Social Selling ist wertvoll für viele Geschäftsprozesse. Der Personaldienstleister Hays hat Social Selling im Vertrieb etabliert und berichtet hier über die wichtigsten Learnings und Praxistipps bei der Einführung.
Entscheidungen treffen
Nach welchen Kriterien treffen Sie eine Entscheidung? Welchen Einflüssen unterliegen Ihre Entschlüsse, ganz gleich ob in der Rekrutierung, beim Lernen oder beim Einkaufen?
Spätestens dank des Buches „Schnelles Denken, langsames Denken“ des Psychologen Daniel Kahneman sollte uns die Komplexität von Entscheidungen bewusst sein. Wir haben oft nicht die Zeit, sämtliche Facetten eines Sachverhalts zu ergründen, bevor wir uns eine Meinung bilden. Die meisten unserer Entscheidungen fällen wir nicht nach den Prinzipien der mathematischen Logik, sondern wir halten sie für richtig, weil wir uns damit gut fühlen. Diese Aspekte haben Einfluss auf unsere Entscheidungen: Die Glaubwürdigkeit unserer Kommunikationspartner, ihr Image, die Bewertung durch die eigene Peergroup und die Relevanz für uns selbst.
Genau hier setzt Social Selling an, wie diese Beispiele zeigen:
Vertrieb – Erst Social Media, dann Telefon
Steffi Kupka ist Key-Account-Managerin bei einem IT-Dienstleistungsunternehmen. Seit drei Jahren betreut sie einen internationalen Medienkonzern, bei dem die digitale Transformation ganz oben auf der Agenda steht. Damit hat das Unternehmen ein großes Neugeschäft-Potenzial für Kupka. Doch seit Corona hat sich das Kommunikationsverhalten der Kunden radikal verändert: Im Homeoffice gehen viele Ansprechpersonen nicht ans Telefon. Aber ohne den persönlichen Kontakt erzielt die Account-Managerin keine Geschäftsabschlüsse und ihre Verkaufszahlen sinken dramatisch.
Das ist die Chance für Social Selling: Die eigene Identität in den Sozialen Medien aufzubauen und für Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit zu nutzen. Steffi Kupka recherchiert potenzielle Kunden, schaut sich an, was diesen wichtig ist, interagiert mit ihnen, vernetzt sich und sendet passende Botschaften. Mit großem Erfolg. Jetzt sind die Ansprechpersonen bereit, zu telefonieren. Und die Qualität der Gespräche erhöht sich enorm. Bereits nach wenigen Monaten übertrifft Kupka ihren gewohnten beruflichen Erfolg. Wie genau sie im Detail vorgegangen ist, um Social Selling erfolgreich zu betreiben? Das erläutern Jacky Schneider und Felix Schwarz im Folgenden.
Recruiting: Einen Sog-Effekt erzeugen
Stellen Sie sich vor, Sie suchen im War for Talents die besten Personalressourcen. Wie gehen Sie vor? Wenig erfolgversprechend sind klassische Stellenanzeigen. Denn wer eine hohe Expertise in einem Thema hat, bewirbt sich nicht auf eine Ausschreibung. Diese Person lässt sich finden und umwerben. Damit sie von sich aus Kontakt zu Ihrem Unternehmen aufnimmt, muss sie die Vision und Projekte Ihres Unternehmens kennen und davon begeistert sein. Dazu müssen Sie sichtbar sein. Als Unternehmen, aber auch Sie persönlich mit Ihrer eigenen Personal Brand. Denn Menschen arbeiten mit Menschen und möchten schnell ein Gefühl dafür bekommen, ob neben den fachlichen Facetten auch die Chemie stimmt.
Wie werden Sie sichtbar? Erzeugen Sie einen Sog-Effekt, indem Sie sich mit spannenden Experten vernetzen, mit ihnen interagieren und zukunftsweisende Themen Ihres Unternehmens posten. So finden Sie nicht nur Talente, die können, was Sie brauchen. Sondern auch Talente, die hoch motiviert sind, bei Ihnen ihr Bestes zu geben.
