Hype oder Trend – Wie relevant ist Künstliche Intelligenz tatsächlich?

An dem Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) scheint es in den letzten Jahren kein Vorbeigehen zu geben. In regelmäßigen Abständen verkünden neue Studien den Siegeszug von KI in den unterschiedlichsten Branchen, mit teilweise drastischen Prognosen für etablierte Jobprofile und Auswirkungen auf die Beschäftigten. Doch wie verbreitet ist KI in deutschen Unternehmen aktuell überhaupt? Lohnt sich der Einsatz? Welche Risiken und Herausforderungen gibt es? Und wie relevant ist KI für die betriebliche Bildung? Das eLearning Journal gibt Antworten auf diese und viele weitere Fragen zum Status von KI in Deutschland.

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Bisher hat nur eine kleine Minderheit deutscher Unternehmen bereits konkrete KI-Tools im Einsatz. Aber immerhin rund jedes zweite Unternehmen steht dem Thema grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. (Quelle: PwC – Künstliche Intelligenz in Unternehmen)

KI in Deutschland – viel heiße Luft um nichts?

Im November 2018 war es endlich soweit. Die Bundesregierung veröffentlichte ihre Strategie zur Künstlichen Intelligenz, womit das Thema in Deutschland an oberster Stelle angekommen war. Das Strategiepapier macht deutlich, dass KI einerseits ein enormes Potential für Wirtschaft und Gesellschaft hat, aber andererseits auch die Gefahr birgt, dass Deutschland und Europa bei der Entwicklung und dem Einsatz von KI abgehängt werden könnte. Die KI-Strategie der Bundesregierung ist nur ein weiterer Beleg für die Tatsache, dass sich das Thema KI immer mehr von einem Zukunftstrend hin zu einer transformativen Technologie entwickelt, mit der sich Unternehmen bereits heute auseinandersetzen müssen, um zukünftig nicht den Anschluss zu verlieren. Gleichzeitig ist der neue Hype um KI vergleichsweise „jung“ und Erfahrungen mit anderen Transformationen wie beispielsweise der Digitalisierung haben gezeigt, dass ein solcher Prozess nicht von heute auf morgen passiert. Wie verbreitet sind KI-Lösungen daher in deutschen Unternehmen tatsächlich?

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Aktuell kommt KI insbesondere in der Unterstützung von Entscheidungsprozessen sowie in der Automatisierung von bestehenden Geschäftsprozessen zum Einsatz. (Quelle: PwC – Künstliche Intelligenz in Unternehmen)

Einen Anhaltspunkt zur Beantwortung dieser Frage liefert die 2019 von PwC veröffentlichte Studie „Künstliche Intelligenz in Unternehmen“, in deren Rahmen 500 Entscheider deutscher Unternehmen befragt wurden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Studienteilnehmer grob in zwei quasi gleichgroße Lager einteilen lassen. Auf der einen Seite gibt es demnach mit 49 % die „KI-fernen Unternehmen“, für die KI nicht relevant ist. Demgegenüber werden 51 % der befragten Unternehmen als „KI-affin“ klassifiziert, die sich in verschiedenen Stadien der KI-Anwendung befinden. Von dieser Zielgruppe setzt mit 4 % allerdings bisher nur ein geringer Teil tatsächlich schon KI in der Praxis ein. Ein deutlich größerer Teil befindet sich entweder noch in der Implementierungs- (2 %), Test- (3 %) oder Planungsphase (14 %), während mit 28 % etwas mehr als die Hälfte der KI-affinen Unternehmen das Thema zwar für relevant erachtet, aber es bisher noch keine konkreten Planungen gibt.

