Wie baut man erfolgreich ein Digital Education Ecosystem auf?

Der Begriff des „Ökosystems“ hält zunehmend auch im Bildungsbereich Einzug und ist in der betrieblichen Bildung insbesondere in der Form von Learning Ecosystems auf dem Weg zum Trendthema zu werden. Gleichzeitig kann der Weg zu einem ganzheitlich gedachten Lernökosystem steinig sein. In Ihrem Vortrag auf der LEARNTEC 2022 berichtet in diesem Kontext Nicola Vollmar von der Etablierung eines Digital Education Ecosystem im Hochschulbereich und gibt in unserem Interview vorab zu dem Projekt spannende Hintergrundinformationen.

Initiator und Ansprechpartner ManDEE – Managing the Digital Education Ecosystem

eLearning Journal: Guten Tag Frau Vollmar. Können Sie zunächst sich und Ihre Tätigkeit an der Fachhochschule Dortmund kurz vorstellen?

Nicola Vollmar: Guten Tag und vor allem herzlichen Dank für die Einladung zu diesem Interview! Ich selbst bin erst im letzten Jahr im Rahmen dieses Projekts an die Fachhochschule Dortmund und das IDiAL (Institut für die Digitalisierung von Lern- und Arbeitswelten) gekommen. Meine Aufgabe ist es, in einer neu geschaffenen Rolle als Learning Steward bei internationalen Projekten beratend digitale Lehre und content in der Umsetzung zu organisieren und zu begleiten. Frau Mikhaylova arbeitet als IT-Projektmanagerin und wird mit mir gemeinsam den Vortrag bei der LEARNTEC gestalten und dabei die technischen Details adressieren. Zur Zeit ist sie leider im Urlaub und so werde nun ich Ihnen antworten können.

Wie haben bei der LEARNTEC nun die Gelegenheit, eines unserer DAAD und Erasmus geförderten Projekte zu präsentieren, das unter der Federführung von Prof. Dr. Carsten Wolff ausgearbeitet wurde.

eLearning Journal: Ihr Vortrag auf der LEARNTEC 2022 trägt den Titel „Managing the Digital Education Ecosystem“. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff „Digital Education Ecosystem“ (DEE)?

Nicola Vollmar: Das DEE dient zur Digitalisierung der internationalen Zusammenarbeit der Masterprogramme der FH Dortmund, der Ruhr Master School und perspektivisch aller Bereiche der Hochschule. Das Ziel ist der Aufbau einer virtuellen, cross-border Master School mit den Partneruniversitäten, die modular die Curricula untereinander verbinden und z.B. Doppelabschlüsse ermöglichen.

Faktisch integriert das DEE also alle Komponenten für das Lehren & Lernen, die Entwicklung der Inhalte und die Verwaltungsprozesse der Programme in hochschulübergreifenden Prozessen. Diese bedienen und ermöglichen ein sogenanntes „Digital University Model“ auf 3 Ebenen: es handelt sich hier konkret um „competence & content“ zur digitalen Transformation als Endergebnis, „delivery“ durch innovative Didaktik und Forschung und die „community“, in der Hochschulmitarbeiter der verschiedenen Partneruniversitäten als agiles Team zusammenarbeiten.

eLearning Journal: In dem Vortrag berichten Sie von den Erfahrungen eines Projekts mit einer virtuellen Hochschule. Was sind demnach notwendige Rahmenbedingung, die für ein Digital Education Ecosystem relevant sind?

Nicola Vollmar: Die Vorarbeit wurde sozusagen bereits seit 2014 vom Konsortium „European Partnership for Project and Innovation Management – EuroPIM geleistet (in einer kleineren Partnerschaft mit Bilbao und Trondheim aber im Prinzip schon seit 2007): Hier entstanden Kooperationen bzgl. der Masterprogramme, bei Promotion und Forschung und die Initiative zu gemeinsamen Events – dies hat sich in der Kombination zu einem internationalen Ausbildungssystem mit hoher Qualität und Attraktivität entwickelt.

Für ein gemeinsames Digital Education Ecosystem der 5 EU Hochschulen und der 10 weiteren internationalen Universitäten sind aber die Rahmenbedingungen gerade von technologischer Seite durchaus anspruchsvoll: so z.B. muss nun für die Hochschulen ein gemeinsames Identity Management realisiert werden, so dass Studierende virtuell aus dem System der eigenen Hochschule an Modulen und VCs der Partner teilnehmen können. Weitere Systeme wie eine Austauschplattform für Studierendendaten und Plugins für die Planung der ausgewählten Module (hier: Student Journey Configurator) und Web Applikationen für die gewünschten virtuellen Mobilitäten (hier: Mobility Planner) von Studierenden und Lehrenden innerhalb des DEE.

Darüber hinaus sind natürlich das Methodenwissen und die mediendidaktischen Kompetenzen der Lehrenden mehr als relevant für das Gelingen: Train-the-Trainer Kurse, Lehrendenaustausch und Open Communities of Practice sichern die Qualität und fördern innovative Lehr- und Lernmethoden.

eLearning Journal: Welche Vorteile bietet ein Digital Education Ecosystem den Studierenden?

Nicola Vollmar: Einer der größten Vorteile ist die Möglichkeit, dass Studenten in der virtuellen Form internationale Doppel-Hochschulabschlüsse erlangen können, denen Mobilität vormals aus finanziellen Gründen verwehrt blieb. Außerdem fördern die Kooperation und Vernetzung mit Studenten der anderen Hochschulen auf sozialer, fachlicher und technischer Ebene die Kompetenzen für unsere projektorientierte, interdisziplinäre und internationale Arbeitswelt. Bereichernd ist zudem die internationale Zusammenarbeit und der Austausch der Lehrkräfte und Mitarbeiter sowie die digitale Infrastruktur zur Erarbeitung der Inhalte: diese besteht aus Kooperationsplattform, private cloud und Workflow Systemen und ermöglicht so den Aufbau einer Ko-Produktionsumgebung.

eLearning Journal: Zum Abschluss: Warum sollte man Ihren Vortrag auf der LEARNTEC 2022 auf keinen Fall verpassen?

Nicola Vollmar: Wir sind ja zunehmend mit dem neuen buzzword „ecosystem“ konfrontiert – wichtig ist ja hier unsere Herangehensweise, denn wir müssen holistisch denken: nicht nur in Strukturen und einzelnen Komponenten, sondern auch in neuen Arbeitsmethoden und Denkweisen. Interessant wird vor allem in unserem Block der Einblick in die Schwerpunkte und deren respektive Umsetzung einer Hochschule im Gegensatz zur Unternehmenswelt – ich freue mich sehr, dass wir eine gemeinsame session bzgl. Learning ecosystems haben werden mit Herrn Florian Brücker, Director Transformation beim Lufthansa Innovation Hub.