10 Tipps für erfolgreiche hybride Trainings und Workshops

In den letzten beiden Jahren haben wir alle gelernt, im Homeoffice uns gut zu managen und mit den Kollege/innen virtuell zusammenzuarbeiten. Die meisten Mitarbeitenden sagen inzwischen, dass sie sich vorstellen können, die Arbeitswoche in ein 2 zu 3-Verhältnis aufzuteilen. 2 Tage im Homeoffice und 3 Tage im Büro vor Ort. Die virtuelle Zusammenarbeit und virtuelles Lernen wird weiterhin zunehmen. Dadurch, dass aber auch wieder vermehrt Personen vor Ort sein werden, stehen wir vor der Herausforderung, neue hybride Veranstaltungsformate zu entwickeln und umzusetzen. Dabei geht es darum, dass es zwei Teilnehmendengruppen geben wird: Die so genannten Onsite-Teilnehmenden vor Ort und die Offsite-Teilnehmenden, die sich virtuell dazuschalten.

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Wie in jedem didaktischen Konzept haben auch bei hybriden Veranstaltungen die Rahmenbedingungen, wie die Wahl der Sozialform, der optimale zeitliche Ablauf, die räumlichen Bedingungen vor Ort als auch die Bedingungen bei den Offsite-Teilnehmenden, die eingesetzte Software, die Bedarfe der Zielgruppe, die Art der Wissensinhalte sowie die richtige Methodenwahl massiven Einfluss auf die Qualität der Veranstaltung. Jetzt könnte man sagen, das trifft immer zu, wenn man Veranstaltungen plant – egal ob Online oder Face-2-Face. Bei hybriden Formaten stehen wir allerdings vor ganz besonderen Herausforderungen, die nicht zu unterschätzen sind. Ich muss zwei Welten miteinander verbinden, die eigentlich von der Konzeption her völlig konträr sind. Viele Methoden, die in Präsenz bestens funktionieren (z.B. ein Rollenspiel) sind virtuell nur sehr eingeschränkt umsetzbar. Ebenso weiß man schon lange, dass es bei rein virtuellen Events, wie z.B. Webinaren darauf ankommt, alle 5 bis 7 Minuten eine Interaktion einzusetzen und das ist wiederum in einer Face-2-Face-Situation völlig übertrieben. Es ist wesentlich einfacher, wenn ich nur für die virtuelle Situation oder nur für die Online-Situation plane.

Was also macht einen hybriden Event so besonders? Hier hilft es an erster Stelle die hybriden Events in drei Level zu unterteilen, die sich am Grad der „Eingebundenheit“ der Offsite-Teilnehmenden orientieren:

  1. Level 1: Ghost
  2. Level 2: Guest
  3. Level 3: Groupmember

Level 1: Ghost

Hier liegt der Fokus klar auf den Face-2-Face-Teilnehmenden. Die Offiste-Teilnehmenden sind quasi „Zaungäste“. Das was vor Ort passiert, wird einfach per Video übertragen. Die Offsite-Teilnehmenden sehen die Folien und hören den Sprecher, z.B. über einen Virtual Classroom. Wenn es technisch noch etwas anspruchsvoller gestaltet wird, dann kommt ggfs. noch ein Video hinzu, das die Raumsituation überträgt. Klar ist in diesem Setting, dass die Offsite-Teilnehmenden nur sehr eingeschränkte „Rückkanäle“ zur Verfügung haben, um sich aktiv einbringen zu können: Sie können chatten oder sich ggfs. auch per Handzeichen zu Wort melden und ihren Beitrag per Audio übertragen, mehr aber auch nicht. Ein gleichberechtigter Einbezug der Offsite-Teilnehmenden ist hier nicht vorgesehen. Solche Events mit „Level 1: Ghost“ haben dann ihre Berechtigung, wenn es darum geht, Vorträge oder auch ganze Tagungen in das Netz zu übertragen. Hier reicht es völlig aus, die Offsite-Teilnehmenden auf diese Weise zu integrieren.

