Das Cockpit-Training beginnt bereits im Klassenzimmer
Verbindung von Theorie und Praxis in der Pilotenausbildung

v.l. Frank Siepmann (eLearning Journal) und Harald Strehling (infoWERK Medien & Technik GmbH)

Die Orientierung an Kompetenzen war in der Vergangenheit vorwiegend ein Thema der Weiterbildung am Arbeitsplatz. Allmählich zieht dies jedoch als kompetenz-orientiertes Lernen auch in den Trainingsbereich ein. Für die Frage, wie man sich zielgerichtet komplexere Kompetenzen aneignet, gibt es jedoch bislang keine einfachen Lösungen, da es zum Kompetenzaufbau erforderlich ist, praktische Probleme auch in realen Handlungskontexten zu bearbeiten.

Dieser Problematik hat sich die infoWERK Medien & Technik GmbH in Zusammenarbeit mit der AeronautX Luftfahrschule GmbH angenommen. Unterstützt wurden sie dabei von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Als Resultat entstand mit MUBIS eine innovative Trainingslösung für den Luftfahrtbereich, die genau auf die Neuorientierung der Lernmethoden abzielt.

Die Pilotentrainings der AeronautX Luftfahrschule wurden bislang in Form von theoretischem Frontalunterricht mit autodidaktischen Episoden am Computer durchgeführt. Was dabei zum Kernkompetenzerwerb fehlt, ist das anwendungsorientierte Training im Cockpit. Die im Theorieunterricht erworbenen Kenntnisse kann der Schüler erst am Ende der Ausbildung am Simulator in der Praxis umsetzen. Dies hat zur Folge, dass teure Trainingszeit am Simulator dazu verwendet wird, dem Schüler nochmals Grundlagen zu erklären, wie beispielsweise die Verortung von Mess- oder Anzeigeinstrumenten im Cockpit.

Lernbedarfe

Wichtig für das Projekt ist daher der Weggang vom theoretischen Frontalunterricht hin zu einem anwendungsorientierten Training im Cockpit. Als Lösung bietet sich eine Simulation an, die anwendungsorientiertes Lernen in die Theorie integriert. Mit Hilfe des Projektes Kompetenz-basierten Lernens mit MUBIS sollte dementsprechend die effektive und methodisch-didaktisch sinnvolle Verzahnung von Theorie und Praxis in der Luftfahrtausbildung sichergestellt und dadurch die nötigen Kernkompetenzen entwickelt und gefestigt werden. Bisher wurde das Theorietraining weitgehend vom Praxistraining entkoppelt durchgeführt, da es auch logistisch schwierig und kostenmäßig aufwändig war, Praxiselemente aus dem Simulator in das Theorietraining zu integrieren. Zudem war es bis dato kaum oder nur schwer möglich, Echtzeit-Simulator-Daten online in das Theorietraining zu integrieren. Diese sind jedoch essentiell, um anwendungsbezogen zu lernen.

Das neue Simulationssystem sollte dementsprechend in der Lage sein, Echtzeit-Simulator-Daten über das Internet in den Unterricht zu liefern, damit die Schüler bereits im Theorieunterricht die Umsetzung in der Praxis üben können.

Projektverlauf

Zu Beginn des Projektes wurde ein Grundkonzept für MUBIS in Zusammenarbeit von infoWERK, Fluglehrern und Didaktikern erarbeitet. Dabei wurden relevante Dokumente zur Erhebung der aktuellen Situation gesammelt, die anschließend als Ausgangspunkt für die Realisierung ausgearbeitet wurden. Anschließend ging das Projekt in die Entwicklungsphase, wobei es dem Projektteam gelang, mit der Entwicklung eines Interfaces zwischen der Simulator-Software, der integrierten Flugtrainingssoftware und dem Lernmanagementsystem eine Möglichkeit zu eröffnen, mit welcher die Abläufe im Cockpit sowie Systemfunktionalitäten interaktiv trainiert werden können.

