Digitale Methoden für e-Trainer
eLearning als strategisches Mittel zum Aufbau der „lernenden Organisation“

Künstliche Intelligenz – einfach erklärt – Der Begriff KI, der jetzt in aller Munde ist, stiftet viel Verwirrung. Manche bezeichnen damit schon einfache IT-Automatisierungen, andere stellen sich darunter ein allwissendes Computer-Gehirn vor. Hier wird KI in den konkreten Zusammenhang der Continental-Geschäftsfelder eingeordnet.

Digitale Transformation ist ein schwieriger Prozess, bei dem ein großer Konzern möglichst alle Mitarbeitenden mitnehmen muss, von den Azubis bis zum Management, von den Fabrikhallen bis zu den Entwicklungslabors. Wie kann man also erreichen, dass Lebenslanges Lernen zum selbstverständlichen Teil des Mindsets wird? Wie kann man ein einheitliches Verständnis von den erforderlichen digitalen Kompetenzen herstellen, das sich als Fundament für weiterführende Trainings eignet?

Ein „Führerschein für Digitalisierung und Industrie 4.0“ – das bedeutet für die Mitarbeitenden von Continental, sich in einer neuen Umwelt zurechtzufinden und sich mit der Zeit dort souverän bewegen zu können. Dieses Angebot richtet sich wirklich an alle Mitarbeitenden, von der Fabrikhalle bis zum Management. Das Führerschein-Gerüst stammt von i40.de, dem Innovationszentrum für Industrie 4.0. Die Inhalte wurden dann in enger Zusammenarbeit mit dem hauseigenen Bildungsträger CITT (Continental Institut für Technologie und Transformation) genau auf die Verhältnisse im Unternehmen abgestimmt.

Lernbedarfe

Bekanntlich befindet sich insbesondere die Automobil- und Automobilzuliefererindustrie inmitten einer tiefgreifenden Transformation, getrieben durch Mega-Trends wie Digitalisierung, E-Mobilität und Nachhaltigkeit. Produkte, Prozesse und ganze Geschäftsmodelle müssen sich wesentlich verändern, um den neuen Marktanforderungen gerecht zu werden. „Industrie 4.0“ ist darum ein wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie von Continental: also Felder wie Robotik, additive Fertigung, Data Science und künstliche Intelligenz.

Damit dieser Umbruch gelingt, muss das ganze Unternehmen zur „lernenden Organisation“ werden. Wie kann man aber diese Vielzahl an neuen Technologien, Konzepten und Verhaltensweisen auch den Mitarbeitenden bewusst zu machen, die in den Fachbereichen fernab der industriellen Produktion arbeiten? Bisher fühlten sich viele nicht ausreichend vorbereitet, weil sie sich unter Industrie 4.0 noch wenig Konkretes vorstellen konnten.

Deshalb war es eine entscheidende Zielsetzung, das Programm wirklich auf alle Mitarbeitergruppen abzustimmen: also von Produktionsmitarbeitnden bis zu den Leuten in den Büros, von den Auszubildenden bis zum Führungspersonal. Sie alle sollten sich mit den wichtigsten Aspekten von Digitalisierung und Industrie 4.0 vertraut machen, denn das heißt: mit der zukünftigen Arbeitswelt im Unternehmen. Geplant wurden deshalb drei Stufen, die man einzeln oder nacheinander absolvieren kann: Das Basislevel richtet sich insbesondere an Blue Collar Mitarbeitende in Deutschland. Die Level I und II richten sich jeweils an alle Mitarbeitenden weltweit. Auf dem Level I geht es um die konzeptionellen Grundlagen. Auf dem Fortgeschrittenen-Level II werden die Themen dann weiter vertieft und vor allem auf ganz konkrete Anwendungsbeispiele von Continental bezogen. Auch dieser Praxisbezug war eine zentrale Vorgabe.

Projektverlauf

Das Projekt wurde seit 2019 bei Continental Regensburg durchgeführt, einer „Model Plant“, die in der hochmodernen Fertigung und dem Logistikzentrum Industrie 4.0-Anwendungen laufend einführt und testet. Ende 2020 wurden die Module zu „Digitale Kompetenzen“ für 40.000 Lernende deutschlandweit ausgerollt, in den Sprachen Deutsch und Englisch.

Am Anfang standen mehrere Workshops bei Continental, um die Eckpunkte für die eLearning Architektur genauer zu bestimmen: Was sind die besonderen Situationen und Bedürfnisse der unterschiedlichen Adressaten? Was sind die Ziele auf den einzelnen Levels: Wo will man Bewusstsein schaffen, wo will man Wissen aufbauen? Welche Themen sind zentral? Welche Lerndauer wird anvisiert? Welche didaktischen Mittel sollen eingesetzt werden? Wie ist das genaue Zusammenspiel mit der Digitalstrategie von Continental?

Der Dienstleister i40 bekam Zugang zu fachspezifischen Ansprechpartnern, um den direkten Bezug zu Continental-spezifischen Use Cases sicherzustellen. Diese Abstimmung erfolgte nicht nur zu Beginn, sondern in einem dichten iterativen Entwicklungsprozess über die gesamte Projektdauer hinweg. Wöchentliche Feedback Loops ermöglichten kontinuierlich Feinjustierungen und Anpassungen an die Continental-Welt – nicht nur bei den Inhalten, sondern etwa auch bei Sprachgebrauch und Tonalität.