Level 2: Guest

In Level 2 geht es darum, dass die Offsite-Teilnehmenden gezielt bei bestimmten Interaktionen eingebunden werden, z.B. bei Diskussions-/Frage- oder Feedbackrunden. Sie sind beim Level 2 aber auch immer noch in einer weniger aktiveren Rolle, als die Onsite-Teilnehmenden. Die Onsite-Teilnehmenden werden immer noch bevorzugt behandelt, wohingegen die Offsite-Teilnehmenden punktuell eingebunden werden, z.B. als Input-Geber. Auch dieses Format hat seine Berechtigung, wenn man z.B. die Offsite-Teilnehmenden als Fachexperten einbindet, die dazu beitragen, dass die Diskussion vor Ort durch Fachinputs angereichert werden. Sind also mehr in der Gast-Rolle und tragen punktuell zum Lernergebnis bei.

Level 3: Groupmember

Das ist das integrativste Level bei hybriden Events: Die Onsite-Teilnehmenden und die Offsite-Teilnehmenden sind gleichberechtigt eingebunden. Und das ist natürlich dann auch die größte Herausforderung für alle: Wie schafft man es, dass sich alle gleich gut hören und sehen können? Wie können Gruppenarbeiten als ein Mix aus Onsite-/Offiste-Teilnehmenden umgesetzt werden? Welche Methoden eigenen sich eigentlich für beide gleichzeitig: Onsite und Offsite? Wie kann ein gemeinsamer Wissenshintergrund entstehen, damit ein echter Austausch stattfinden kann?

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Herausforderungen und Tipps für Level 3: Groupmember

Eine besondere Herausforderung im Level 3 ist, dass es passieren kann, dass die Onsite-Teilnehmenden automatisch bevorzugt werden. Schuld daran ist der „Unconscious cognitive Bias“, ein Denkfehler, der entsteht, weil wir bestimmte Stereotypen oder Denkmustern im Hinterkopf haben, die uns nicht bewusst sind. Bei virtueller Zusammenarbeit spricht man inzwischen vom „Proximity Bias“. Dieser beschreibt das Phänomen, warum Vorgesetzte die Mitarbeitenden vor Ort per se als die fähigeren Arbeitskräfte wahrnehmen. Ein Beispiel: Wenn der/die Chefin aus reiner Gewohnheit immer die Mitarbeitenden um Rat frägt, die er/sie im Büro trifft, speichert sie diese automatisch als hilfsbereiter und besser ab. Es entsteht ein unbewusstes Denkmuster im Hinterkopf. Er/Sie blendet dann völlig aus, dass die Mitarbeitenden im Homeoffice vermutlich genauso gute Ratschläge geben könnten. Er oder sie kommt gar nicht mehr darauf, diese zu fragen.

Dieses Phänomen „Proximity bias“ lässt sich auch auf hybride Events übertragen. Die zentrale Frage ist dabei, wie wir es schaffen, dass die beiden Teilnehmendengruppen Onsite und Offsite wirklich gleichberechtigt eingebunden werden, als echte Partner wahrgenommen und es keine unbewusste Bevorzugung der Face-2-Face-Situation gibt.

10 Tipps für erfolgreiche hybride Trainings und Workshops

Hier gibt es jetzt zwei Dimensionen zu bewältigen: eine technische Dimension und eine didaktische Dimension. Für diese zwei Dimensionen haben wir im Folgenden konkrete Gestaltungstipps zusammengestellt, damit hybride Events zum Erfolg werden.

Tipp 1: Gute Tonqualität für alle sicherstellen

Bei der technischen Dimension ist am wichtigsten, dass der Ton gut übertragen wird. Raummikrofone mit hoher Qualität sind hier wichtig, damit die Offsite-Teilnehmenden dem Geschehen im Raum vor Ort gut folgen können. Eine gute Audio-Übertragung ist übrigens immer wichtiger wie eine Video-Übertragung. Ein verpixeltes Bild kann gut ausgeglichen werden, wenn ich aber die Personen im Raum nicht verstehen kann, dann bin ich als Offsite-Teilnehmender abgehängt.

Tipp 2: Raum-Kamera und Rechner-Kameras kombinieren

Zentral ist hier, dass immer der jeweilige Sprecher per Video übertragen werden sollte, damit die Offsite-Teilnehmenden sich gut eingebunden fühlen. Ebenso sollte natürlich auch der Offsite-Teilnehmende per Video in den Raum übertragen werden, wenn dieser die Sprecherrolle hat. Eine weitere technische Herausforderungen entsteht bei der Videoübertragung, wenn z.B. vor Ort Inhalte auf einem Flipchart spontan festgehalten werden, dann müssen auch alle diese Medien mit einer Kamera übertragen werden. Hier hilft es z.B. wenn man eine Raum-Kamera einsetzt, die verschiedene Kameraeinstellungen speichern kann oder noch besser, die dem/der jeweiligen Sprecher/in folgen kann.

