Kollegiales Lernen mit einer Info-Comedy-Kampagne

Jede Serienfolge adressiert ein ernstes Problem – Die Comedy-Serie hält das Gefahrenbewusstsein ständig wach, ohne den Leuten mit Ermahnungen auf die Nerven zu gehen. Dauerbrenner wie Phishing und Ransomware (Erpressung von Firmen durch Hacker) kommen auch immer wieder vor. Rund um die Folgen gibt es dann weitere Informationen und Tipps für den eigenen Alltag.

Es ist ein gutes Zeichen, wenn in Büros viel gelacht wird. Neben der konzentrierten Arbeit braucht es das alltägliche Murmeln und Witzeln, um ganz beiläufig spontane Fragen zu stellen und wichtige Informationen aufzuschnappen. Wie kann man sich das zunutze machen, um ernsthafte Themen so zu verpacken, dass nicht wieder eine öde eLearning-Pflichtübung daraus wird? Eine britische Info-Comedy-Serie bietet den Hebel, um da ernste Anliegen „Informationssicherheit“ ständig präsent zu halten.

„Information Security“ ist ein brennend wichtiges Thema in einem großen Versicherungsunternehmen: Da geht es um Phishing und gehackte Firmensysteme, aber auch um Passwortsicherheit und Kundendaten-Lecks aller Art im digitalen Alltag — im Büro und unterwegs, im Intranet und in der Cloud. Im Januar 2020 hat in der Helvetia Versicherungsgruppe die IT-Abteilung „Corporate Security Services“ die Verantwortung für die komplette Informationssicherheit-Ausbildung übernommen. Aber wie kann man alle relevanten Informationen an über 10.000 Mitarbeiter in 6 Ländern bringen und dabei das Gefahrenbewusstsein auch nachhaltig in den Köpfen verankern?

Lernbedarfe

Zu Beginn entschied sich die Helvetia gegen eine verpflichtende Schulung. Alle Mitarbeitenden sollten die Informationssicherheit eben nicht von vornherein als Pflichtübung betrachten, sondern als persönliches Anliegen. Man wollte echtes Interesse wecken und echte Motivation aufbauen, damit die Informationssicherheit-Prinzipien auch wirklich zum selbstverständlichen Teil des Arbeitsalltags werden können. Das hieß aber auch, dass es mit einer einmaligen Aktion nicht getan war — eine kollektive Einstellung muss sich über lange Zeit entwickeln und verstärken.

Die zentralen Ziele des Projektes sind:

  • Nachhaltiges Bewusstsein für Informationssicherheit zu erzeugen;
  • Aufmerksamkeit zu wecken, auf humorvolle und zugleich nachhaltige Weise;
  • Grundlegende Probleme der Informationssicherheit ansprechen, die bei der Helvetia auftreten, und Tipps zum richtigen Handeln mitgeben.

Zusammen mit dem E-Learning-Spezialisten bildungsinnovator.de entschied man sich, die professionell gedrehte Info-Comedy Serie „Restricted Intelligence“ aus Großbritannien zu übernehmen und für die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Dabei handelt sich um 6 Staffeln, die jeweils aus mehreren Folgen von 6-7 Minuten Dauer bestehen. Ein Team von Profi-Darstellern stolpert dabei von einer Sicherheitskatastrophe in die andere. Die Themen der einzelnen Folgen werden dann als Ankerpunkt benutzt, um jeweils auf die besondere Situation bei der Helvetia einzugehen.

Jeden Monat gibt es eine neue Folge und ein neues Thema: zum Beispiel unsichere Webseiten, unsichere Wifi-Verbindungen, der Umgang mit externen Speichermedien. Besonders wichtige Gefahrenpunkte wie Phishing und Ransomware, also die Erpressung von Firmen durch die Blockade des ganzen IT-Systems, werden immer wieder neu aufgegriffen. Jede Folge wird in einen Blogpost eingebettet, der auch vertiefende Links auf ein Wiki und E-Learning Nuggets enthält. In einer Mediathek bleiben alle Themen immer zugreifbar.

Projektverlauf

Die Zusammenarbeit am Projekt begann Ende 2019. Helvetia hat bisher 3 Staffeln mit jeweils 6–7 Folgen veröffentlicht. Aktuell läuft die Staffel 4. Zu jeder Folge gibt es eine „Lernkarte“, die die Erlebnisse der Figuren aufgreift und sie mit Helvetia-Bezügen anreichert. Von hier aus bekommt man weiteres Material für die selbstständige Vertiefung und konkrete Tipps für den Alltag, die man auch im Privatleben brauchen kann. Mit Quizfragen oder interaktiven Fallbeispielen kann man testen, wie man sich selbst verhalten würde.

Der Stil und das langfristig angelegte Konzept der Kampagne wurden in gemeinsamen Workshops von Helvetia und Bildungsinnovator erarbeitet. Innerhalb des festgelegten Budgets wird das Projekt bis heute im Monatsrhythmus fortgeführt. In enger Absprache wird jeweils eine besondere Lernkarte erstellt. Dafür grenzt man zunächst die Inhalte ein und entscheidet dann, welche interaktiven Elemente und Fallbeispiele geeignet sind. Die Texte knüpfen an die Erlebnisse der Comedy-Figuren an und stellen dann eine Verbindung her zwischen Hintergrundformationen, konkreten Helvetia-Bezügen und Tipps für den Arbeitsalltag. Anschließend wird das konkrete Text- und Bild-Design erstellt.