Auf den ersten Blick mag die in der Studie ermittelte bislang geringe Verbreitung von KI-Lösungen in deutschen Unternehmen überraschend wirken. Allerdings ist es bei neuen Innovationen und Technologien nicht ungewöhnlich, dass zunächst eine kleine Gruppe von Innovatoren und Early Adoptern vorprescht, bis dann nach und nach die breite Masse hinterherzieht. Wenn man bedenkt, dass sich immerhin 19 % der befragten Unternehmen Planungs-, Test- oder Implementierungsphase befinden, kann man davon ausgehen, dass die Anzahl der Unternehmen mit konkretem KI-Einsatz in näherer Zukunft deutlich zunehmen wird. Ebenfalls kann man davon ausgehen, dass von den Unternehmen, die das Thema als relevant bewerten, im Laufe der Zeit ebenfalls auf den „KI-Zug“ aufspringen werden. Zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass die aktuelle Verbreitung von KI-Lösungen bisher noch sehr gering zu sein scheint, es aber ein deutliches Wachstumspotential gibt. Wie stark die Verbreitung von KI in Deutschland in den kommenden Jahren zunehmen wird, wird insbesondere von dem konkreten Mehrwert abhängen, der sich für Unternehmen durch den Einsatz ergeben wird. Doch wie kann ein solcher Mehrwert eigentlich konkret aussehen?

Die Mehrwerte und Anwendungen von KI

Eine mögliche Antwort auf diese Frage liefern die Ergebnisse der Befragung „State of AI in the Enterprise“ von Deloitte, welche ebenfalls 2019 veröffentlicht wurde. Im Rahmen dieser Befragung wurden in Deutschland 100 Interviews mit Experten aus Unternehmen durchgeführt, die bereits mindestens einen KI-Prototypen oder eine KI-Anwendung im Einsatz haben. Basierend auf diesen Interviews sehen die befragten Experten die größten Mehrwerte von KI in der Optimierung von Produkten und internen Abläufen. Konkret wurde mit 52 % von rund jedem zweiten Studienteilnehmer die Verbesserung bestehender Produkte oder Dienstleistungen durch KI genannt. Als weiterer Mehrwert wurde von 42 % der Befragten die Optimierung interner Abläufe genannt, während die Verbesserung von externen Prozessen mit 35 % auf dritter Stelle lag. Interessanterweise wurde dagegen die Reduzierung von Personal durch Automatisierung mit 20 % Nennungen lediglich von einer Minderheit als Mehrwert von KI genannt.

Diese Zahlen werden durch die Ergebnisse der Studie „Artificial Intelligence in Europe“, die von Microsoft in Auftrag und von Ernst & Young durchgeführt wurde, komplementiert. Demnach wird von den befragten Studienteilnehmern aus Deutschland mit 80 % in der Automatisierung, d.h. das Aufgaben ohne den Input von Menschen erledigt werden können, als größten Mehrwert von KI identifiziert. Aber auch in der Datenanalyse wird ein großes Potential von KI gesehen. Denn stolze 71 % der Studienteilnehmer sieht in der Generierung von Einblicken (engl. Insights) einen konkreten Vorteil, da mittels KI insbesondere in großen Datenmengen nützliche Muster und Trends identifiziert werden können. Immerhin noch 60 % der deutschen Befragten schätzt an KI das Vorhersage-Potential, um zukünftige Ereignisse und Ergebnisse vorherzusagen bzw. zu antizipieren.

Diese Mehrwerte spiegeln sich wiederum in den KI-Anwendungen wider, die von den Teilnehmern der PwC-Studie bereits genutzt werden oder vorstellbar sind. Demnach steht mit 70 % Nennungen Analytics bzw. Datenanalyse für Entscheidungsprozesse an oberster Stelle. Direkt dahinter folgt mit 63 % die Prozessoptimierung bestehender Geschäftsprozesse. Konkrete KI-Anwendungen wie Chatbots (47 %) oder Speech Processing (42 %) wurden dagegen bereits deutlich weniger genannt.

