Kommunikation in digitalen Lernumgebungen

Kommunikation findet immer mehr im digitalen Kontext statt. Viele Lernende korrespondieren mit ihren Lehrenden über Webchats, Webinare und Messenger. Es werden bereits komplette Lernszenarien via Messenger angeboten. Wie soll ein Mitarbeiter hier noch die Trennung von Arbeit und Privatleben vollziehen? Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mitarbeiter ein Recht darauf hat, außerhalb seines Arbeitsplatzes für das Unternehmen zu lernen!

Kommunikation in digitaler Lernumgebung

E-Mail-Dienste stellen immer noch die häufigste digitale Kommunikationsform beim digitalen Lernen dar. Direkt danach kommen mit immer kürzer werdendem Abstand die Messengerdienste, welche oft für digitale Lernräumen benutzt werden. Beide Formen sind streng genommen asynchron, da das Schreiben oder Sprechen und die Äußerung dazu zeitlich getrennt erfolgen. Asynchron bedeutet, dass die eingegebenen Buchstaben und Worte oder der eingesprochene Text nicht sofort auf den Bildschirmen des Gegenparts erscheinen, sondern erst nach abschließender Betätigung der Senden-Taste. Es handelt sich jedoch, je nach Netzabdeckung, nur um Verzögerungen im Sekundenbereich. Deshalb hat sich hierfür auch der Begriff ›quasi-synchron‹ etabliert.

In einer digitalen Lernumgebung erzeugt der Lernende als Erstes mittels selbstgewählten Pseudonyms sein eigenes virtuelles LernIch. In der Regel hat sein digitales LernIch eine große Übereinstimmung mit seinem realen Identität in Bezug auf Geschlecht, Alter, Wissensstand oder Wesenszuschreibungen etc.. Nach dem Betreten eines Lernraumes folgen in der Regel nach mehr oder minder langer Orientierungsphase verschiedene Begrüßungssequenzen zu den anderen LernIchs.

In einem solchen Lernraum sprechen nicht sämtliche Personen miteinander, sondern unterschiedlich große Gruppen und Einzelpersonen vorwiegend untereinander. Die Bildschirmzeilen stellen sozusagen das niedergeschriebene Protokoll des mit einem Mikrofon aufgenommenen Ganzen in einem analogen Raum voller Lernender dar. Aus dieser Aufeinanderfolge ergibt sich, dass die Texte nicht Posting für Posting gelesen werden können, sondern zuerst die zusammenhängenden Gesprächspartner gefunden werden müssen; nur dadurch ergibt sich ein kohärenter Sinnzusammenhang, ein Lerngespräch.

Nicht nur die Kommunikation mit mehreren Personen wird in diesen Lernräumen praktiziert, sondern dies auch noch in unterschiedlichen Lernräumen, falls diese vom Anbieter bereitgestellt werden. Ein solches Verhalten ist immer hoch kommunikativ. Es ermöglicht den Lernenden auch, dort zu agieren, wo sich digital wie persönlich bekannte Personen befinden oder der Dialog am interessantesten erscheint.

Erkauft wird diese digitale Lernkompetenz jedoch immer mit fehlenden oder flüchtigen Rückmeldungen auf allgemeine Ansprachen oder Fragen von Lehrenden und Lernenden. Der zum Teil als kopflos interpretierte Sprachstil ist, meiner Meinung nach, dafür weniger verantwortlich zu machen. Es zeigen sich vielmehr gesprächstypische, also für die mündliche Umgangssprache charakteristische Merkmale, die eins zu eins in die Kommunikation mit übernommen werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass die Lernenden um die Gesprächssituation in einem Lernraum sehr genau Bescheid wissen. Dass Mimik, Gestik und andere außersprachliche Handlungen für die Gesprächspartner nicht sichtbar sind, ist sehr wohl bekannt, da der Lernende selbst davon betroffen ist. Dafür bedarf es eines entsprechenden Ausgleiches. Als Mimikersatz dienen Smileys wie ;-), oft auch auf mobilen Endgeräten mit echten Piktogrammen ersetzt. Ferner finden sich ebenfalls Abkürzungen und Kurzwörter, wie z.B. g für grins oder lol für engl. laughing out loud.

Ein weiterer Wesenszug von digitalen Lernräumen ist Effizienz. Sichere Rechtschreibung ist meist einer schnellen und schlagfertigen Kommunikation untergeordnet. In den Lernräumen findet in den meisten Fällen konsequente Kleinschreibung statt. Orthografie ist ein weiteres Fremdwort in der normkonformen Schreibweise in Lernräumen. Die oft vertretene Vermutung, dass es sich um Schreibschwächen handelt, bezweifle ich in den meisten Fällen. Ich glaube eher, dass man als Ursache für die ›fehlerhafte‹ Schreibweise das Fehlen einer Tastatur in Verbindung mit der Dauer des Eintippens des Textes sehen muss. Es wird oft nicht ein zweites Mal über den Text gelesen, bevor er versendet wird. Alles muss schnell und zügig vonstattengehen, da ein anderer Lernender dem eigenen Text zuvorkommen könnte. Demgemäß bemühen sich Lernende oft um eine möglichst zügige Reaktion, was zur Folge hat, dass die Texte teilweise nicht mehr zu lesen sind. Die Autokorrektur der modernen Smartphones und Tablet tut ein Übriges dazu.

