Kategorie: Adaptives Lernsystem

Mit Symptomen der Schizophrenie wie Wahnvorstellungen, Halluzinationen, sozialem Rückzug und Emotionslosigkeit einen Umgang zu finden, ist als Patient trotz psychotherapeutischer Behandlung nicht einfach. In Zukunft soll eine medizinische App eine intensivere ergänzende Betreuung möglich machen. Der Patient kann dabei jederzeit mit der App interagieren und so einen besseren Umgang mit seinen Symptomen finden.

Die Psychiatrische Forschungsstelle der Seeland-Region in Dänemark, die Psychologische Fakultät der Universität Hamburg sowie die beiden Hersteller Monenso und time4-you GmbH haben im Rahmen des EU-Preojekts IMPACHS gemeinsam eine e-Learning APP entwickelt und testen sie in einer klinischen Studie mit Schizophreniekranken. Die App soll dabei eine wöchentlich bis zweiwöchentlich stattfindende ambulante kognitive Verhaltenstherapie ergänzen und nicht etwa völlig ersetzen. Im Anschluss an eine solchartige Therapie soll eine Weiternutzung möglich sein.

Die europäische Forschungsinitiative EUREKA fördert das länderübergreifende Projekt finanziell. Die komplexe eHealth-Lösung soll sowohl Patienten als auch Therapeuten dienen.

Lernbedarfe

Therapien bei Schizophrenie-Spektrumsstörungen sind komplex und erfordern eine intensive ärztliche Betreuung. Eine Smartphone-App bietet die Gelegenheit, bei guter Umsetzung eine bessere und schnellere Unterstützung der Patienten beim Umgang mit Symptomen möglich zu machen, indem auch dann Rat eingeholt werden kann, wenn der Therapeut nicht erreichbar ist. Auch kann die Therapie bereits einsetzen bevor ein Therapieplatz erhalten wurde. Die App ist demnach als eine kosteneffiziente Antwort auf bestehende Patientenbedürfnisse zu verstehen, indem Patienten lernen sollen, einen besseren Umgang mit ihren eigenen Symptomen zu finden.

Die technische Umsetzung der App erfolgte durch die time4you GmbH mit dem IBT SERVER v22 als Lern- und Content-Management-System. Die mobile App ist dabei eine Erweiterung der Monsenso mHealth solution for mental health. Die fachliche Entwicklung übernahmen die Psychologische Forschungsstelle der Seeland-Region in Dänemark und die Psychologische Fakultät der Universität Hamburg.

Projektverlauf

Die Firma time4you entwickelte zusammen mit der Universität Hamburg Lern-Content für die App, der zunächst in einer Erprobungsphase von einer Pilotgruppe getestet wurde. Methodisch-didaktisch und medial sollte sichergestellt werden, dass zur Nutzung und zum Lernen animiert wird. Die Lerner/Patienten gaben nach jeder Nutzung eines Lern-Contents direkt Feedback zum Nutzen in einer konkreten Situation. Auf diese Art sollte ein stetiger Verbesserungsprozess bezüglich der Patientenunterstützung durch die App angestoßen werden, gleichzeitig steigerte dies die Akzeptanz der Nutzer, da ihre Anregungen und Rückmeldungen direkt in die Weiterentwicklung einflossen.

Mit der Zusammenführung von Appentwicklung und klinischer Studie war prinzipiell sichergestellt, dass Ärzte, Psychotherapeuten und die beteiligten Institutionen von Beginn an aktiv an der Konzeption, Entwicklung und auch der Auswertung der Ergebnisse beteiligt waren und jederzeit eigene Erfahrungen und Vorstellungen mit einbringen konnten. Es herrschte demnach permanent ein reger Austausch zur App, womit alle Beteiligten Einfluss auf die Ausgestaltung nehmen konnten.

Projektergebnis

Die Smartphone-App fußt auf der kognitiven Verhaltenstherapie, das heißt der Anregung der systematischen Selbstbeobachtung des Patienten. Hierzu wurden vom Fachgremium Inhalte ausgewählt und digital aufbereitet. Die App bietet die Möglichkeit, Patienten rund um die Uhr eine kontinuierliche, kosteneffiziente und zeitnahe Unterstützung zu bieten. Die digitalen Lerneinheiten sind für die Patienten entweder auf eigene Initiative oder zu vordefinierten Zeiten unmittelbar im Alltag nutzbar. Die therapeutischen Angebote zielen auf eine aktive Symptombewältigung, Verringerung und Rückfallprävention. Die neu entwickelten mobilen Anwendungen basieren technisch auf Monsenso und time4you. Jedem Patienten werden personalisiert digitale Inhalte bereitgestellt, die ihm situationsbezogen beim Umgang mit seinen Symptomen helfen. Basis dazu sind Patientendaten und Feedbackauswertungen. Die Analysen dieser Schritte werden erfasst und an den Psychotherapeuten weitergeleitet. Dieser kann anhand des Symptomverlaufs überprüfen, ob die Nutzung dem Patienten hilft.

Eine hohe Zahl an Patienten konnte in Hamburg und Dänemark als aktive Nutzer der klinischen Studie gewonnen werden. Die Auswertung läuft noch bis März 2019. Bei einem erfolgreichen Abschluss der Studie wird die neue Lösung als Regelangebot aufgebaut. Eine Ausweitung derartiger Angebote auf weitere psychische Störungen ist angedacht.

Fazit

Eine App für Schizophreniekranke wurde geschaffen, die sich adaptiv auf ihre Symptome und Belange einstellt. Die App hilft aber nicht nur dem Patienten bei der Symptom-bewältigung, sondern auch dem Psychotherapeuten, sich in seinen Patienten einzufühlen. Der Therapeut kann auf einen großen Datensatz mit hoher Detailtiefe zurückgreifen, da die Beschreibung der Symptome während des Auftretens protokolliert wird und nicht erst im Rückklang während der Therapiesitzung rekapituliert wird.

Aufgrund dieser Leistung mit gesellschaftlicher Bedeutung zeichnet die Jury des eLearning Journals die Projektpartner time4you GmbH communication & learning und Psychiatrische Forschungsstelle der Seeland-Region in Dänemark mit dem eLearning AWARD 2019 in der Kategorie „Adaptives Lernsystem“ aus. (Redaktion: Samuel Jambrek)