Corporate Influencing: Meinungsbildung der internen und externen Stakeholder
Peter Wiedemann ist CEO eines mittelständischen Unternehmens. Bisher hat die Firma Produkte und Dienstleistungen für die Automobilindustrie angeboten. Aufgrund der Elektrifizierung der Fahrzeuge musste das Unternehmen sein Geschäftsmodell radikal verändern. Durch externe Beratungen ist eine für das Management sehr zufriedenstellende Strategie entstanden. Ein erster wichtiger Schritt des Transformationsprozesses.
Die eigentliche Arbeit beginnt aber jetzt: Prozesse verändern, Belegschaft mitnehmen, Up- und Reskilling-Konzepte entwickeln, den Sales-Prozess umstellen … All das bedeutet immer wieder Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Gehen die Mitarbeitenden den Prozess nicht mit, scheitert die Strategie. Wiedemann ist sehr Social-Media-affin und mit den meisten Angestellten via Linkedin vernetzt. Nachdem er intern die jeweiligen Schritte der Transformation ankündigt hat, postet er regelmäßig wichtige Ideen und Botschaften. Die Mitarbeitenden können somit nicht nur sehen, wofür er steht. Sie sehen auch, wie sein Netzwerk reagiert. Was CEOs anderer Unternehmen dazu kommentieren, wie viele den Beitrag liken oder sogar teilen. All das beeinflusst die Meinungsbildung der Belegschaft. Auf diesem Weg leistet Peter Wiedemann als Corporate Influencer einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Transformation seines Unternehmens. Und er positioniert sich zusätzlich als Thought Leader für seine Peergroup außerhalb seiner Firma.
Drei Beispiele, die den sinnvollen Einsatz von Social Selling zeigen.
Sollte sich jedes Unternehmen damit beschäftigen Wir meinen: ja. Social Selling bietet eine wertvolle Chance, die Kommunikation zu stärken. Deshalb sollten Mitarbeitende auf allen Ebenen Xing, Linkedin und Co. für ihre Sache nutzen.
Wie Hays vorgegangen ist, um Social Selling im Vertrieb zu etablieren, erklärt Jacqueline Schneider:
How to start a digital movement
Jacqueline Schneider (Professional Learning & Development bei Hays)
Wo fängt man an, wenn man die Menschen von Anfang an auf eine Reise mitnehmen will? Bei deren Mindset. Entscheidend war die Begeisterung des Hays-Vorstands für dieses Thema. Der Nutzen – gerade in der Corona-Pandemie – lag schnell auf der Hand: Wir sind ein Personaldienstleister. People Business. Der vertrauensvolle Kontakt zu unseren Kunden und Kandidaten ist unser Kapital: Die Initialzündung, das Feuerwerk.
Bei Hays starteten wir mit Digital Bootcamps. In diesen Workshops überzeugten wir die Teilnehmenden vom Nutzen von Social Selling als zentrales, digitales Vertriebswerkzeug für jeden Einzelnen. Insbesondere mit Blick auf die Pandemie in 2020 und die daraus resultierenden veränderten Arbeitsweisen in Vertrieb und Recruiting.
Auch brachten wir Licht ins Dunkel: Was ist dieses Social Selling überhaupt? Und wie setzt man es ein? Wir entwickelten das Vorgehensmodell BIND, einen vierstufigen Social-Selling-Prozess:
- Build up your profile
- Identify, listen & understand
- Network proactively & sustainably
- Dare to share content
Vier zentrale Schritte für den Erfolg, über die Sie weiter unten von Felix Schwarz mehr erfahren. Damit hatten wir in einem ersten Schritt einen Großteil der Sales Population geschult und aufgezeigt, wie sich die Zukunft unseres hybriden Vertriebs bei Hays gestalten wird.
Wir schafften gemeinsam eine inspirierende Atmosphäre und es entwickelte sich eine „Grassroots-Bewegung“ aus Vertrieblerinnen und Vertrieblern, die als Social-Selling-Vorbilder starteten: Unsere „Digital Pioneers“, die das Thema als Multiplikatoren ins Unternehmen tragen.