In der Summe legen die Ergebnisse die Vermutung nahe, dass sich zwei grundlegende Einsatzgebiete von KI für deutsche Unternehmen abzeichnen. Auf der einen Seite hält dank KI die Automatisierung immer stärker Einzug in Büros, nachdem das Thema bereits seit Jahrzehnten in Fabriken zu Optimierungen geführt hat. Mittels KI lassen sich zunehmend zeitintensive und wiederkehrende Aufgaben im Büro, wie z.B. Buchungs- und Rechnungsprozesse oder gängige Support-Anfragen, an intelligente Algorithmen abgeben, wodurch Mitarbeiter mehr Zeitressourcen für qualifiziertere Aufgaben haben. Auf der anderen Seite birgt KI ein großes Potential in der Analyse von großen Datenmengen und kann durch das Erkennen von Trends und Mustern sowie durch das Generieren von Vorhersagen und Prognosen Mitarbeiter beim Treffen von Entscheidungen helfen. Es ist daher keine Überraschung, dass PwC zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mit 71 % Nennungen die Mehrheit der befragten Unternehmen KI eher als Unterstützung menschlicher Arbeit einsetzt bzw. plant und weniger als autonom agierendes System (20 %).

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Hinter dem Sammelbegriff „Künstliche Intelligenz“ verbergen sich eine ganze Anzahl von unterschiedlichen Ansätzen und Technologien. In den letzten Jahren hat insbesondere Machine Learning einen großen Aufschwung verzeichnet und hat auch schon umfassend in Unternehmen mit KI-Erfahrung Einzug genommen. (Quelle – Deloitte: State of AI in the enterprise)

Bedenken und Stolpersteine – die Rahmenbedingungen für KI

Trotz der klar erkennbaren Argumente für den Einsatz von KI ist die aktuelle Verbreitung bisher in Deutschland recht überschaubar. Wie passt dies zusammen? Eine mögliche Erklärung könnten die erforderlichen Rahmenbedingungen sein, die in Unternehmen für den erfolgreichen Einsatz von KI vorhanden sein müssen. In der Studie von PwC wurden von den befragten Unternehmen beispielsweise eine ganze Reihe von Voraussetzungen identifiziert. Mit 69 % Nennungen haben demnach die zugrundeliegenden Daten eine besonders große Bedeutung für die Umsetzung und den Betrieb von KI. Zusätzlich ist auch die Größe des Datenpools für den Lernprozess und den Einsatz von KI relevant (55 % Nennungen). Ebenfalls wichtige Faktoren sind außerdem die Compliance-Anforderungen und regulatorischen Maßnahmen sowie der Aufbau von eigenen KI-Kompetenzen im Unternehmen, denen jeweils von 59 % der Studienteilnehmer eine große oder sehr große Bedeutung beigemessen wurde.

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Für den erfolgreichen Einsatz von KI müssen in einem Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sein. Allen voran die Verfügbarkeit und Qualität von Daten sowie die (nicht) vorhandenen KI-Kompetenzen werden als Hürden identifiziert. (Quelle: Deloitte – State of AI in the enterprise)

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Deloitte. Demnach stellen „Data Issues“, wie z.B. Datenschutz, Datenqualität oder Bereinigung, die meistgenannte Herausforderung für KI-Initiativen dar. In einem Ranking wurde diese Hürde von 40 % der Studienteilnehmer an erster, zweiter oder dritter Stelle genannt. Aber auch die fehlenden KI-Kompetenzen z.B. in der Form von Entwicklern oder Informatikern wurden von den befragten Unternehmen mit einem Vergleichswert von 36 % als Hindernis identifiziert. Weitere Herausforderungen sind demnach der Nachweis des Mehrwerts von KI (35 %), die Einbindung von KI in bestehende Prozesse (34 %) oder die Entwicklungskosten von KI (31 %).

Neben den Herausforderungen wurden von Deloitte auch die Bedenken der befragten Unternehmen gegenüber KI untersucht. Denn trotz des Hypes stehen die Studienteilnehmer dem Thema durchaus auch kritisch gegenüber. Das größte Risiko stellt demnach die Cyber Security dar, welches zu 51 % in den Top 3 genannt wurde. Aber auch in der technischen Limitierung von KI stehen die Befragten ein Risiko, etwa wenn basierend auf KI falsche Entscheidungen getroffen werden (46 %) oder wenn ein KI-System in einem kritischen Kontext versagt (43 %). Aber auch Compliance-Themen und regulatorische Risiken wurden ähnlich wie PwC von den Studienteilnehmern als potentielles Problem genannt.

Zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass KI für deutsche Unternehmen eben nicht nur ein großes Potential zu versprechen scheint, sondern auch mit handfesten Risiken verbunden ist und bestimmte Voraussetzungen benötigt, die in einem Unternehmen zugegen sein müssen. Vor allem Daten und Kompetenzen scheinen bisher noch eine große Hürde darzustellen. Datenmenge und -qualität sind für viele KI-Anwendungen von zentraler Bedeutung, aber stehen in vielen Unternehmen insbesondere im Mittelstand nicht zwangsläufig in der Menge und in der Güte zur Verfügung, die beispielsweise zum Trainieren einer KI benötigt werden. Auf der Kompetenzebene gibt es bei dem Thema KI in der Mehrheit der Unternehmen anscheinend noch Lücken, zu diesem Ergebnis kommt zumindest Deloitte, denn mit 62 % werden in beinahe zwei von drei befragten Unternehmen fehlende KI-Kompetenzen wahrgenommen.

KI in der betrieblichen Bildung – die große Unbekannte

Alles in allem scheint es allgemein beim Thema KI in der deutschen Wirtschaft also noch eine große Differenz zwischen Anspruch und Wirklich bzw. vielversprechendem Potential und tatsächlichen Einsatz zu geben. Auf der einen Seite erkennen Unternehmen klare Mehrwerte von KI. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch zahlreiche Hürden, Risiken und Bedenken, die nicht einfach ignoriert werden können und den Einsatz von KI erschweren oder in vielen Fällen zum jetzigen Zeitpunkt gar verhindern.

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In der betrieblichen Bildung gibt es beim Thema KI noch einen großen Orientierungsbedarf. Denn fast zwei Drittel aller Studienteilnehmer haben sich mit KI noch nicht auseinandergesetzt. (Quelle: eLearning BENCHMARKING Studie 2019)

Ein sehr ähnliches Bild zeichnen auch die Ergebnisse der eLearning BENCHMARKING Studie im Bezug auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der betrieblichen Bildung. Demnach setzt aktuell mit 2,7 % lediglich eine absolute Minderheit bereits KI-Tools in der Aus- und Weiterbildung im eigenen Unternehmen ein und liegt damit auf einem vergleichbaren Niveau, wie das Ergebnis der PwC-Studie. Dieser Wert könnte sich in den kommenden Jahren allerdings deutlich erhöhen, denn 3,6 % der befragten Unternehmen planen innerhalb der nächsten Monate entsprechende Tools nutzen zu wollen, während weitere 9,1 % einen solchen Einsatz in den nächsten fünf Jahren für ihr Unternehmen sehen. Demgegenüber sieht mit 19,6 % rund jeder fünfte Studienteilnehmer sowohl kurz- als auch mittelfristig keine Relevanz von KI für den eigenen Schulungsalltag. Der mit Abstand größte Teil der befragten Unternehmen hat sich mit 65 % Nennungen mit dem Einsatz von KI in der betrieblichen Bildung bisher allerdings noch überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Aus diesen Zahlen lassen sich mehrere Erkenntnisse ableiten. Zu allererst scheint es in der Branche noch einen gewaltigen Orientierungsbedarf zu geben. Zwar ist KI mittlerweile in aller Munde, doch gerade für den Bereich der betrieblichen Bildung gibt es bisher wenig konkrete Produkte, auch wenn in der jüngsten Zeit beispielsweise mit Lernbots Bewegung in den Markt gekommen ist. Interessant ist auch, dass sich von Unternehmen, die sich mit dem Thema KI schon auseinandergesetzt haben, bisher mehr als die Hälfte keine Relevanz für die eigene Aus- und Weiterbildung erkennen kann. Eine mögliche Erklärung könnte auch in diesem Fall die fehlenden KI-Tools und/oder eine unzureichende Marktreife ebendieser Produkte sein. Bedenkt man allerdings das langfristige Potential von KI, dann stellt sich die Frage, ob diese Position in den nächsten Jahren wirklich gehalten werden kann. Auch die in der Studie von PwC identifizierten Voraussetzungen wie Datenqualität und -menge oder die fehlenden internen KI-Kompetenzen könnten mögliche Erklärungen für die bisher geringe Verbreitung von KI in der betrieblichen Bildung sein.

