Neue Dimension des Lernens
Interaktiver Lerncampus ermöglicht Lernen über Objekte im Raum

v.l. Steffen Schuster (educube GmbH), Frank Siepmann (eLearning Journal) und Stefan Kurbjuhn (Berufliche Schule für medizinische Fachberufe auf der Elbinsel Wilhelmsburg) (BS15)

Die Schüler von heute wachsen in einer digitalen Medienwelt auf. Der Umgang mit dem Smartphone und seinen Funktionen gehört bereits zu ihrem Alltag. Im Unterrichtsgeschehen spiegelt sich dieser gesellschaftliche Wandel jedoch noch kaum wider. Die Diskrepanz zwischen Schulalltag und der Welt außerhalb wird dabei zunehmend größer, was ein Umdenken hinsichtlich individueller Rückmeldung über den Lernprozess und neuen Möglichkeiten, digital zu lernen, erfordert.

Um dieser Diskrepanz entgegen zu wirken, sollte die Digitalisierung daher auch schrittweise im Unterricht an den Schulen ankommen. Zur Umstellung auf digitale Lernformate hat die Berufliche Schule für medizinische Fachberufe auf der Elbinsel Wilhelmsburg (BS15) gemeinsam mit edu:cube GmbH und ihrer Trainings-App next:classroom ein Projekt entwickelt, bei dem Schüler selbstgesteuert auf ihrem Smartphone und in Interaktion mit dem Raum auf dem Campus lernen können. Möglich gemacht wird dies durch die Objekterkennung über die Kamera des Smartphones.

Lernbedarfe

Ziel der Beruflichen Schule war es, mit dem Übergang des Unterrichts in ein digitales Zeitalter die Vorreiterrolle innerhalb Europas beim selbstgesteuerten und individualisierten Lernen beizubehalten. Dafür muss das selbstgesteuerte, selbstverantwortete und kompetenzorientierte Lernen auch in einer digitalen Lernwelt ermöglicht und gefördert werden. Insbesondere durch ein cloudbasiertes System, welches den Lernraum als solchen auflöst, soll es den Lernenden ermöglicht werden, mit Objekten auf dem Lerncampus zu interagieren. Auf diese Weise wird die Gleichtaktung des Lernens zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufgehoben. Die individuell beste Lernumgebung hinsichtlich Tempo, Sozialform und Atmosphäre wird ermöglicht.

Da die Schule als berufliche Schule in das duale Ausbildungssystem integriert ist, wurde außerdem das Ziel eines interdisziplinären Systems im Sinne einer gemeinsamen Nutzung in Schule und Betrieb avisiert. Zur Anwendung von next:classroom als App im Unterrichtsalltag setzt die Berufliche Schule auf den Bring-your-own-device-Ansatz. Für die Schüler wird die Zugangsschwelle so niedrig gehalten.

Projektverlauf

Durch die Anwendung der Beacon-Technologie wurde zunächst ein Event-Lernraum zum Herz-Kreislauf-System entwickelt. Dafür wurden auf dem Lerncampus verschiedene Lernspots eingerichtet, wie beispielsweise Plastiken oder Wandreliefs, die dann von der Kamera des Smartphones erkannt werden.

In einer nächsten Phase wurde das Projekt durch Präsentationen und Schulungen für das Kollegium eingeführt. Hierbei ging es darum, Berührungsängste mit der noch fremden Arbeitsweise mit Mobilgeräten abzubauen. Speziell die Anwendung von next:classroom in der Browserumgebung sollte den Lehrenden Sicherheit geben und Lust auf die eigene Unterrichtsplanung machen. Anschließend begann die Einführung in den Klassen. Über einen Forschungsmodus in der App wurde spielerisch das Erfassen von Objekten geübt. Nach einer etwa viermonatigen Testphase wurde das Projekt von den Lernenden und den Lehrkräften evaluiert und entsprechend angepasst.

Projektergebnis

In dieser digital unterstützten Lernumgebung werden 50% des Unterrichts selbstgesteuert organisiert. Die Kamera im Smartphone dient den Lernenden dabei zur Bilderkennung in ihrer Lernumgebung. Diese erlaubt eine Interaktion mit Objekten jeglicher Art. Ob Wandbilder, Schautafeln oder Anschauungsobjekte – mit next:classroom erweitern Lehrer die Realität und die Schüler tauchen in digitale Welten ein. Bewegt der Schüler sein Smartphone über das jeweilige Objekt, das der Lehrer zuvor mit digitalem Content in der Webbrowseranwendung belegt hat, so erhält er neben Text, Bild, Audio oder Video auch Aufgaben wie Lückentexte, Tests, Lernkarten etc. auf sein Display gespielt.