Wie haben wir es geschafft, diesen Spirit aufrecht zu erhalten, um eine nachhaltige Verhaltensänderung zu erzeugen? Und das Wissen an weitere langjährige Mitarbeitende und unsere Neustartenden weiterzugeben?
How to keep the movement
Die Digital Bootcamps, gepaart mit den Digital Pioneers, erzeugten einen großen Pull-Effekt in der Organisation. Es hat sich ein wachsendes Netzwerk aus internen Corporate Influencern gebildet, die das Thema stark vorleben. Sie sind Vorbilder für die Organisation bei den Themen Xing und Linkedin:
- Sie nutzen Linkedin als Akquisetool, um neue Ansprechpersonen zu generieren.
- Sie bauen ihre digitale Personal Brand: Wie trete ich professionell in Social Media auf? Was ist mein Mehrwert für meine Zielgruppe? Wie erkennt meine Zielgruppe das auf einen Blick?
- Sie generieren mit viel Fleiß in kontinuierlicher Social-Selling-Arbeit Kundenanfragen und machen Geschäftsabschlüsse.
- Sie nutzen Linkedin zum digitalen Beziehungsmanagement.
- Sie nutzen Xing als Rekrutierungstool, um neue Kandidatinnen und Kandidaten zu finden.
- v.m.
Dieses Erfahrungswissen geben sie an andere Kolleginnen und Kollegen weiter, um den Durst der Organisation nach der Frage zu stillen: Wie wende ich denn jetzt Social Selling konkret im Daily Business an? Das dazugehörige Format nennen wir „Social Selling Booster“. Es findet einmal monatlich in Interviewform als Best-Practice-Austausch statt und wird sehr gut angenommen.
Um das Wissen aus den Digital Bootcamps nachhaltig im Unternehmen zu verankern, ist nach einigen Wochen Planungs-, Konzeptions- und Umsetzungszeit eine vierteilige WBT-Reihe (Web-Based-Trainings) entstanden. Das Grundrezept: abgefilmte Videosequenzen aus den Digital Bootcamps. Weitere Zutaten: Anreicherung der Videosequenzen mit Übungen, um die Lernenden ins Tun zu bringen. Final verfeinert mit Quizfragen, um die Inhalte spielerisch zu erlernen.
Dieser Online-Kurs steht flexibel für alle in unserem Learning Management System zur Verfügung. Ein obligatorischer Bestandteil der Ausbildung für unsere neuen Mitarbeitenden. Wissensspeicher und Auffrischungskurs für erfahrene Kolleginnen und Kollegen.
Nun haben wir auch noch unsere Zielgruppe der Führungskräfte. Hier kamen die Fragen auf:
- Wie setze ich Social Selling als Führungskraft ein?
- Was kann ich ergänzend tun, um meine Mitarbeitenden zu befähigen?
- Wie steuere ich meine Teams? Stichwort: KPIs.
So laufen aktuell die brandneuen „Social Selling for Leaders Sessions“, um genau diese Themen zu adressieren und gemeinsam zu besprechen.
Digital Bootcamps, Online-Kurse, Social Selling Booster, Social Selling for Leaders – dieses umfassende Lernangebot wird nach wie vor erweitert. Aktuell ist ein neues Lernformat in der Entwicklung: Das Network-Recruiter-Training legt den Fokus auf die Rekrutierenden.
Im engen Austausch mit unseren Zielgruppen prüfen wir, wie sich die Lernbedarfe entwickeln. Denn wie wir alle wissen: Lernen hört nie auf. Lernen ist kontinuierlich. Lernbedarfe verändern sich.
Nach der internen Entwicklung startet nun auch die externe Nachfrage. Unsere Kundenunternehmen sind zunehmend daran interessiert, mehr zu unseren Social-Selling-Erfahrungen zu erfahren, um diese für ihre Unternehmen zu übernehmen. Daraus ist ein Social-Selling-Angebot für unsere Kundenunternehmen entstanden, von dem Felix Schwarz berichtet.