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Trotz der geringen Verbreitung sehen die Studienteilnehmer eine Vielzahl an Mehrwerten durch KI. Insbesondere in der individuellen Betreuung von Lernern sowie in der Personalisierung von Lernangeboten und -empfehlungen wird ein großes Potential gesehen. (Quelle: eLearning BENCHMARKING Studie 2019)

Fehlendes Know-how ist das größte Verbreitungshindernis

Dieses Erklärungsmuster wird insoweit durch die eLearning BENCHMARKING Studie 2019 unterstützt, da ein zu geringes internes Know-how mit 55,3 % Nennungen aus Sicht der befragten Unternehmen der Hauptgrund ist, der aktuell gegen den Einsatz von KI-Tools in der betrieblichen Bildung spricht. Dieses Ergebnis ist nicht weiter verwunderlich, handelt es sich bei dem Thema KI doch um ein breites und gleichzeitig sehr technikgetriebenes Feld, welches sich momentan in einem rasanten Tempo weiterzuentwickeln scheint. Da es bisher auch kaum Praxisbeispiele für den erfolgreichen Einsatz von KI in der betrieblichen Bildung gibt, ist es für Personalentwickler, Trainer oder eLearning Professionals entsprechend schwierig, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Allerdings sollte sich die Informationslage mit der zunehmenden Verbreitung in den nächsten Jahren verbessern, wodurch das fehlende Know-how in den Unternehmen als Hindernis an Bedeutung verlieren könnte.

Neben dem fehlenden Know-how wird von unter der Hälfte der Studienteilnehmer (42,6 %) die zu aufwändige Anschaffung bzw. Implementierung als Grund gegen die Anschaffung von KI-Tools ins Feld geführt. Weitere Hindernisse sind für jeweils rund jedes dritte Unternehmen der unzureichende Stand der Technik für den Praxiseinsatz (33,8 %), Kompatibilitätsprobleme mit der vorhandenen Infrastruktur (33 %) sowie Datenschutz-Bedenken (31,1 %). Vor allem die Datenschutz-Bedenken sind keine Überraschung, wenn man bedenkt, welch zentrale Rolle Daten beim Thema KI spielen. Damit der Einsatz von KI-Tools wie beispielsweise ein adaptives Lernsystem also die gewünschten Ergebnisse produzieren kann, müssen unter Umständen sowohl aggregierte als auch personalisierte Lerndaten genutzt werden können. Gleichzeitig sind Lerndaten ein typischerweise sensibles Thema, bei dem insbesondere der Betriebsrat ein Veto einlegen kann. Zusammen mit der Schwierigkeit, die KI-Tools in die Infrastruktur des Unternehmens zu integrierten, könnten die Datenschutz-Bedenken also erklären, wieso viele Studienteilnehmer die Implementierung von KI-Tools als zu aufwendig bewerten. Wenn gleichzeitig auch der Stand der Technik als unzureichend für den Praxiseinsatz eingeschätzt wird, dann ist es nicht verwunderlich, wenn sich aus Sicht der Unternehmen der Aufwand bisher nicht lohnt.

Grundsätzlich positiv für die Zukunft von KI in der Aus- und Weiterbildung scheint die Aufgeschlossenheit von HR-, eLearning- und Fachabteilungen gegenüber dem Thema zu sein, denn mit lediglich knapp unter 6 % Nennungen scheinen Bedenken bei diesen Stakeholdern nicht zu den Gründen zu gehören, die aktuell in den befragten Unternehmen gegen die Einführung von KI-Tools sprechen.

