Mit dem richtigen LMS zum selbstbestimmten Lernen

Die Anschaffung eines neuen Learning Management Systems stellt für Unternehmen in der Regel immer eine große Herausforderung dar, welche die betriebliche Bildung auf Jahre prägen kann. Mit ebendieser Herausforderung sah sich die freenet GROUP in 2018 beim Einstieg in das Thema „eLearning“ und der geplanten Entwicklung einer digitalen Lernplattform konfrontiert. Als zusätzliche Hürde sollte das neue LMS außerdem umfassend das selbstbestimmte Lernen der Mitarbeitenden ermöglichen und die Rolle der Führungskräfte in der Personalentwicklung unterstützen.

Die freenet GROUP ist der größte netzunabhängige Anbieter von Mobilfunkleistungen in Deutschland und bietet Dienstleistungen in den Bereichen „Digital Lifestyle“ sowie internetbasierter Anwendungen für private Kunden an. Mit über 4.000 Mitarbeitenden ist die persönliche Entwicklung eines jeden Einzelnen für freenet ein wichtiger Erfolgsfaktor und eine Investition in die Zukunft, die sowohl für die Mitarbeitenden als auch für Führungskräfte eine wichtige Aufgabe darstellt. Historisch bedingt war die Personalentwicklung bei freenet allerdings komplett bedarfsorientiert und wurde fast ausschließlich von den Führungskräften gesteuert. Für diese gab es einen digitalen Katalog mit einem Angebot von Präsenzveranstaltungen für sich und die Mitarbeitenden. Darüber hinaus spielte digitales Lernen lange eine untergeordnete Rolle.

Vor diesem Hintergrund rief die freenet GROUP zusammen mit der time4you GmbH das Projekt „Selbstgesteuertes Lernen im Campusportal der freenet GROUP“ ins Leben, in dessen Zentrum die Einführung eines Learning Management Systems sowie die (digitale) Weiterentwicklung der Personalentwicklung stand.

Lernbedarf

Mit dem Projekt verfolgte freenet gleich mehrere Ziele. Zum einen sollte digitales Lernen im Unternehmen strukturiert eingeführt und die Weiterentwicklung transparent gemacht werden. Zum anderen sollten die Führungskräfte in ihrer Rolle als Personalentwickler unterstützt und gestärkt werden. Um diese Ziele erreichen zu können, sollte erstmalig ein LMS im Unternehmen eingeführt werden, um mit dessen Hilfe einen zentralen Lernort für alle formalen beruflichen Weiterbildungsformate zu schaffen. Neben den inhaltlichen sowie didaktischen Anforderungen mussten bei der Systemauswahl auch technische Aspekte berücksichtigt werden, denn das neue LMS sollte durch eine weitgehende automatisierte Systemunterstützung die Organisation aller Weiterbildungsformate erleichtern und zu einer Effizienzsteigerung beitragen. Des Weiteren sollte das neue LMS mit möglichst wenig einzelnen Schnittstellen nahtlos in die bereits bestehende IT-Systemlandschaft von freenet integrierbar sein.

Ein weiterer Projektfokus lag auf dem Thema „selbstgesteuertes Lernen“. Bei der freenet GROUP gehören Selbstverantwortung für die eigene berufliche Entwicklung und damit verbunden Selbststeuerung, Entscheidungsfreiheit sowie Freiwilligkeit zu den elementaren Werten, welche die Weiterentwicklung und Weiterbildung des Unternehmens prägen. Kleinteilige Kontrolle, Nachweispflichten und starre Vorgaben, die oftmals den Charakter von digitalen Lernplattformen prägen, waren deshalb explizit kein Projektziel, weshalb von Anfang an klar war, dass Pflicht-Schulungen sowie Unterweisungen im neuen Lernsystem keine Rolle spielen sollten. Vielmehr war der Anspruch an das neue System, dass die Mitarbeitenden einen authentischen Lernraum vorfinden sollten, in dem sie sich, basierend auf den eigenen Interessen und Bedarfen, selbstbestimmt und intrinsisch motiviert weiterentwickeln können.

Projektverlauf

Der Stein für das Projekt kam im Dezember 2018 mit der Einstellung des Experten im Bereich „eLearning“ ins Rollen, nahm aber erst so richtig in 2019 Fahrt auf, als mit der konkreten Planung zur Einführung eines neuen Learning Management Systems begonnen wurde. Als Partner konnte sich die time4you GmbH durchsetzen, was im September 2019 im gemeinsamen Startschuss für das Projekt mündete.

Zur Umsetzung des Projekts wurde ein agil-orientiertes Projektmanagement gewählt, wobei zunächst mit zwei Sprints in die Realisierung gestartet wurde. Den Auftakt machte dabei eine Analyse der Standardfunktionen des LMS, um festzustellen, welche Anpassungen an die Rollen, Prozesse und Aufgaben der freenet GROUP tatsächlich notwendig werden. Um langfristig möglichst flexibel und kostenschonend zu bleiben, versuchte man sich weitgehend an das Standardsystem anzulehnen.

Am Anfang fand ein intensiver Austausch statt, um ein gemeinsames Verständnis herzustellen, wie an die Weiterbildung herangegangen wird. Selbstverantwortung, Selbststeuerung, Entscheidungsfreiheit und Freiwilligkeit zu unterstützen und zugleich einen Mehrnutzen zu liefern, mit schlanken Workflows und jederzeit Klarheit über die eigene Learning Journey sowie die entwicklungsrelevanten Führungsaufgaben, das stand im Hauptaugenmerk. Alle beteiligten Rollen im Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsprozess wurden betrachtet und in Profilen zusammengefasst. Hierfür wurden individualisierte Cockpits, für Mitarbeitende, Führungskräfte, etc. eingerichtet. Die agile Vorgehensweise bewährte sich, so wurden die Annahmen direkt im lauffähigen und jederzeit zugänglichen System überprüft und die Schwerpunkte neu an die Realität der Bedarfe und Prioritäten ausgerichtet. Teilweise haben Anforderungen aus der Planungsphase sich verändert oder das System bietet andere Lösungsmöglichkeiten.

