Digitales MINTeinander – wenn Schüler Schüler lehren
Förderung des Peer Learning im 21. Jahrhundert begeistert Wien

Fragestellungen aus den so genannten „MINT-Fächern“, wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, stellen viele junge Lernende vor Verständnisprobleme. Vor allem die kompliziert ausgedrückte Fachsprache, verwirrende Darstellungen und fehlende Beispiele erschweren den Lernerfolg. So nimmt die Motivation und das Interesse von jungen Lernenden für diese Themenfelder oft schon frühzeitig in der Schullaufbahn ab. Aus diesem Grund wurde die MINTeinander Initiative der Fachhochschule Technikum Wien (FHTW) ins Leben gerufen, um auch das langfristige Interesse an diesen Bereichen zu fördern.

Die FHTW ist die größte rein technische Fachhochschule Österreichs und Vorreiter in der Entwicklung von innovativen Lernplattformen. In Zusammenarbeit mit Partnereinrichtungen, wie den Hertha Firnberg Schulen für Wirtschaft und Tourismus, entstand das hier vorgestellte Peer Learning-Video-Projekt. In der MINTeinander Initiative produzieren Schülerinnen und Schüler Lernvideos, die u.a. auf dem Video Portal YouTube Millionen von jungen Lernenden zugänglich sind. Ziel war es, sich vor allem auf die Fächer zu konzentrieren, in denen die Schülerinnen und Schüler die meisten Schwierigkeiten aufweisen.

Lernbedarfe

Stoßen junge Lernende heutzutage bei Fragestellungen auf Probleme, so suchen sie wie selbstverständlich im Internet nach Lernmaterialien und greifen häufig auf Erklärvideos zurück. Das gefundene Material ist aber oft unverständlich ausgedrückt und dargestellt. Der damit verbundene erhöhte Arbeitsaufwand erschwert nicht nur das Begreifen der Materie, sondern wirkt sich im Allgemeinen auch negativ auf die Lernerfahrung aus. Licht ins Dunkel bringen können Erklärungen von Mitschüler*innen, die eine einfachere Sprache wählen. Nach dem digitalen Peer Learning-Prinzip können so Inhalte aus den MINT-Fächern von Schülerinnen und Schülern so aufgearbeitet werden, dass sie für andere junge Lernende greifbar und gut verständlich sind.

Projektverlauf

Die Initiative wird mittels interner und externer Werbemaßnahmen vorangetrieben. Schulintern wird das Projekt den Schülern durch Lehrpersonal und Plakate ans Herz gelegt. Schulextern werden die Lernvideos der Öffentlichkeit auf der Onlineplattform YouTube zugänglich gemacht. Zu weiteren Werbemaßnahmen gehört ein Imagefilm, der einen Einblick in die bereits produzierten Videos und Themengebiete zeigt. Außerdem ist geplant, dass Konzept an weiteren Schulen im Raum Niederösterreich zu etablieren und so die Peer Learning-Video-Initiative voranzutreiben. Das Projekt befindet sich in einem kontinuierlichen Rollout und die ersten Videos und Informationen sind schon bei YouTube und Twitter (#MITeinander) online.

Projektergebnis

Die Lernvideos befinden sich in laufender Produktion und werden in einem eigens hergerichteten MINTStudio an der FHTW produziert. Das MINT-Studio ist mit professionellen Kamera-, Beleuchtungs- und Tonequipment ausgestattet. Den Schülerinnen und Schülern steht zahlreiches professionelles Equipment, wie Smartpen und Multitouch-Smartboard zur Verfügung. So können neben Animationen und handschriftlichen Grafiken auch zusätzliche Programme und Apps angezeigt und in den kreativen Flow der Präsentierenden mit integriert werden. Durch einen gleichbleibenden Frame der Videos wird ein Widererkennungswert von MINTeinander geschaffen. Innerhalb dieses Rahmens sind die Schülerinnen und Schüler frei bei der Themenwahl und Gestaltung. Generell greifen Lehrkräfte nicht in den kreativen Herstellungsprozess mit ein, betreuen jedoch die Themenbereiche und überprüfen die Richtigkeit des Inhaltes. Am Ende entstehen Lernvideos, die komplexe MINT-Themen durch einfache und mit nachvollziehbaren visuellen Hilfsmitteln erklären. Diese Videos sind nicht nur schulintern für die Lernenden, sondern auch auf YouTube dem gesamten deutschsprachigen Raum zu Verfügung gestellt. So wird das Interesse an MINT-Themen unabhängig von sozioökonomischen Status und Geschlecht gefördert.