Tipp 3: Virtual Classroom einsetzen

Am einfachsten ist es, parallel eine Software einzusetzen, die die meisten aus der virtuellen Zusammenarbeit oder aus Webinaren schon kennen, z.B. MSTeams, Zoom, Webex, Big Blue Button, Edudip und mehr. Diese halten viele Funktionen bereit, die für hybride Events auch wichtig sind. So kann z.B. der Offsite-Teilnehmende leichter über Audio und Video eingebunden werden. Auch Präsentationen können leichter übertragen werden, indem die Präsentation einmal im Virtual Classroom für die Offsite- und gleichzeitig mit einem Beamer für die Onsite-Teilnehmenden im Raum übertragen wird.

Tipp 4: Bandbreite sicherstellen

Klar ist uns allen, dass eine richtig gute Übertragungsrate ein Muss ist. Wenn aufgrund von Netzproblemen, die Übertragung der Audio- und Video-Dateien nicht funktioniert, sind sofort die Offsite-Teilnehmenden die Leidtragenden. Daher sollte die Bandbreite nicht nur beim Veranstalter vor Ort, sondern auch bei den Offsite-Teilnehmenden vorher getestet werden.

Tipp 5: Konzeptionell von Online her denken

Oben haben wir beschrieben (Stichwort: „Proximity bias“), dass man unbewusst dazu tendiert, automatisch die Onsite-Teilnehmenden zu bevorzugen. Daher ist es immens wichtig, dass man bei der didaktischen Planung eines hybriden Trainings oder Workshops von der Online-Situation der Offsite-Teilnehmenden aus denkt. Die zentrale Frage muss immer sein: Funktioniert die gewählte Methode jetzt auch gut für die Offsite-Teilnehmenden? Was muss getan werden, dass diese sich gut integriert fühlen? Sollen tatsächlich vor Ort auch Flipchart und Metaplan-Wände eingesetzt werden, dann muss eben auch sichergestellt sein, dass diese von den Offsite-Teilnehmenden auch wirklich gelesen werden können. Dabei fängt es schon damit an, dass die Kameras das Schriftbild oft seitenverkehrt übertragen (was man aber von vornherein mit einer entsprechenden Einstellung ändern kann).

Tipp 6: Sozialen Kaltstart ausgleichen

Wenn die Technik mal sicher und stabil läuft, dann ist die nächste große Herausforderung, dass die Gruppendynamik auch in hybriden Gruppenkonstellationen in Gang kommt. Am wichtigsten ist dabei, dass der so genannte „soziale Kaltstart“ ausgeglichen wird. Die Onsite-Teilnehmenden sehen sich schon beim Reinkommen, können einander die Hände schütteln und sich wahrnehmen und visuell gegenseitig einschätzen. Hier gibt es also eigentlich keinen sozialen Kaltstart. Dieser trifft nur auf die Offsite-Teilnehmenden zu. Daher ist es wichtig, dass der/die Trainer/in oder Moderator/in den Start in ein hybrides Event sehr bewusst plant und Methoden einsetzt, die ein gegenseitiges Kennenlernen der Onsite- und Offsite-Teilnehmenden ermöglicht.

Tipp 7: Vereinbarungen treffen

Üblicherweise werden zum Start eines Trainings in Präsenz oder auch in einem Webinar Kommunikationsregeln oder auch allgemeine Regeln vereinbart. Die meisten empfinden dies als banal und man kann diese oft schnell abhandeln. In hybriden Events ist das aber nicht banal, weil die Situation für viele tatsächlich neu ist. Daher ist es wichtig, zum Start gemeinsam mit der gesamten Gruppe zu überlegen, an welchen Regeln wir uns orientieren möchten. Ein gemeinsames Commitment hilft: z.B. wenn sich ein Offsite-Teilnehmender zu Wort meldet, dann darf dieser sich sofort einbringen. Wenn sich ein Onsite-Teilnehmender zu Wort meldet, dann muss dieser immer seinen Namen mit ansagen, weil der Offsite-Teilnehmende wissen muss, wer da eigentlich spricht (er hat oft ja auch nur die Stimme und nicht automatisch auch das Videobild).

