Scrum für den Güterverkehr
Weiterbildung auf der Datenautobahn

So einfach wie möglich, so viel Material wie nötig – Weniger ist mehr: Diese Zielgruppe braucht einen klaren Fokus. Hier gibt es nur die Materialien, die für den Erfolg unbedingt nötig sind: Webinar-Aufzeichnungen, wenn man den Live-Termin verpasst hat und für die Wiederholung, und Übungsfragen für eine gezielte Vorbereitung.

Die Arbeitsbedingungen im Güterkraftverkehr sind hart. Die Transportketten sind eng getaktet, ständig herrscht Zeitdruck. LKW-Fahrer und -Fahrerinnen sind rund um die Uhr auf der Straße, 60-Stunden-Wochen sind keine Ausnahme. So ist es kein Wunder, dass viele abhängig Beschäftigte das Ziel haben, sich selbstständig zu machen und selbst die Fahrten zu planen oder das als Verkehrsleiter in einem Unternehmen zu tun. Aber wie lässt sich die Weiterbildung mit einem so fordernden Beruf vereinbaren?

Die SVG (Straßenverkehrsgenossenschaft) ist eigentlich eine Gruppe von 15 regionalen SVGs, die schon seit 1948 besteht. Rund 8.000 Transport- und Logistikunternehmen in Deutschland sind Mitglied bei einer SVG, die für sie Beratungs- und Servicedienstleistungen übernimmt. Leitgedanke der Genossenschaft ist es, dort zu kooperieren, wo die Herausforderungen die Leistungsfähigkeit der Einzelunternehmen übersteigen, aber zugleich die selbständige Existenz gewahrt werden soll.

Dazu gehören auch die digitale Aus- und Weiterbildung, für die ein eigenständiges Tochterunternehmen zuständig ist: die SVG-Akademie GmbH. Es liegt wohl auch an dem genossenschaftlichen Gedanken, dass die SVG-Akademie den Plan fasste, den anspruchsvollen Lehrgang „Sach- und Fachkunde Güterkraftverkehr“ neu zu denken. Der Leitgedanke dabei: Wie kann man das als Online-Schulung realisieren, die genau zur Lebenswirklichkeit der Zielgruppe passt?

Lernbedarfe

Die Güterkraftverkehr-Fachkundeprüfung muss bei einer IHK abgelegt werden. Bisher sind die meisten Schulungsangebote 8 bis 14-tägige Blockseminare, die man kurz vor der Prüfung belegt. Das führt fast zwangsläufig zu „bulimischem“ Lernverhalten. Selbst wenn man besteht, geht das auf Kosten der Nachhaltigkeit. Das ist schlecht, weil es sich um vielfältige und anspruchsvolle Inhalte handelt, die man tatsächlich dringend braucht – Kostenrechnung, Buchführung, Vertragsrecht und Arbeitsrecht sind nur einige Punkte im Lehrplan.

Zielgruppe einer solchen Schulung sind Personen, die selbst einen Güterkraftverkehrsbetrieb leiten oder als verantwortliche Verkehrsleiter für ein größeres Transportunternehmen arbeiten wollen. In der Regel sind sie auch dann stark beruflich beansprucht, wenn sie nicht selbst fahren. Oft wohnen sie auf dem Land, weit entfernt von den nächsten Lehrgangsveranstaltern.

Berufsbegleitendes digitales Lernen liegt hier nahe, aber dafür ist ein umfassendes Konzept nötig, in dem alle Bausteine zusammenpassen: die didaktische Aufbereitung der Fachinhalte, die Zeitdauer und Zeitstruktur sowie der richtige Mix von synchronen und asynchronen Lernphasen. Folgende Anforderungen kristallisierten sich als besonders wichtig heraus:

Flexibilität der Teilnahme: Die Teilnehmenden haben sehr unterschiedliche Lebenssituationen und Zeitbudgets. Es war also wichtig, dass man möglichst jederzeit in den Kurs einsteigen und einzelne Teile in anderer Reihenfolge oder auch wiederholt absolvieren konnte.

Modularisierung der Inhalte: Das Schulungsprogramm ist umfangreich und vielfältig. Die späteren beruflichen Aufgaben erfordern den Nachweis der nötigen Kompetenzen für die kaufmännische und finanzielle Verwaltung des Betriebs (allgemein und bezogen auf Gütertransport) und die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen, von Arbeitsverträgen, Steuern und Versicherungen bis hin zum Fracht- und Güterrecht. All dies musste in für sich stehende, möglichst flexible Lerneinheiten verpackt werden, die mit einem Vollzeitjob vereinbar sind.

Usability: Die größte Sorge, die von Teilnehmenden geäußert wird, ist die Furcht, mit der notwendigen Technik nicht ausreichend zurecht zu kommen. Die Plattform musste also auch von Personen benutzbar sein, die mit digitalen Medien nicht selbstverständlich umgehen – und das auch von Zuhause und unterwegs, mit unterschiedlichen Zugangsgeräten.

Projektumsetzung

Zwei große Herausforderungen charakterisierten das Projekt: die nutzerzentrierte Gestaltung und der Zeitdruck bei der Entwicklung, der sich durch die Corona-Epidemie noch verschärfte. Jetzt war ein geeignetes digitales Angebot für noch mehr Leute attraktiv geworden – entweder, weil Präsenztermine nicht durchgeführt werden konnten, oder weil man Angst hatte, sich dort anzustecken. Aus beiden Gründen war es ein konsequenter Schritt, das Lernangebot streng nach der Scrum-Methode zu entwickeln. Das gesamte Team der SVG-Akademie war zugleich das Projektteam. Vor Projektbeginn fand eine Scrum-Qualifizierung statt, die in der Folge sehr genau umgesetzt wurde.