Insgesamt ist das Projekt auf 6 Staffeln über 3 Jahre und ca. 25 Lernkarten ausgelegt. Durchgängig arbeiten daran 9–13 Projektbeteiligte aus verschiedenen Abteilungen bei Helvetia und Bildungsinnovator. Nach der Übersetzung in 4 weitere Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch) wird nun jede Serienfolge, die Lernkarte und das begleitende Material parallel in 5 Ländern ausgerollt. Jede Staffel wird von eigenen Marketingaktionen begleitet, um frische Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die jeweils nächste Staffel wird mit einem Teaser im Intranet angekündigt. Zusätzlich hängen Plakate in Aufzügen und in den Fluren.

Die neuen Beiträge werden nicht im LMS veröffentlicht, sondern jeweils als Blogeintrag im Intranet. Dort kann sich jeder Mitarbeiter die Folge ansehen, den passenden Blogeintrag lesen und über weiterführende Links auf die Lernkarte, ein Wiki und die Media Library zugreifen, um weitere Informationen zu erhalten. Die Lerner können so jederzeit auf die Inhalte zugreifen, sie auch später wiederholen oder kurz etwas nachschlagen.

Das didaktische Konzept lässt sich am ehesten als „kollegiales Lernen“ charakterisieren. So wird jede/r auch angeregt, immer wieder einmal ein Thema individuell zu vertiefen, zu dem man einen besonderen Zugang hat. Weil das bei einzelnen Mitarbeitern jeweils andere Themen sind, ergibt sich erst aus dem laufenden Austausch über längere Zeit hinweg das vollständige Bild.

Besonders wichtige Themen, leichthändig präsentiert: Die Helvetia setzt darauf, dass dieser Kontrast am Ende wirksamer ist, als den Mitarbeitern immer wieder ins Gewissen zu reden. Auf diese Weise werden die Helvetia-Mitarbeiter gut unterhalten und sehen zugleich ihren eigenen Alltag im Arbeitsleben der schrägen Serienfiguren gespiegelt. Ähnliche Situationen kommen wieder ins Bewusstsein, die man selbst oder die Kollegen schon erlebt haben. Das ist guter Stoff für Bürogespräche nebenbei: Man kann sich gegenseitig aufziehen oder macht sich auf Schwachpunkte aufmerksam.

Projektergebnis

Nach gut eineinhalb Jahren ist die Bilanz sehr positiv: Das Projekt wurde von den Mitarbeitern mit Freude angenommen. Auch im zweiten Jahr werden 20% – 33% der Mitarbeiter erreicht, die sich aus freien Stücken mit den Inhalten beschäftigen und dann selbst wieder im Kollegenkreis zu Multiplikatoren werden. Video- und Lernkartenaufrufe bleiben auf einem konstant hohen Niveau (400–700 Aufrufe pro Folge). Die Blogbeiträge werden durch viele Thumbs-up und Kommentare begleitet (Beispiel Schweiz: 20–50 Thumbs-up pro Beitrag).

Fazit

Mit ihrem strategisch angelegten und konsequent lernerzentrierten Informationssicherheit-Lernprogramm zeigen die Helvetia Unternehmensgruppe und die Bildungsinnovatoren, wie sich die Kurzatmigkeit von typischen Compliance-Pflichttrainings überwinden lässt. Hier ist es gelungen, eine mehrjährige Lernkampagne in Gang zu setzen, die nicht ihren Schwung verliert, sondern für viele Mitarbeiter zum selbstverständlichen Hintergrund ihrer Arbeit gehört.

Hier hat sich bewährt, dass man sich vom viralen Medien-Marketing und von der Netzkultur anregen ließ. Der web-betonte Mix aus Blogposts mit kurzen, unterhaltsamen Videos, einem Wiki und einer Mediathek im Hintergrund steht im Kontrast zum klassischen E-Learning in geschlossenen LMS-Reservaten. Hier werden die Mitarbeiter als eigenständige Konsumenten angesprochen, die selbst entscheiden, wo sie ihre Aufmerksamkeit investieren. Auf lange Sicht wird die Wirkung um so nachhaltiger sein.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Das Thema „Informationssicherheit“ sollte immer neu aufgegriffen und belebt werden, damit das Bewusstsein für die Gefahren in modernen IT-Umgebungen nicht einschläft

Besonderheiten:
Die Lösung setzt genau an den alltäglichen Erfahrungen der Mitarbeitenden an. Kurze, unterhaltsame Videos liefern viele Anknüpfungspunkte für Pausengespräche. Nachhaltiges Lernen ergibt sich dann aus der Beschäftigung mit vertiefenden Wiki-Materialien und eLearning-Nuggets.


Projektverantwortliche

Helvetia Schweizerische
Versicherungsgesellschaft AG

Daniel Schaffner
Information Security Officer /
Audit Koordination

Steinengraben 41
CH-4051 Basel
Schweiz

daniel.schaffner@helvetia.ch
www.helvetia.ch

Helvetia Schweizerische
Versicherungsgesellschaft AG

Fabio Lüdi
Group Information Security Officer
Corporate Security Services

Steinengraben 41
CH-4051 Basel
Schweiz

fabio.luedi@helvetia.ch
www.helvetia.ch

eLearning Manufaktur GmbH

Arina Lisnowski
Digital Learning Specialist

Erkrather Straße 401
Factory Campus
40231 Düsseldorf

a.lisnowski@bildungsinnovator.com
bildungsinnovator.de