Projektergebnis

Im Rahmen einer kontinuierlichen Wissensvermittlung mit Hilfe der neuen Medien, integriert in einem Trainingsgerät, wird die Aufnahme des Stoffes durch ganzheitliches Lernen sowie durch das Sichtbarmachen von Zusammenhängen im Flugzeug als Ganzes erleichtert. MUBIS setzt dabei zeitgleich auf Wissensaufbau und -festigung aus dem Cockpit heraus. Die tägliche Arbeit des Piloten wird nun weitaus realistischer vermittelt. Dies steigert auch die Akzeptanz und Motivation der Lernenden. Die Entwicklung von Kernkompetenzen wird dabei in alle Ausbildungsphasen eingebunden, was die Ausbildungsqualität insgesamt steigert. Schüler lernen die Arbeit in den neuen, modernen Cockpits von Anfang an kennen.

Die gesamte Ausbildung konzentriert sich nun verstärkt auf die Abläufe im Cockpit, in welchem diese auch real trainiert werden sollen. Gewährleistet wird dies über eine Simulation. Zu bedienende Schalter und Situationsabläufe können direkt am Gerät angezeigt und vorgeführt werden. In Form eines Freeplay-Modus können die Schüler diese Abläufe anschließend aktiv trainieren. Auf diese Weise wird praktisches Handlungswissen aus dem Cockpit unmittelbar mit dem theoretischen Wissen über die Funktionen technischer Systeme verbunden. Nebenbei bekommt der Pilot die Funktionalität der Flugzeugsysteme und die Auswirkungen seines Handelns im Cockpit am Trainingsgerät selbst dargestellt und kann somit den Zusammenhang von Flugsteuerungssystemen im Cockpit und der dahinter installierten Flugzeugtechnik besser verstehen. Die Ausbildung verläuft nun vollständig aus dem Blickfeld des Cockpits. Der Schwerpunkt des neuen simulativen Trainingskonzeptes liegt damit verstärkt auf dem ablauforientierten Lernen, welches dem Fliegen moderner Flugzeuge weitaus mehr entspricht als vorherige Schulungsmethoden.

Fazit

Bereits in den ersten Pilotdurchläufen des Projektes hat sich erwiesen, dass eine Interaktion von Lerninhalten und Flugsimu-lator förderlich für die Ausbildung eines Piloten sein kann. Praktisches Training in Bezug auf Anwendungen und Kompetenzen wird in der neuen Lernumgebung mit theoretischem Unterricht vereint. Der Einsatz von Simulator-Systemen ist für die Pilotenausbildung von immenser Bedeutung, um es den Lernenden zu ermöglichen Erfahrungen im Umgang mit komplexen Szenarien zu sammeln. Nur so können die benötigten Kernkompetenzen aufgebaut und langanhaltend gefestigt werden. Aus diesen Gründen zeichnet die Jury des eLearning Journals die infoWERK Medien & Technik GmbH mit dem eLearning AWARD 2018 in der Kategorie „Kompetenzmanagement“ aus.


Vorgaben & Besonderheiten

Vorgaben:
Die Pilotenausbildung in der Flugschule sollte sich vom theoriebezogenem Frontalunterricht entfernen, um die Schüler von Beginn an mit Hilfe einer Cockpit-Simulation praxisorientierter und damit zuverlässiger zu schulen. Auf diese Weise kann Theorie und Praxis des Pilotenalltags verbunden und an Beispielszenarien gefestigt werden. Piloten werden immer mehr zu Systemmanagern, die in erster Linie Kompetenzen benötigen, um heute noch unbekannte Probleme zu lösen. Diese müssen bei den angehenden Piloten von Anfang an gefördert werden.

Besonderheiten:

Das neue Simulationssystem ermöglicht es dem angehenden Piloten von Beginn an, in einem Cockpit zu sitzen und dort die systematischen Abläufe zu trainieren und notwendige Kompetenzen aufzubauen, ohne das erhöhte Ausgaben für weitere Stunden im Flugsimulator anfallen, die Kosten im Gegenteil sogar reduziert werden.


Projektpartner

infoWERK Medien & Technik GmbH

Dkfm. Roland Gatt
Geschäftsführer

infoWERK Medien & Technik GmbH
Egger-Lienz-Straße 130
A-6020 Innsbruck

info@infowerk.systems
www.infowerk.systems