigenschaften sei, die Bewerber:innen mitbringen müssen. Soziale Kompetenzen sind also kein Nice-to-have, sondern ein Must-have. Umso dringender sind gezielte Impulse im Sinne eines Trainings, bei dem es um die Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit, die Fähigkeit zum Zuhören und zur Perspektivenübernahme, aber auch um die Reflexionsfähigkeit hinsichtlich des eigenen Verhaltens und der Wirkung auf andere geht. Dies kann allerdings nur erfolgreich sein, wenn Menschen die Bereitschaft mitbringen, über ihren Umgang mit anderen zu reflektieren.

Soziale Kompetenzen sind stark von der Situation und vom Kontext geprägt. Deshalb darf man sich von einem Training dieser Kompetenzen keine Patentrezepte erwarten. Ob im Seminar oder im Einzelcoaching, es muss immer darum gehen, die Aufmerksamkeit und Reflexionsfähigkeit der Teilnehmer:innen für das eigene Verhalten und die Reaktion der anderen zu schärfen.

eLearning Journal: Welche Vorteile bieten interaktive Tools zur Vermittlung sozialer Kompetenzen? Gibt es für diese Tools auch Limitierungen?

Simone Rack: Ein großer Vorteil dieser Tools ist, dass man mit ihnen soziale Kompetenzen stark auf typische Situationen bezogen trainieren kann. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Transfer gegeben. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass man das Thema in die Fläche bringen kann. Alle Mitglieder einer Organisation können sich damit auseinandersetzen und entwickeln ein Bewusstsein dafür, wie wichtig der Umgang mitein-ander für erfolgreiche Zusammenarbeit ist. Dies ist allerdings nur ein erster Impuls für eine systematische Entwicklung der Unternehmenskultur. Für eine solche braucht es dann andere Formen, vor allem Workshops sowie Coaching und Begleitung. Die Tools halten das Thema aber auch zwischen und nach diesen Seminaren im Bewusstsein der Organisation, über stets neue Impulse, Übungen und Informationen, die die Lernenden aufnehmen können, wann es für sie günstig ist.

eLearning Journal: Zum Abschluss: Warum sollte man Ihren Vortrag auf der LEARNTEC 2022 auf keinen Fall verpassen?

Simone Rack: Wir werden den Vortrag sehr interaktiv gestalten. Den Einsatz eines Tools im Live-Setting sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Und wer Vorzeige-Mitarbeiter:innen in Sachen sozialer Kompetenz kennenlernen will, sollte auch vorbeischauen. Wir werden einige von ihnen präsentieren, wie zum Beispiel Dora Durchsetz, Klaudia Kompromiss, Karl Konflikt oder Peter Perspektiv. Neugierig geworden?


Kontakt:

Simone Rack
Institute for Cultural Excellence

simone.rack@institute-ce.at
www.institute-ce.at