Hier sollten Unternehmen mit einer digitalen Etikette dem Lernraum eine Richtung geben, die es allen Lernenden erlaubt, so zu kommunizieren, dass es auch alle anderen verstehen können.

Lernen in mobiler Umgebung

Die Bedeutung der mobilen Kommunikation hat in unserer Gesellschaft, im beruflichen wie im privaten Kontext, einen sehr hohen Stellenwert erreicht. Das äußerst sich unter anderem darin, dass es mehr Mobilfunkverträge gibt, als Festnetzanschlüsse. Vor allem die Möglichkeit, einen mobilen Internet-Zugang zu haben, ist für die meisten Nutzer ein adäquater Festnetzersatz. Darin drückt sich der Trend zu mehr Individualität und Mobilität aus.

Verbindet man nun die persönliche Mobilität mit den digitalen Kommunikationsmöglichkeiten, dann ergibt sich das Bild eines Lernenden, der in allen Lebenslagen von jedem Ort und zu jeder Zeit lernen kann. Dieses Bild stellt den Zustand dar, den viele Menschen erreicht haben: die vollständige Erreichbarkeit! Dadurch hat sich unser Kommunikations- und Lernverhalten grundlegend verändert. Wir sind nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden, sondern können zu jedem Zeitpunkt miteinander kommunizieren und damit auch lernen. Was hindert uns daran Lernwissen, welches wir durch unser Unternehmen bereitgestellt bekommen haben, an dem Ort zu lernen, der uns gefällt? Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mitarbeiter ein Recht darauf hat, zu jederzeit an jeden Ort – besonders auch außerhalb seines regulären Arbeitsplatzes – das bereitgestellte Lernwissen seines Arbeitsgebers zu konsumieren.

Wir Menschen haben so viele unterschiedliche Lerntypen entwickelt: Menschen, die früh morgens, am späten Abend, wenn sie entspannt im Garten liegen, auf der Coach zu Hause oder im Urlaub Wissen am effektivsten aufnehmen können. Menschen, die Lesen müssen, lieber zuhören oder sogar visuell dabei gereizt werden müssen, um zu lernen. „Sperrt“ man diese Menschen in ein Büro 9-17 Uhr ein und gibt ihnen eine digitale konforme Lernumgebung, wird der Lernerfolg gleich Null sein.

Was ist also als Unternehmer zu tun?
Der Unternehmer muss eine Lernumgebung für den Arbeitnehmer schaffen, die es ihm ermöglicht, zu jeder Zeit, an jedem Ort mit jedem digitalen Endgerät selbstständig lernen zu dürfen. Das Lernen muss dem Arbeitnehmer freigestellt werden. Er soll darüber entscheiden können, ob er es außerhalb seiner Arbeitszeiten oder innerhalb dieser erledigt. Dafür müssen von Unternehmerseite aus Lernzeiten bereitgestellt werden, auch außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit. Ein neues Commitment zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist die Folge daraus. Schon heute lassen sich viele Arbeitnehmer nicht mehr in bestimmte Rollen zwängen. Dies gilt insbesondere auch in der Weiterbildung. Mehr Rechte für die Arbeitnehmer bedeutet im Umkehrschluss auch mehr Lernverantwortung des Arbeitsgebers an den Arbeitnehmer. Es entsteht für beide Seiten eine Win-win-Situation.

Fazit

Die richtige Mischung aus internen und externen Kommunikation-Tools und die Art der Kommunikation darin sind entscheidend.

Das digital-kommunikative Lernen im Jahre 2019 ist viel komplizierter als noch vor dreißig Jahren, wo man sich praktisch nur zwischen einem oder mehrere Präsenztagen, einer CD-Kollektion oder einem Lernbuch entscheiden musste. Heutzutage muss die Lernkommunikation viel stärker als je zuvor auf die Situation abgestimmt sein. Wie kann ein Unternehmen in dieser rasanten Entwicklung den richtigen Kommunikationskanal für das digitale Lernen auswählen?

Am sichersten ist es erst einmal, wenn man die internen Kommunikation-Instrumente kombiniert und so die effektivste Lösung für den Lernenden findet. Sind keine adäquaten Kommunikations-Instrumente im Unternehmen vorhanden gilt es neue zu implementieren.

Hier mein Tipp dazu: Die Menschen, welche am besten über die gegenseitige Kommunikationsstruktur im Unternehmen bescheid wissen, sind die Mitarbeiter selbst. Rufen sie ein Tagesmeeting mit ausgewählten Mitarbeitern aller Abteilungen über das Thema Lern-Kommunikation ein. Am Ende wird eine Roadmap stehen, an der sich das Unternehmen perfekt orientieren kann und die gleichzeitig auch alle Mitarbeiter abholt.


Der Autor:

Bernd Braun

Seine Mission ist es, Menschen zu helfen in der digitalen Welt mit den richtigen Umgangsformen erfolgreich zu sein. Er bevorzugt MacBook, iPhone, iPad, Bistros, Biergärten und Cafés und weitere inspirierende Locations, um seine digitalen Ideen weiter zu entwickeln, sein Unternehmen zu steuern und mit Ihnen zu kommunizieren. Er ist der einzige Digitale Etiquette Experte im deutschsprachigen Raum und wird besonders von Unternehmen im digitalen Changeprozess gebucht.

 


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