Das Unternehmenskonstrukt der freenet GROUP ist komplex und für einzelne Tochterunternehmen gelten spezifische Regelungen. Deshalb war auch die optimale Abbildung der organisationalen Datenstrukturen und das Planen einer umfassenden Schnittstelle zur möglichst autonomen Anbindung an die IT-Systeme sehr wichtig. Schließlich sollte für die Lernenden keine technische Hemmschwelle bestehen.

Seit dem 25. März 2020 hatte der Großteil aller Tochterunternehmen Zugang auf das System. Innerhalb weniger Tage konnte komplett auf das digitale Lernen umgestellt werden, es gab keine Ausfallzeiten und das während des ersten Lockdowns in der Corona-Pandemie.

Der Rollout wurde in Etappen gestaltet. Da auf den bisherigen digitalen Katalog ausschließlich Führungskräfte zugreifen konnten, wurden diese Anfang 2020 zuerst mitgenommen, in dem ihnen das System, ihre Rolle darin sowie die relevanten Veränderungen vorgestellt wurden. Nach den Führungskräften ging der Rollout mit den Tochterunternehmen weiter, bis abschließend das System für den Großteil des Unternehmens freigeschaltet wurde. Mit Hilfe der internen Kommunikationskanäle wurden die Mitarbeitenden über die Weiterentwicklungen, wie eine Sternchenbewertung oder ein Dashboard mit „noch verfügbaren Plätzen“, informiert. Weitere Funktionen werden aufgebaut und entwickelt, ähnlich wie beim Online-Shopping. Die Inhalte können gemerkt werden und ähnliche Produkte werden direkt angezeigt.

Projektergebnis

Mit dem neuen Campusportal wurde ein zentraler Ort für die Weiterbildung in der freenet GROUP geschaffen, die sich nahtlos in die Systemlandschaft des Unternehmens einfügt. Auf der neuen Plattform finden die Mitarbeitenden nun von selbstgestalteten eLearnings und Videos über Angebote für das obere Management bis hin zu extern eingekauften Web Based Trainings oder Präsenzangeboten nahezu alle Formate für ein selbstbestimmtes Lernerlebnis. Dabei sind die Qualifizierungsmaßnahmen generell so aufgebaut, dass es zwar einerseits ein umfangreiches und breitgefächertes Angebot von Lerninhalten gibt aber andererseits trotzdem die persönliche Weiterbildung eines jeden Mitarbeitenden maßgeschneidert unterstützt werden kann. Denn selbst sehr fachspezifische oder außergewöhnliche Themen können im neuen LMS platziert und mit Hilfe von externen Bildungsangeboten realisiert werden.

Dank der neuen Lernplattform hat sich auch die Rolle der Führungskräfte weiterentwickelt. Durch erweiterte Funktionen ihres Userprofils im System werden die Führungskräfte in ihrer Rolle als „Personalentwickler“ gestärkt. Zusätzlich haben die Führungskräfte nun Möglichkeiten, die fachliche und methodische Entwicklung ihres gesamten Verantwortungsbereichs im Blick zu haben und das ihnen zur Verfügung stehende Budget zielführend einzusetzen. Außerdem sind nun weniger Freigabeschleifen durch Führungskräfte nötig, was einerseits die Führungskräfte entlastet und andererseits den Mitarbeitenden ein hohes Maß an Selbststeuerung beim Lernen ermöglicht.

Fazit

Das „selbstbestimmte Lernen“ ist in den letzten Jahren in der betrieblichen Bildung im deutschsprachigen Raum zu einem regelrechten Trend geworden. Doch nicht selten gibt es im Alltag einen großen Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Neben konzeptionellen Hindernissen oder einem unzureichend kompatiblen Angebot von Lerninhalten kann auch eine unpassende technische Infrastruktur eine Hürde für die Umsetzung von selbstbestimmtem Lernen darstellen.

Mit der Entwicklung des digitalen Campusportal haben die beiden Projektpartner freenet GROUP sowie time4you GmbH gezeigt, wie mit der bedarfsgerechten Auswahl und konsequenten Einführung eines neuen LMS die technische Grundlage geschaffen werden kann, damit die Unterstützung von selbstbestimmtem Lernen auch in der Praxis funktioniert. Vor diesem Hintergrund verleiht die Jury des eLearning Journals den beiden Projektpartnern den eLearning AWARD 2022 in der Kategorie „LMS-Einführung“.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Die Anpassung an das Standardsystem war die Richtschnur, um auch langfristig kostenschonend und flexibel zu bleiben.

Besonderheiten:
Bereits 2019 vor der Coronapandemie wurde das Projekt gestartet, so konnte das System während des ersten Lockdowns im März 2020 bei einem Großteil des Unternehmens eingeführt werden und innerhalb weniger Tage wurde auf das digitale Lernen umgestellt.


Projektverantwortliche

freenet GROUP

Franziska Mell
komm. Leiterin Personalentwicklung
und Recruitment

freenet AG
Deelbögenkamp 4
D-22297 Hamburg
Franziska.Mell@freenet.ag
www.freenet-group.de

 

time4you GmbH

Christina Neuhoff
Management Consultant

time4you GmbH
Maximilianstraße 4
D-76133 Karlsruhe

neuhoff@time4you.de
www.time4you.de