Wenn persönliche Treffen ausbleiben, Messen gestrichen werden und das Telefon unbeliebter wird
Felix Schwarz, Digital Consultant bei Hays
Unternehmen, Selbstständige & Mitarbeitende stehen heute vor der Herausforderung, das eigene Marken- und Leistungsversprechen wirksam zu kommunizieren. Zwischen Februar und März 2020 verzeichnete LinkedIn ein Engagement-Growth von 2160 Prozent. Für das gesamte Jahr 2020 stiegen die geteilten Beiträge der Nutzenden um 60 Prozent. Die erhobenen Daten implizieren einen Trend der Verschiebung persönlicher Interaktion auf digitale Plattformen. Trotz der veränderten Marktgegebenheiten gilt: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.
Digital is the new normal
Während sich das Nutzungsverhalten stetig verändert, steckt das digitale Skill-Set des Vertriebs, des Recruitings oder der Kommunikation vieler Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Es gilt also, das notwendige digitale Know-how aufzubauen. Hierbei ist es sinnvoll, das C-Level-Management als Leuchtturm für die restliche Organisation einzubinden. Im Anschluss an eine Evaluation des organisationalen Skill-Levels, ist ein entsprechendes Trainingsprogramm bedarfsgerecht zu implementieren. Ratsam ist, die Lerninhalte in ein Lernmanagementsystem zu integrieren, um das erworbene digitale Skill-Set nachhaltig im Unternehmen zu verankern. Der Aufbau digitaler Fähigkeiten ist elementar, um mindestens den Anschluss nicht zu verpassen oder besser: dem Wettbewerb eine Nasenlänge voraus zu sein.
2018 realisierte Hays die Notwendigkeit, die eigenen Vertriebsprozesse dem veränderten Nutzungs- bzw. Kaufentscheidungsverhalten anzupassen und leitete die Transformation im Rahmen einer Vorstandsinitiative ein. Wie Jacky Schneider dargestellt hat, führten wir im Rahmen des Transformationsprozesses Social Selling als digitale Vertriebsmethode ein, um der Anspruchsgruppe eine Multi-Touchpoint Customer Experience zu ermöglichen, die dem Wandel des Kaufentscheidungsverhaltens entspricht.
Vor dem Hintergrund unserer eigenen digitalen Transformation des Vertriebs haben wir einen vierstufigen Prozess entwickelt, um Social Selling erlernbar zu machen und nachhaltig in Unternehmen zu implementieren:
BIND
BIND – das Akronym versinnbildlicht zum einen die vier aufeinander aufbauenden Prozessschritte und zum anderen den Kerngedanken von Social Selling: den Aufbau einer nachhaltigen Bindung zwischen zwei Parteien.
B: Build up your profile
- – Erstellen eines vertriebsrelevanten, professionellen Profils auf ausgewählten Plattformen
I: Identify, listen & understand
- – Social Signals wahrnehmen, dokumentieren und handeln
N: Network proactively & sustainably
- – Soziale Netzwerke nachhaltig nutzen, um langfristige Beziehungen aufzubauen
D: Dare to share content
- – Nutzenstiftenden Content posten und auswerten
Fazit:
Wer eine Entscheidung trifft, zieht dazu Informationen aus dem Markt und bildet sich auf dieser Basis eine Meinung. Jeder entscheidet selbst, wann der Kontakt zum jeweiligen Verkäufer oder Unternehmen entsteht. Somit wird der digitale organisationale Auftritt zu einem ausschlaggebenden Faktor in der Entscheidungsfindung. Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Wer nicht in der Informations- und Anbahnungsphase präsent ist, wird höchstwahrscheinlich Chancen verpassen.
Strategisch geht kein Weg daran vorbei, Vertriebs- und Rekrutierungsprozesse digital zu transformieren. Spätestens seit den Einschränkungen der Pandemie und den Implikationen für Unternehmen sind Social Selling, Recruiting via Social Media und Corporate-Influencer-Programme auf der unternehmerischen Agenda.
Mit Social Selling können Sie Ihr Unternehmen verändern. Tun Sie es.