Kategorie: Videotraining

Der Medienkonsum der Gesellschaft befindet sich im Wandel. Waren konventionell vor allem Bücher beim Wissenserwerb angesagt, so sind es heute zunehmend Videos. Für die betriebliche Bildung ergibt sich damit die Erfordernis, Lernvideos verstärkt mit ins Schulungsrepertoire zu nehmen. Dabei stößt man als Unternehmen unweigerlich auf die Herausforderung der Produktionskosten.

Einen besonderen Umgang mit dieser Herausforderung hat die Wüstenrot Bausparkasse AG gefunden. Die Inspiration für die unternehmenseigenen kosteneffizient produzierten Lernvideos lieferte die 1967 gestartete Lernsendung „Telekolleg“ des bayerischen Rundfunks, über dessen Hilfe Landbevölkerung und insbesondere Hausfrauen über den Fernseh-Fernunterricht die mittlere Reife erwerben konnten. Das haben bis zur Sendungseinstellung 1984 gesamt 22.000 Menschen geschafft.

Entsprechende Sendung nahm sich Wüstenrot zum Vorbild und versuchte didaktisch durchdachte Lernfilme mit möglichst geringen Kosten zu produzieren. Die ersten Formate nannten sich „Horns Häppchen“ und „Wissen mit Witz“. Im Lauf der Zeit kamen weitere Formate hinzu. Zwischenzeitlich produziert Wüstenrot 6 verschiedene Formate für die Zielgruppen Azubis, Verkäufer und Manager. Alle Lernfilmformate verfügen über Elemente zur Steigerung der Aufmerksamkeit und folgen in ihrer Gestaltung den wichtigsten Erkenntnissen der Lernpsychologie. Das Unternehmensdogma hierzu lautet nicht nur auf die Sprache in den Videos bezogen, sondern ganz generell: „Einfach, verständlich, anschaulich“.

Lernbedarfe

Im neuesten Videoprojekt, das sich an Bankkaufmann-Azubis, Verkäufer im Ausschließlichkeitsvertrieb, Betreuer der Vertriebskooperationen sowie an Manager richtet, sollten diverse vonseiten der IHK als prüfungsrelevante Inhalte klassifizierte Themen geschult werden. Im Sinne von effizientem Ressourcenumgang sollte darauf geachtet werden, dass ein möglichst kleiner Aufwand betrieben wird, um didaktisch gute Lernfilme zu produzieren, die auch noch gerne angeschaut werden. Als Projektrahmen wurde zu Beginn festgelegt, dass ein Lernfilm von 10 Minuten Länge für durchschnittlich weniger als 2000 Euro produziert wird. Außerdem wurde als Ziel festgesetzt, dass alle produzierten Lernfilme innerhalb eines Jahres minimal 20.000 Gesamtklicks aufweisen sollten.

Projektverlauf

Lerner, Trainer, Ausbilder, Verkäufer und Manager wurden in das Projekt einbezogen. Verschiedene kosteneffiziente und von der Grundszenerie her simpel gehaltene Lernvideos wurden schließlich produziert – unter Hinzuziehung vom Flipchart bis zum Grennscreen Studio. Alle Videoproduktion bewegten sich innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens.

Der Rollout erfolgte nach der Fertigstellung durch eine Bewerbung im Newsletter an die entsprechenden Zielgruppen. Die interne Promotion wurde bewusst kleingehalten. Überwiegend erfolgte die Promotion durch Mund-zu-Mund-Propaganda, die aufgrund der humorvoll gestalteten Videos mit einprägsamer Darstellung und Story gut funktionierte.

Projektergebnis

Im Ergebnis steht für Wüstenrot primär die Erkenntnis, dass es durchaus möglich ist, interessante, didaktisch gut durchdachte und von technischer Seite aus qualitativ hochwertige annehmbare Lernfilme mit geringem Gesamtaufwand zu erstellen und fürs Lernen, Wiederholen, Vertiefen und die Transferstärkung einzusetzen. Gerade auch der inkludierte Humor wird als wichtiges Gestaltungsprinzip erachtet, da er sich günstig auf das Lernverhalten auswirken kann. Die Kosten pro Lernfilm von etwa 10 Minuten Dauer konnten auf durchschnittlich 1400 Euro begrenzt werden. Innerhalb eines Jahres konnten 22.000 Gesamtklicks auf die Videos erzielt werden.

Die Wüstenrot-Lernvideos sind in einen Blended Learning-Ansatz eingebunden und steigern die Lerneffizienz durch geringere Präsenzzeit bei gleichzeitiger Verlängerung von Vormach-, Übungs-, und Wiederholungszeit. Die Erkenntnisse der Transferstärkenmethode von Prof. Axel Koch werden methodisch explizit einbezogen. Thematisch stehen in der Vermittlung Verhalten, Gesprächsführung, erfolgreiche Verkaufsgespräche und Expertengespräche im Vordergrund.

Die entwickelten Lernvideos dienen der Prüfungsvorbereitung von mehreren Zertifikatslehrgängen der IHKs. Durch die digitale Vermittlung entfallen Teile der sonst erforderlichen Präsenz-Prüfungsvorbereitung. Über die Begleitung per Lernfilm werden beim Lernen Zeit und Raum entkoppelt: Die Teilnehmer lernen zuhause oder im Büro und sind nicht an eine Seminarlokation gebunden. Der Trainer stellt die Lernfilme bereit und kann kontaktiert werden. Für die Teilnehmer entfällt zudem der gruppen-immanente soziale Stress beim Erwerb neuen Wissens, was für eine positive Lernerfahrung sorgen soll. Letztlich dienen die Videos der Produktivitätssteigerung und Transferstärkung gegenüber der Belegschaft.

Fazit

Das Projekt der Wüstenrot Bausparkasse AG verdeutlicht, dass Lernfilme mit überschaubarem Aufwand produziert werden können und sich gut für die inhaltliche Vermittlung von Managementwissen, Gesprächsabläufen, Sales-Stories und interessanten Konzept-Hintergründen eignen. Im Corporate Learning lassen sich die Lernvideos dabei sowohl im Pre- als auch Postwork einsetzen. Die Jury des eLearning Journals traf beim Projekt der Wüstenrot-Lernvideos auf ein durchdachtes Vermittlungskonzept mit überzeugender Umsetzung. Aus diesem Grund zeichnet sie die Wüstenrot Bausparkasse AG mit dem eLearning AWARD 2021 in der Kategorie „Videotraining“ aus.

Redaktion: Samuel Jambrek