Hervorzuheben ist auch der entwickelte pädagogische Lehransatz des Projektes. Die Lehrkräfte beachteten dabei die doppelte Perspektivierung des Peer Learning durch die Digitalisierung des Konzepts. Zum einen setzen sich die Schülerinnen und Schüler, die die Videos produzieren, intensiv mit dem Lernstoff auseinander und eigenen sich gleichzeitig digitale Präsentationskompetenzen an. Das selbständige Unterrichten wirkt sich dabei positiv auf Lernerfolg und Lernerfahrung aus. Zum anderen wird der Zielgruppe kompetente und erfolgreiche Modelle vorgeführt. Beide Perspektiven wirken sich somit positiv auf das Interesse an MINT-Themen aus und motiviert junge Lernende, sich auch langfristig für eine Karriere in diesem Bereich zu entscheiden.

Fazit

Der vorgestellte Ansatz hebt das Peer to peer-Learning auf eine digitale Ebene. In dem hier vorgestellten Projekt entwickeln Schüler digitale Medien, die anderen jungen Lernern Wissen aus den MINT-Bereichen vermitteln sollen. Der hier zur Geltung kommende pädagogische Lehransatz, dreht sich sowohl um die Produktion als auch um die Nutzung von Lehrvideos. Diese werden von den Schülern in professioneller Qualität produziert und auf die Zielgruppe zugeschnittene Video Plattform YouTube anderen jungen Lernenden als user generated content zur Verfügung gestellt. Durch dieses Konzept erlernen die produzierenden Schüler nicht nur weitere Fähigkeiten in der Aufbereitung digitaler Medien, sondern können ihr Fachwissen und Interesse an MINT-Themen noch weiter ausbauen. Darüber wird dem Nutzenden jungen Menschen in einfacher und ansprechender Weise komplexe MINT-Themen erläutert. Egal aus welcher Perspektive man das Projekt betrachtet, es ist ein voller Erfolg. Aus diesem Grund hat sich die Jury des eLearning Journals dazu entscheiden, die Fachhochschule Technikum Wien mit dem eLearning AWARD 2020 in der Kategorie „User Generated Content“ auszuzeichnen.

Redaktion: Lars Wicke


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Fragestellungen aus den MINT-Fächern sollen nach dem Peer Learning-Prinzip in einfach zu erfassenden Erklärungen und sinnvollen visuellen Hilfsmitteln vermittelt werden. Durch die aktive Teilnahme soll das langfristige Interesse von Schülerinnen und Schülern an einer Karriere in den MINT-Bereichen geweckt werden.

Besonderheiten:
Komplexe MINT-Themen werden durch einfache Sprache und innovative Darstellungen in Lernvideos von Schülern und Schülerinnen erklärt, die der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Durch die Digitalisierung des Peer Learning-Konzepts, wird das langfristige Interesse an MINT-Fächern und einer beruflichen Orientierung in diesen Bereich gefördert.


Projektverantwortliche

Fachhochschule Technikum Wien

Dr. Gerd Christian Krizek
Projektleitung

Fachhochschule Technikum Wien
Höchstädtplatz 6
A-1220 Wien

gerd.krizek@technikum-wien.at
www.technikum-wien.at