Der Product Owner vertrat dabei die Bedürfnisse der Endnutzer. Aus diesen Vorgaben und den organisatorischen Anforderungen der SVG-Akademie entstand das Product Backlog, eine Sammlung sämtlicher Funktionen und Merkmale, die der Online-Kurs haben soll. Die Projektentwicklung wurde iterativ in Feedback-Schleifen, den sogenannten Sprints, vollzogen.

Innerhalb jedes wöchentlichen Sprints wurde eine verwendbare Produktversion geschaffen. So konnte man dazu laufend aussagekräftiges Feedback von Nutzern und anderen Stakeholdern einholen. Wenn sich dadurch Anforderungsänderungen ergaben, konnte man möglichst frühzeitig reagieren. Daraus ergab sich am Ende folgender Aufbau:

Modularisierung: Der Lernstoff wurde aufgeteilt in zwei Teile mit je 17 thematischen Einheiten. Jede Einheit entspricht einem Online-Seminar von eineinhalb Stunden. Der erste Teil deckt die allgemeinen Grundlagen ab, der zweite Teil beschäftigt sich eingehend mit allen Aspekten des Gütertransport-Geschäfts. Insgesamt sind es vier Abschnitte, weil jeder Teil in den kaufmännischen und den rechtlichen Bereich zerfällt. Dazu kommt als fünfter Abschnitt eine vollständig simulierte Abschlussprüfung, mündlich und schriftlich.

Flexibilität: Diese Modularisierung ermöglicht maximale Flexibilität. Die Webinare finden jeweils an drei Wochentagen von 18.00 – 19.30 Uhr und am Samstag von 9.00 bis 14.15 Uhr statt. Ein vollständiger Intensivkurs dauert so 8 Wochen, aber dafür würde man natürlich sehr viel Disziplin und Energie brauchen. Die Teilnehmenden erhalten deshalb ein halbes Jahr lang Zugriff auf alle Kurs-Inhalte und Kurs-Termine. Der gesamte Zyklus startet nach Abschluss neu, so dass man jederzeit einsteigen kann – verpasste Live-Lerneinheiten holt man dann zu anderen Zeitpunkten nach. Zudem werden alle Webinare als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt.

Der Lernerfolg der Teilnehmer wird durch verschiedene Tests und Prüfungssimulation sichergestellt. Nach jedem modular aufgebauten Themenabschnitt kann der Teilnehmer selbstständig an einem Modulabschlusstest teilnehmen. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer Übungsfragen mit Musterlösungen, mit denen sie ihr Wissen festigen und sich optimal auf ihre IHK-Prüfung vorbereiten können.

Projektergebnis

Der Kurs wurde über die SVG-Genossenschaften, die IHKs und eine SEO/SEA Kampagne über Bing und Google bekannt gemacht. Die Resonanz war sehr gut: Die kalkulierten Teilnehmerzahlen für das gesamte Kalenderjahr 2021 wurden bereits zur Jahresmitte übertroffen. Noch wichtiger ist der Erfolg der Lernenden: Es gibt keine öffentlich einsehbare bundesweite Statistik der IHK-Prüfungsergebnisse, aber inoffiziell wurden von einzelnen IHKs Bestehensquoten genannt, die teilweise nur um 30% liegen. Dagegen schließen 94% der SVG-Teilnehmenden den Kurs erfolgreich ab. Die Feedback-Werte für die Zufriedenheit mit der technischen Bedienbarkeit und der persönlichen Betreuung liegen bisher bei 4,7 Punkten auf einer Skala von 1 bis 5.

Fazit

Der „Sach- und Fachkundekurs Güterkraftverkehr Online“ schließt eine schmerzhafte Lücke im Weiterbildungssystem und trägt dazu bei, mehr Chancengleichheit in die Verkehrsbranche zu bringen. Besonders erfreulich ist es, dass 28% der Teilnehmenden Frauen sind. Das ist eine sehr hohe Quote für diese Branche. Den Rückmeldungen zufolge fühlen sie sich in der Online-Umgebung deutlich wohler als in einem nahezu vollständig männlich besetzten Präsenzschulungsraum.

Die besondere Qualität ergibt sich aus dem sorgfältig durchgeführten user-zentrierten Designprozess: Hier stehen tatsächlich die Menschen im Mittelpunkt, die einen anspruchsvollen Kurs mit vielfältigen Erschwernissen ihres privaten und beruflichen Alltags verbinden müssen. Die Jury erkennt darum dem Online-Kurs der SVG-Akademie den eLearning AWARD 20222 in der Kategorie „Erwachsenenbildung“ zu. Herzlichen Glückwunsch!


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Den Präsenzkurs umwandeln in ein Online-Angebot, die Teilnehmenden sind beruflich stark beansprucht sowie das nachhaltige Lernen von komplexen Inhalten.

Besonderheiten:
Video-basierter Kurs mit Prüfungstraining, agile Entwicklung nach der Scrum-Methode, genau abgestimmt auf die Lebenswirklichkeit der Nutzer und Nutzerinnen.


Projektverantwortliche

SVG-Akademie GmbH

Julia Buscher
Produktmanager Digitale Bildung

SVG-Akademie GmbH
Bullerdeich 36
D-20537 Hamburg

digitale-bildung@svg-akademie.de
www.svg-akademie.de

SVG-Akademie GmbH

Anna Zimmermann
Produktmanager Digitale Bildung

SVG-Akademie GmbH
Bullerdeich 36
D-20537 Hamburg

digitale-bildung@svg-akademie.de
www.svg-akademie.de