Tipp 8: Paten oder Buddys einsetzen

Eine Strategie in hybriden Events hat sich inzwischen sehr bewährt: das Paten- oder Buddy-Modell. Dabei gibt es zwei Umsetzungsmöglichkeiten: eine 1 zu 1-Lösung oder eine 1-zu-Offsitegruppe-Lösung. Was genau ist damit gemein? Bei der 1 zu 1-Lösung wird jedem Offiste-Teilnehmenden ein Onsite-Teilnehmender als Pate zugeordnet. Der Pate ist dann dafür verantwortlich, dass der Offsite-Teilnehmende gehört und einbezogen wird. Er/Sie reagiert beispielsweise, wenn die Wortmeldung seines ihm zugeordneten Offsite-Teilnehmenden übersehen wird. Bei der 1 zu Offsitegruppe-Lösung wird eine Person aus der Gruppe vor Ort bestimmt, der für alle Offsite-Teilnehmenden gleichzeitig diese Patenfunktion übernimmt. Diese Rolle kann an einem Tag auch weitergegeben werden, damit nicht immer nur eine Person diesen Job nebenher übernehmen muss.

Tipp 9: Gruppen mixen

Unserer Erfahrung nach ist das beste Mittel, um die Onsite- und Offsite-Teilnehmenden in guten Austausch zu bringen, wenn Gruppenarbeiten eingesetzt werden, bei denen die Onsite- mit den Offsite-Teilnehmenden zusammenarbeiten. Allerdings ist dabei zu beachten, dass es hier auch wieder technische Herausforderungen zu bewältigen gibt. Beispielsweise sitzen drei Onsite-Teilnehmende vor einem Laptop und sind aber mit zwei weiteren individuell eingeloggten Offsite-Teilnehmenden in einem Virtual Classroom verbunden. Hier ist es wichtig, dass die Onsite-Teilnehmenden nicht durcheinanderreden, sondern sich eine klare Kommunikationsstruktur halten.

Tipp 10: Gut moderieren: Transparenz und Orientierung bieten

In hybriden Events ist es besonders wichtig, immer wieder auf die Agenda einzugehen und mit allen zu besprechen: an welchem Thema sind wir gerade, was können wir jetzt abschließen, wie geht es weiter. Das hilft allen und insbesondere den Offsite-Teilnehmenden, nicht die Orientierung zu verlieren. Gleichzeitig sollte auch immer wieder Transparenz hergestellt werden, über Zeiten, wie mit Online-Material umgegangen wird, wann Pausen sind und mehr. Eine stringente Moderation ist in hybriden Events viel wichtiger, wie in den klassischen Face-2-Face-Veranstaltungen, weil ich zwei verschiedene Bedürfnisse immer im Blick behalten muss: Onsite und Offsite.

Fazit: Wertschätzend miteinander umgehen

Das ist der wichtigste Tipp zum Schluss: Alle Regeln und Vereinbarungen und die beste technische Ausstattung nützen nichts, wenn der Umgang untereinander nicht klappt. Die besondere Herausforderung ist dabei, dass man rücksichtsvoll jeweils mit der Situation des anderen umgeht, ein gegenseitiges Verständnis entwickelt und generell empathisch bleibt. Beispielsweise kann man die Offsite-Teilnehmenden mit einem Applaus begrüßen, so fühlen sie sich gleich von Beginn an willkommen. Ebenso kann man den Offsite-Teilnehmenden gleich zu Beginn den Auftrag geben, was Sie den Onsite-Teilnehmenden zum Start mitteilen möchten. Außerdem ist es wichtig, immer wieder zwischendurch als Trainer/in bzw. Moderator/in darauf zu achten, dass die Stimmung nicht kippt und mögliche Missverständnisse (die übrigens virtuell viel schneller entstehen) gleich von Beginn an angesprochen werden.


Die Autorin

Katja BettDr. Katja Bett
Geschäftsführerin, Diplom-Pädagogin

Seit 20 Jahren Spezialistin für Lernen und Arbeiten in digitalen Welten, Strategie-, Prozess- und Umsetzungsberatung.

 

 


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