Die Mehrwerte von KI-Tools in der betrieblichen Bildung

Doch trotz dieser aktuellen Bedenken bzw. Hindernisse scheint es sinnvoll zu sein, sich intensiv mit dem Einsatz von KI auseinanderzusetzen. Denn wie die eLearning BENCHMARKING Studie 2019 ebenfalls ermittelt hat, sehen die Studienteilnehmer ganz konkrete Mehrwerte, welche KI in der Aus- und Weiterbildung bieten kann.

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Auch in der betrieblichen Bildung werden die fehlenden internen Kompetenzen als meistgenannte Hürde für den KI-Einsatz identifiziert. (Quelle: eLearning BENCHMARKING Studie 2019)

Das größte Potential gibt es mit 68,8 % Nennungen demnach im Bereich der individuellen Lernempfehlungen sowie im Performance Support. Mit individualisierten Lernangeboten sollen Lernprozesse optimiert und die Motivation gesteigert werden, in dem der Lerner nur die Inhalte bearbeitet, die er auch wirklich braucht. In der Praxis ist es allerdings schwierig, den Mitarbeitern umfassend auf ihre Bedarfe abgestimmte Lernempfehlungen zu geben. An diesem Punkt können intelligente Algorithmen ansetzen und für Unternehmen konkrete Mehrwerte bieten. Mit Hilfe von KI können die Stärken und Schwächen analysiert und anschließend automatisiert Lernempfehlungen gegeben werden. Selbst wenn KI diesen Prozess nicht für jeden Mitarbeiter und für jeden Bedarf komplett übernehmen kann, so könnten entsprechende Tools die Personalabteilung dennoch entlasten, so dass diese ihre Ressourcen zielgerichteter einsetzen können. Ähnliche Mehrwerte könnte KI auch für das Thema Performance Support bieten. Die Grundidee von Performance Support ist die Hilfestellung im Arbeitsprozess im „Moment of Need“, z.B. in der Form von kleinen Lernnuggets, die einen konkreten Vorgang in wenigen Minuten erklären. Damit ein Mitarbeiter bei einem Problem allerdings auch die passende Hilfestellung findet, ist die Suchfunktion von entscheidender Bedeutung. An diesem Punkt wiederum kann KI ansetzen, denn ein Anwendungsfeld von KI ist das „Verstehen“ von menschlicher Sprache („Natural Language Unterstanding“, NLU), wie es beispielsweise in Assistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa sowie, in einfacherer Form, in Chatbots zum Einsatz kommt. Im Vergleich zu einer normalen Suchfunktion soll der Chatbot das Problem des Mitarbeiters besser verstehen und dadurch zuverlässiger eine passende Hilfestellung anbieten.

Als weiterer Mehrwert wurde mit 51,5 % Nennungen der Einsatz von KI als Assistenzfunktion etwa für Trainer bzw. Tutoren oder zur Lernorganisation genannt. Einfache Regelaufgaben wie Buchungen, Erinnerungen oder auch bestimmte Auskünfte durch die Lerner können mit Hilfe von KI-Tools automatisiert werden, wodurch Trainer entlastet werden können und ggf. mehr Ressourcen in anderen Bereichen frei werden. Darüber hinaus sehen die befragten Studienteilnehmer außerdem Einsatzgebiete von KI in der Wissensvermittlung bzw. im Kompetenztraining (48,9 %) sowie in der Lernprozessanalyse (47,1 %). Auch in der Contentproduktion könnte KI laut rund einem Drittel der befragten Unternehmen Mehrwerte bieten, insbesondere in der maschinellen Übersetzung von Lerneinheiten sowie in der Kuratierung von Lerninhalten.

Alles in allem sehen die Studienteilnehmer, die sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt haben, eine breite Palette von Einsatzgebieten für KI in der betrieblichen Bildung. Insbesondere die Automatisierung von einfachen, aber regelmäßigen Lernprozessen sowie eine individuelle Lernbegleitung scheint aus Sicht von Unternehmen attraktiv zu sein.

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