Zum Einsatz kam ein abwechslungsreicher Methodenmix mit unterschiedlichen Herangehensweisen: Ein animierter Avatar führt durch die Levels, es gibt interaktive Videos und Gamification-Elemente. Hervorzuheben ist etwa ein KI Memory Game, bei dem die Lernenden versuchen müssen, eine Aufgabe „gegen“ eine KI zu lösen. Dahinter verbirgt sich die Botschaft, dass es bei KI eben nicht um eine solche Konkurrenz geht, sondern um Assistenzsysteme, die Menschen dabei helfen, scheinbar unlösbare Aufgaben zu bewältigen.

Eine besondere Herausforderung ergab sich etwa dadurch, dass einige Blue Collar-Mitarbeitenden gar keinen Unternehmensaccount besitzen, um auf das LMS zugreifen zu können. Die Anmeldung erfolgte deshalb über einen Flyer. Das eLearning wurde dann in Kleingruppen mit iPads durchgeführt. Der Vorteil: Intensives und direktes Feedback. Ein wirkungsvoller Weg, um hohe Akzeptanz und Identifikation zu erreichen, war die „Host“-Rolle, die der Werksleiter aus Regensburg in mehreren Videos übernahm. Er führt so die Lernenden durch ein Programm, das mehr sein will als nur konventionelles eLearning: Alle sollen sich dadurch als Teil der lernenden Organisation fühlen. So entsteht eine gemeinsame Grundlage, die die Einführung von neuen Technologien, Konzepten und Verhaltensweisen erst möglich macht.

Auf allen Ebenen des Lernprogramms wurden unternehmensspezifische Use Cases mit starken Storytelling-Ansätzen in die „Lernreisen“ integriert, die die abstrakten Zusammenhänge erlebbar und interessant machen. Durch diesen konkreten Bezug zum tatsächlichen Arbeitsumfeld fühlen sich die Teilnehmenden direkt angesprochen und können das Erlernte viel besser aufnehmen bzw. für sich anwenden.

Projektergebnis

Die Zahlen spiegeln hohe Akzeptanz und auch hohen Bedarf: Bereits über 2.000 Teilnehmende haben auf das eLearning im LMS zugegriffen, knapp 1.000 haben das Zertifikat erfolgreich abgeschlossen. Alle haben dabei die Möglichkeit, Rückmeldung zum Training zu geben: zur Relevanz der Inhalte, zur Passgenauigkeit für das eigene Jobprofil und die Aufbereitung als E-Learning. Bislang war das Feedback aus unterschiedlichen Standorten und Fachbereichen sehr gut. Wegen des Erfolges werden bereits jetzt die nächsten Projektphasen avisiert: Das Programm soll künftig in fünf weiteren Sprachen entwickelt werden. Inhaltliche Vertiefungen zu den Themen Mixed-Reality, Additive Fertigung und KI sollen hinzukommen. Derzeit laufen Gespräche über eine Erweiterung zu einem Blended Lear-ning-Ansatz, um das Reskilling und Upskilling im Konzern noch konkreter und zielgruppenspezifischer voranzutreiben.

Fazit

Das „Continental Digitalisierung- und Industrie 4.0- Führerschein Online Training“ ist kein gewöhnliches eLearning-Programm, sondern hat weitreichende strategische Bedeutung für den Konzern. Die Inhalte kamen nicht „von der Stange“, sondern wurden in einem intensiven Prozess kollaborativ erarbeitet. Besonders hervorzuheben ist dabei die anspruchsvolle Abstimmung auf die Ausgangspositionen und Bedürfnisse sehr unterschiedlicher Zielgruppen.
Ein ehrgeiziges digitales Lernprojekt dieser Art und Größenordnung zum Schlüsselthema „Industrie 4.0“ ist in der Konzernwelt bisher einmalig: hochindividualisiert, systematisch aufgebaut, mit 20 unterschiedlichen Themenbereichen – und das alles im Detail maßgeschneidert für die Praxis bei Continental. Hier geht es nicht mehr nur um einzelne Teilskills oder Compliance, sondern um die Grundlagen für die erfolgreiche Weiterentwicklung des gesamten Unternehmens. Der Mega-Trend „Industrie 4.0“ rückt damit für alle Mitarbeitenden in das Zentrum. Lebenslanges Lernen wird Teil des Mindsets. Ein einheitliches Verständnis von den erforderlichen digitalen Kompetenzen entsteht und wird zum Fundament für weiterführende Trainings, die diese Themen in den kommenden Jahren immer wieder aufgreifen und vertiefen.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Alle Mitarbeitenden des Konzerns sollten ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln, was „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ für Continental wirklich bedeutet.

Besonderheiten:
Das eLearning-Programm sollte einen großen Bogen schlagen: Technologische Felder wie Robotik, additive Fertigung, Data Science und künstliche Intelligenz mussten abgedeckt werden, aber auch die Vielzahl an neuen Konzepten und auch Verhaltensweisen, die sich aus der digitalen Transformation ergeben.


Projektverantwortliche

Innovationszentrum
für Industrie 4.0 GmbH & Co. KG

Dr. Philipp Ramin
Geschäftsführer

Innovationszentrum
für Industrie 4.0 GmbH & Co. KG
Franz-Mayer-Str. 1
D-93053 Regensburg

philipp@i40.de
www.i40.de

 

Continental Institut für Technologie
und Transformation (CITT)

Isabelle Hemsley
Head of Learning and Training

Continental Institut für Technologie und Transformation (CITT)
Continental AG
Vahrenwalder Str. 9
D-30165 Hannover

 

isabelle.hemsley@continental-corporation.com
www.continental-institut.de