Neben dem interaktiven Lernraum steht den Schülern außerdem ein Selbstlernzentrum zur Verfügung. Für wen der Bring-your-own-device-Leitgedanke nicht infrage kommt, der kann sich ein Gerät leihen oder die Browseranwendung von next:classroom in den bestehenden Rechnerräumen nutzen. Auf diese Weise wird die Lerngruppe aufgelöst und die Lernenden können ihren Lernort selbst bestimmen, was ein wichtiges Element des selbstgesteuerten Lernens darstellt.

Dank der Integration von Kamera und Mikrofon lassen sich außerdem Unterrichtsinhalte, die nicht zwingend digital sind – z.B. handschriftliche Arbeiten und Skizzen – schnell erfassen und im LMS hinterlegen. Aber auch Situationen, die den Schülern im Alltag außerhalb der Schule begegnen, können beispielsweise per Aufnahme vom LMS eingelesen und so mit der Schülerschaft und den Lehrkräften geteilt werden. Dies ermöglicht den Lernenden eine spontane ortsunabhängige Dokumentation ihres Lernprozesses, welcher zudem in den Lebensalltag einfließt. Darüber hinaus wird die Medienkompetenz der Schülerschaft im hohen Maße gefördert. Neben Kamera und Mikrofon nutzt next:classroom die Hochfrequenzschnittstelle und die Bewegungssensoren des Mobilgeräts. Dadurch können Handybewegungen am Objekt erkannt werden, so dass ein detailliertes Aktionsfeedback möglich ist. Zukünftig lassen sich mannigfaltige pädagogische Anwendungen aus der Nutzung der Bewegungssensoren ableiten.

Fazit

Das next:classroom eLearning begleitet dank dem Bring-your-own-device-Leitgedanken die Schüler auch in ihrem Alltag außerhalb der Schulzeiten. Damit trifft es den Zahn der Zeit bei einer Generation, die mit Posts und Pushnachrichten aufwächst. Das Konzept des selbstorganisierten Lernens ist durch das next:classroom Cross Media Arrangement erfolgreich auf einer digitalen Ebene erweitert worden. Die Inhouse-Ortung und Objekterkennung erlaubt dabei die Führung und direkte Ansprache des Lernenden innerhalb des Lerncampus. Insbesondere bei der Schülerschaft ist das Projekt ein voller Erfolg, welche sich dank Lern-App und interaktiver Lernwelt in ihrer Zeit abgeholt fühlt.

Dafür verleiht die Jury des eLearning Journals der Beruflichen Schule und ihrem Projektpartner edu:cube GmbH den eLearning AWARD 2018 in der Kategorie „Objektbasiertes Lernen“.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Um die zunehmende Diskrepanz zwischen Schule und Alltag zu Zeiten der Digitalisierung gering zu halten, bedarf es einer übergreifenden Lernumgebung, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, auch in der Schule mit digitalen Medien zu arbeiten und zudem mit ihrem Mobilgerät von überall aus ihren Lernprozess fortzuführen. Gelingen soll dies über eine App in Verbindung mit einem interaktiven Lerncampus. Durch die Objekterkennung des Smartphones werden dem Lernenden je nach betrachtetem Objekt entsprechende Informationen und Übungen geliefert.

Besonderheiten:

Der bedeutendste Schritt in der Entwicklung des interaktiven Lernraums ist die mobile-first Entwicklung und die daraus resultierenden technischen und didaktischen Möglichkeiten im Rahmen des LMS. Technisch glänzt das System durch die nutzerfreundliche Bedienung von Kamera und Mikrofon aus der App heraus. Diese ermöglicht den Schülern auch die spontane ortsunabhängige Dokumentation ihres Lernprozesses.


Projektpartner

edu:cube GmbH

Steffen Schuster
Geschäftsführer

edu:cube GmbH
Stiller Weg 15
D-22607 Hamburg

steffen.schuster@educube.de
www.educube.de

Berufliche Schule für medizinische Fachberufe

Stefan Kurbjuhn
Schulleitung
Berufliche Schule für medizinische Fachberufe auf der Elbinsel Wilhelmsburg (BS15)
Dratelnstraße 28
D-21109 Hamburg
stefan.kurbjuhn@hibb.hamburg.de
www.schule-w4.de